Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
und drückte Arthur schon wieder einen Kuss auf, um ihre Rührung in den Griff zu kriegen. Verlegen riss Arthur Barbaras Päckchen auf. Ein bunter Schal kam zum Vorschein.
„Damit kommst du gut durch den Winter“, erklärte Barbara und sah ihn ängstlich an. Vielleicht fand er Stricksachen albern. Aber er schien sehr zufrieden mit seinem Geschenk und wickelte sich den Schal gleich um den Hals.
„Passt sehr gut zu meiner dicken Jacke“, meinte er.
Leni hatte etwas Zeit gehabt, um sich zu fangen. Sie betrachtete bewundernd das hölzerne Kästchen. Dass Arthur sich in seinem Keller die Zeit genommen hatte, etwas so Schönes für sie zu machen, rührte sie zutiefst. Dann knotete sie das Bändchen von Barbaras Paket auf. Es waren ein Schal und eine Mütze in leuchtendem Rot. Sofort setze sie die Mütze auf, wickelte sich den Schal um und betrachtete sich im Spiegel der Flurgarderobe.
„Die Farbe steht dir gut“, sagte Barbara, und Leni strahlte. Irgendwie war es keine Frage mehr, ob Weihnachten dieses Jahr ausfallen sollte oder nicht. Es war einfach da.
Aber dann schaute sie auf ihre leeren Hände. So ganz ohne Geschenk da zu stehen, war nicht schön. Fieberhaft überlegte sie. Vielleicht könnte sie – kochen. Das war es!
Sie würde für Arthur und Barbara ein richtiges Festmahl zubereiten. Aber dazu brauchte sie einen Braten und Gemüse und einen ganzen Berg anderer Zutaten.
„Der Flughafen!“, fiel ihr ein.
Arthur und Barbara sahen sie verständnislos an.
„Ich habe keine Geschenke für euch“, sagte Leni, „aber ich kann für uns alle was kochen. Das Problem ist nur, dass wir erst einkaufen müssen. Und der einzige Laden, der jetzt noch auf hat, ist der Supermarkt am Flughafen.“
„Du musst uns nichts schenken“, wehrte Arthur ab. Aber Leni war wild entschlossen.
„Ich bin richtig heiß drauf, jetzt was Tolles zu kochen. Wir müssen nur noch einkaufen. Allerdings – ich kann nicht mehr Auto fahren. Zu viel Whisky.“
„Ach du liebes Bisschen. Ich hatte auch schon ein paar Biere.“
Arthur wandte sich an Barbara.
„Du hast doch auch Führerschein?“ Er war ziemlich sicher, dass Barbara das einmal erzählt hatte.
„Ihr wisst doch, dass ich kein Auto habe. Ich bin schon ewig nicht mehr gefahren.“
Leni legte ihr den Arm um die Schultern.
„Das schaffst du schon, wir helfen dir“, meinte sie zuversichtlich.
Es war eiskalt draußen, und ein paar Schneeflocken fielen. Gefolgt von den dick vermummten Damen ging Arthur zur Garage. Das Auto war kalt, aber wenigstens eisfrei. Widerstrebend nahm Barbara auf dem Fahrersitz Platz. Arthur hantierte eine Weile herum, stellte die Rückenlehne aufrecht und schob den Sitz einen halben Meter vor, damit die klein gewachsene Barbara mit den Füßen an die Pedale herankam. Leni saß neben ihr und sprach ihr Mut zu.
„Es ist nicht weit bis zum Flughafen, das kriegen wir schon gebacken.“
Das bekräftigte sie mit einem lauten Schluckauf. Arthur warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu.
„Eine neue Flasche Whisky müssen wir auch kaufen. Und du setzt dich besser nach hinten“, knurrte er.
„Du hast eine Fahne, die man bis nach draußen riecht.“
Widerspruchslos wechselte Leni den Platz, und Arthur setzte sich neben Barbara.
„Es kann los gehen“, verkündete er.
Mit gewaltigem Herzklopfen drehte Barbara den Zündschlüssel herum. Wenigstens waren die Straßen leer. Aber als das Auto beim ersten Abbremsen aus der Spur rutschte, geriet sie in Panik.
„Ihr seid wohl verrückt! Es ist spiegelglatt. Ich fahre keinen Meter mehr“, erklärte sie energisch und steuerte den Straßenrand an.
Arthur, der neben ihr saß, griff vorsichtig ins Lenkrad und bugsierte das Auto wieder in die Mitte der Fahrspur.
„Wird schon“, meinte er. „Du musst nur ganz locker bleiben. Keine schnellen Lenkbewegungen. Die Bremse behandelst du wie ein rohes Ei.“
Barbara befolgte konzentriert seine Anweisungen. Eine Weile schaute sich Leni die Zuckelfahrt an, dann meldete sie sich zu Wort.
„Wir kommen überhaupt nicht von der Stelle“, maulte sie. „Ich glaub, der Supermarkt macht um 22 Uhr dicht. Wenn wir in dem Tempo weiter fahren, schaffen wir es nicht mehr.“
Arthur drehte sich zu ihr um.
„Ruhe auf den billigen Plätzen!“
Er tätschelte Barbaras verkrampfte Hand.
„Fahr nur schön weiter, Du machst das gut.“
Barbara schnaufte wie eine Dampflok, aber allmählich wurde sie mutiger und schneller. Trotzdem atmeten alle erleichtert auf, als die
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