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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Grimwood
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dachte … ich dachte…«
    Er löste sich aus der Umarmung, schob sie weg und stand auf. Ihr starres, schwarzweißes Make-up hatte von den Tränen Streifen, ihr Kleid war verschmutzt von der Notrutsche, dem Rauch, dem Gras.
    Jeff blickte sich um, machte zur Linken ein Gebäude aus, wo besonders große Geschäftigkeit herrschte, ein Bienenschwarm von Krankenwagen und asbestgekleidetem Rettungspersonal. Er wandte sich in diese Richtung, ließ Sharla weinend liegen, wo sie gerade lag.
    »Jeff«, rief sie ihm nach. »Du kannst mich nicht allein lassen, nicht jetzt! Nicht nach allem, was passiert ist!«
    Warum nicht?, dachte er und setzte an, es laut zu sagen, ging aber stattdessen einfach wortlos weiter.

10
    W ahrend die Sonne aufging, verspeiste Jeff die Eier mit Speck, wusch das Geschirr und ließ die Pfanne zum Einweichen stehen. Für gewöhnlich nahm er eine Tasse Kaffee auf die Veranda des weißen Hauses mit dem Steildach hinaus, heute Morgen aber war er zu spät dran, und es gab viel zu tun.
    Er zog eine Jacke über sein Flanellhemd und ging nach draußen. Die dritte Maiwoche, doch in der Luft lag noch eine gewisse Schärfe; tags zuvor hatte es den letzten Nachtfrost gegeben. Respektvoll nickte er dem Steinhaufen zu, unter dem der alte Smyth begraben lag, und ging zu einem der kürzlich umgepflügten Maisfelder hinüber, alles abgesteckt und bereit für die Aussaat. Auch Smyth hatte das Land allein bearbeitet, nachdem er sich in der 1880ern hier niedergelassen hatte. Nach einem Unfall war er krank geworden, hatte man Jeff erzählt, und wochenlang hatte niemand seine Leiche gefunden. Die Leute, die das Grundstück bei der anschließenden Auktion kauften, hatten nie etwas angebaut, hatten sich nicht mehr um das Land gekümmert, sobald sie das kleine Vermögen an Goldmünzen entdeckt hatten, das Smyth im Backsteinofen versteckt hatte. Der alte Mann hatte anscheinend ein paar Geheimnisse gehabt.
    Jeff grub die Kappe seines Stiefels in die dicke schwarze Ackerkrume, in die er am Nachmittag den ersten Mais dieser Saison aussäen würde, die Frühsorten Sugar und Gold. Guter kalifornischer Mutterboden vulkanischen Ursprungs war das, reich an Mineralien. Für die Familie, die ihn vor so langer Zeit hatte brachliegen lassen, Smyths Gold genommen und The Cove auf der Suche nach unverdienten Freuden und Annehmlichkeiten verlassen hatte, hatte er nichts als Verachtung übrig. Land wie dieses hier verlangte danach, bestellt zu werden, und die neue Nahrung, die es im Austausch hervorbringen würde, bedeutete einen viel größeren Wert als alles Geld. So lautete der Bund, der vor zehntausend Jahren in Mesopotamien zwischen Mensch und Erde geschlossen worden war. Gutes Land aufzugeben, glaubte Jeff, hieße, diesen uralten und beinahe heiligen Bund zu brechen.
    Er ging an der Parzelle vorbei, wo bald der Spargel hervorkommen würde; er würde mindestens zwei weitere Jahre aus dieser ersten Pflanzung herausholen, und jetzt war die Zeit gekommen, den Spargel zum ersten Mal in diesem Jahr zu stechen. Der späte Frühlingsfrost hatte den Pflanzen nicht geschadet, Jeff glaubte sogar, dass er die Stängel knackiger machte. Er kniete neben dem Bach nieder, der über sein Grundstück floss, und schöpfte sich zwei Hand voll des eisigen Wassers in den Mund. Während er trank, schwamm ein Paar deutscher Braunforellen vorbei. Wenn er mit der Maisaussaat und dem Spargel vor der Dämmerung fertig war, würde er eine Angelrute nehmen und sich etwas zum Abendessen fangen, nahm er sich vor.
    Die Sonne stieg weiter am Himmel empor, beleuchtete die Spitzen der Pinien auf dem Bergrücken des Hogback Mountain im Südwesten. Jeff folgte dem sich bergauf schlängelnden Bachlauf, wobei er etwa alle zwanzig Minuten anhielt, um angeschwemmten Unrat zu entfernen und die verstopften Sammelbehälter und Röhren freizumachen, die für die Bewässerung der Felder nötig waren.
    Er hatte das Grundstück vor neun Jahren gekauft, wenige Wochen nach der Beinahekatastrophe auf dem Flug nach Honolulu. Sharla hatte er seit jenem Tag nicht mehr gesehen. Eigentlich hatte er kaum jemanden seit jenem Sommer wiedergesehen.
    Sein nächster ständiger Nachbar lebte in Turtle Pond, drei Meilen über einen alten Planwagenpfad nach Osten.
    Der einzige Weg zu Jeffs Grundstück führte über eine Serpentinenstraße, die häufig weggeschwemmt wurde. Von November bis Januar machten der Schnee, der Regen und der Schlamm die Überquerung des Marble Creek so gut wie unmöglich; er

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