Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Grimwood
Vom Netzwerk:
Moment dieses Anblicks zu versäumen, der in seiner Erinnerung so viele Jahrzehnte überdauert hatte und nun in all seinem zärtlichen Glanz wiederhergestellt war. So lange war es her, so unendlich lange …
    »Willst du mich nicht reinlassen?«, fragte sie, ihre mädchenhafte Stimme scheu und einladend zugleich.
    »Äh … natürlich. Ja, tut mir Leid, komm nur rein. Das ist… wunderbar. Die Blumen sind wunderschön. Danke. So unerwartet.«
    »Hast du was, um sie reinzustellen? Mein Gott, hier drin ist es ja heißer als draußen.«
    »Die Klimaanlage ist kaputt, ich… Wart einen Moment, ich schau mal, ob ich was für die Blumen habe.« Er sah sich zerstreut im Zimmer um, versuchte sich zu erinnern, ob er eine Vase besaß.
    »Vielleicht in der Küche?«
    »Jo, das ist eine gute Idee, lass mich gerade mal dort nachsehen. Willst du ein Bier, eine Coke?«
    »Eiswasser wäre nett.« Sie folgte ihm in die voll gestopfte kleine Küche und förderte eine Vase für die Blumen zutage, während er ihr ein großes Glas Wasser aus einem Krug einschenkte, den er im Kühlschrank entdeckte.
    »Danke«, sagte sie und fächelte sich mit der flachen Hand Kühlung zu. »Könnten wir ein paar Fenster aufmachen oder so?«
    »Die Klimaanlage in meinem Zimmer arbeitet gut. Warum gehen wir nicht rüber?«
    »Okay. Stell die Blumen besser auch dort rüber. In der Hitze verwelken sie.«
    Im Schlafzimmer stellte er die Gänseblümchen auf einen Nachttisch und sah zu, wie Linda vor den Lüftungsschlitzen der Aircondition Pirouetten vollführte. Ihr Strandkleid ließ den Rücken frei, und auf ihrer nackten Haut glänzten Schweißperlen. »Oooh, das tut gut«, sagte sie und reckte die schmalen Arme über den Kopf, sodass die kleinen festen Brüste unter dem dünnen weißen Kleid hervortraten.
    Genau dasselbe hatte sie schon einmal getan, erinnerte sich Jeff: Hatte die Vase für die Blumen gefunden, war in sein Zimmer gegangen, weil es dort kühler gewesen war, hatte sich auf die gleiche Art um die eigene Achse gedreht und vor ihm posiert … vor wie langer Zeit? Menschenalter, Welten zuvor.
    Die großen braunen, glänzenden Augen, die Wärme, mit der sie ihn ansah. Herrgott, seit Jahren hatte ihn niemand mehr so angesehen. Pamela hatte sich wie angekündigt ins oberste Stockwerk des Regierungshauses in Maryland zurückgezogen und bei den seltenen Gelegenheiten, da sie sich den übrigen Bewohnern zum Dinner angeschlossen hatte, den Blick kühl von ihm abgewendet. Die Augen, an die Jeff sich aus den vergangenen neun Jahren am besten erinnerte, waren die durchdringend blauen Pupillen von Russell Hedges, die ihn mit wachsender Heimtücke angestarrt hatten, während die Welt im höllischen Morast von Terroranschlägen, Attentaten, Grenzscharmützeln und amerikanisch-sowjetischen Konfrontationen versank, von denen Jeff nichts wusste, über die er nichts Vorhersagen konnte.
    Was, fragte er sich bang, würde jetzt aus dieser dramatisch veränderten Welt werden, wenn sie die divergierende Zeitlinie weiterverfolgte, die Bahn, auf die er und Pamela sie unachtsamerweise gebracht hatten? Als Folge der Zerstörung der Golden Gate Bridge durch die Gruppe November und das Massaker im Hauptsitz der Vereinten Nationen herrschte in den Vereinigten Staaten nun schon seit drei Jahren Kriegsrecht. Die Präsidentschaftswahlen von 1988 waren wegen des geltenden Versammlungsverbots auf unbestimmte Zeit verschoben worden, und die tatsächliche Macht im Land übten ›für die Dauer des Ausnahmezustands« die führenden Köpfe der drei großen Geheimdienste aus.
    Es hatte danach ausgesehen, als sei ein faschistisches Amerika im Werden, was natürlich von Anfang an das Ziel des internationalen terroristischen Untergrunds gewesen war. Dessen Mitglieder hatten sich nichts sehnlicher gewünscht, als in den Vereinigten Staaten ein wahrhaft repressives Regime an die Macht zu bringen, eines, für dessen Umsturz sogar gewöhnliche Bürger kämpfen würden. Es sei denn natürlich, die militante antikommunistische CIA/NSA/FBI-Troika, die die Interimsregierung stellte, entschied sich, den weltweiten Atomkrieg vom Zaun zu brechen, dessen Ausbruch seit den späten 70er Jahren drohte.
    Linda wandte dem kühlen Luftschwall ihren nackten, seidigen Rücken zu, die Augen hatte sie geschlossen und das Haar hielt sie mit einer Hand hoch über den Kopf, um ihren schlanken Nacken dem wohltuenden Luftstrom darzubieten. Die durch die Schlitze in der Jalousie fallenden Lichtspeere bewirkten,

Weitere Kostenlose Bücher