Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
Silvesterparty zu geben. Da musste man halt durch. Sie gesellte sich zu ihren beiden Männern. In ihrem langen Abendkleid, reichlich mit Schmuck dekoriert und einer neuen Dauerwelle war die Herrin des Hauses eine imposante Erscheinung. Sie strich ihrem Sohn liebevoll die widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn und betrachtete ihn mit einem nachsichtigen Lächeln.
„Bub, du siehst wieder mal aus wie ein Rotzlöffel, der was ausgefressen hat.“
Bernd grinste.
„Alles Tarnung!“
Jupp Köhler machte es sich mit einem Drink im Wohnzimmer bequem. Er wirkte so lässig, als hätte er nie etwas anderes getragen als Smoking und Lackschuhe. Nur seine griesgrämige Miene verriet, wie sehr er solche Veranstaltungen hasste. Was das alles kosten würde! Gerda hatte auf dem edlen Champagner bestanden. Reine Verschwendung, die meisten Gäste wussten gar nicht, was sie da tranken. Sorgfältig hatte er am Nachmittag den teuren Sternecognac in Wasserflaschen umgefüllt und stattdessen eine billigere Marke in die Originalflaschen geschüttet. Davon hatte er sich auch von Gerda nicht abhalten lassen. Zu vorgerückter Stunde fiel der Unterschied nicht auf. Seine Laune besserte sich. Sollten diese studierten Leute ruhig denken, dass sie ihm überlegen waren.
Sonst erledigte Gerda den Haushalt allein, putzte und wienerte unermüdlich. Für heute stand Leihpersonal bereit, das sie mit Argusaugen überwachte. Eines der Serviermädchen kam ins Zimmer.
„Der erste Wagen ist vorgefahren“, meldete sie.
Jupp stellte sein Glas ab und stand auf.
„Wenn’s denn sein muss.“
Seufzend begab er sich zur Haustür. Bernd reichte seiner Mutter den Arm, und wie eine Königin schritt sie an seiner Seite den Gästen entgegen.
Die Party war ein großer Erfolg, da war man sich einig. Die Gäste unterhielten sich angeregt, flanierten durch die Räume und bedienten sich an den Canapés, die auf Silbertabletts angeboten wurden. Gerda sorgte persönlich dafür, dass der Strom an erlesenen Häppchen aus der Küche nicht versiegte. Sie war ganz in ihrem Element, plauderte und lachte und sorgte gleichzeitig für Nachschub bei den Getränken.
Bernd hatte Thomas Brandner kurz nach dessen Eintreffen in eine ruhige Ecke bugsiert.
„Denk daran, kein Wort über mein Projekt“, schärfte er ihm nochmals ein.
„Es soll eine Überraschung für meine Eltern sein.“
Thomas nickte. Eine mehrere Millionen teure Überraschung, wie könnte er das vergessen? Nervös nippte er an seinem Glas. So richtig entspannt fühlte er sich nie in Köhlers Gegenwart. Man durfte es sich nicht mit ihm verderben. Aus dem Nebenzimmer hörte er das schrille Lachen von Kiki und zuckte zusammen. Er musste nach ihr schauen. Wenn sie zu viel getrunken hatte, wurde sie manchmal etwas vulgär. Es wäre äußerst unangenehm, wenn sie sich ausgerechnet hier daneben benehmen würde. In letzter Zeit war es schon ziemlich anstrengend mit ihr.
Kiki hatte Spaß. Bernd Köhler war einfach köstlich. Nicht nur um der alten Zeiten Willen war sie wild entschlossen, sich heute von ihrer besten Seite zu präsentieren.
Nach mehreren Gläsern Champagner war sie leicht schwankend auf dem glatten Parkett ausgerutscht und direkt in Bernds Arme gefallen. Dabei war ihr ein Absatz abgebrochen. Ganz Kavalier hob Bernd sie hoch und platzierte sie auf ein Sofa, wo sie jetzt Hof hielt. Der Schlitz ihres Kleides war aufgesprungen und enthüllte die tadellos geformten, langen Beine. Sie tat so, als bemerke sie es nicht. Einige Herren standen um sie herum und genossen den Ausblick, während Bernd neben ihr kniete und ihr mit einer Serviette Luft zufächelte. Kiki war in Fahrt und flirtete, was das Zeug hielt. Die geballte Aufmerksamkeit einer ganzen Gruppe von Männern auf sich zu ziehen, denen man Geld und Macht förmlich an der Nasenspitze ansah, das war ganz nach ihrem Geschmack.
Ein interessant aussehender Mann in einem schon etwas aus der Mode gekommenen Smoking gesellte sich zu der Runde und verfolgte interessiert die Unterhaltung.
„Ich finde Push-Ups absolut legitim. Schließlich weiß man bei euch Jungs ja auch nicht, was man so findet, wenn es ans Auspacken geht“, verkündete Kiki gerade.
Da sah sie Thomas herein kommen.
„Schatz, wo warst du denn? Ich war in einer echten Notlage. Wenn Bernd mich nicht gerettet hätte, das wäre schlimm ausgegangen“, erklärte sie und zog einen dekorativen Schmollmund.
Es war höchste Zeit, Kiki aus dem Verkehr zu ziehen. Ihr hoch rotes Gesicht
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