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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Grimwood
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hatte gelernt, für den Winter sorgfältig Vorräte anzulegen.
    Auch den Rest des Jahres über blieb er meistens für sich. Etwa einmal wöchentlich fuhr er in die Kleinstadt Montgomery Creek, kaufte dort im Laden ein paar Sachen ein und ließ den Pick-up an der Zwei-Pumpen-Shelltankstelle warten. Im Großen und Ganzen hatte er zu trinken aufgehört, aber wenn es eine gute Ernte gab, feierte er vielleicht mit einem Bier und einem Essen im Forked Horn oder der Hillcrest Lodge. Das Forked Horn gehörte einer liebenswerten Familie, den Mazzinis, und die Frau, Eleanor, unterhielt in ihrem großen, verschachtelten Haus in der Stadt eine Zweigstelle der Shasta County Bibliothek. Gelegentlich plauderte Jeff mit ihnen über dies und jenes. Ihr Sohn Joe war ein paar Jahre jünger als Jeff, und seine Neugier auf die große weite Welt kannte offenbar keine Grenzen. Keiner aus der Familie aber mischte sich je in seine Angelegenheiten ein; sie forschten niemals allzu tief nach dem Grund, warum sich Jeff ein so einsames Leben ausgesucht hatte. Joe hatte ihm geholfen, in The Cove eine Kurzwellenanlage aufzustellen, und abgesehen von seinen gelegentlichen Gesprächen mit den Mazzinis war das Radio inzwischen Jeffs einzige Verbindung zur Zivilisation.
    Diese kleine Ecke von Nordkalifornien wurde überwiegend von Holzfällern und Indianern bewohnt, zu denen Jeff keinerlei Kontakt hatte. Ein Haufen Hippies und andere Zurück-zur-Natur-Typen waren aufgetaucht, kurz nachdem Jeff hierher gezogen war, doch die meisten waren nicht lange geblieben. Die Landarbeit war härter, als sie es sich vorgestellt hatten, und es war mehr nötig als Marihuanapflanzen, um über die Runden zu kommen.
    Das Schlimmste an diesen Jahren, vermutete er, war die Enthaltsamkeit, wenngleich nicht aus den Gründen, die er erwartet hätte. Während seiner Zeit mit Sharla und Mireille war er verdammt nahe daran gewesen, des Sex um seiner selbst willen überdrüssig zu werden.
    Eine Zeit lang hatte es so ausgesehen, als könnte er ausgesprochen gut ohne Sex leben, und er war überrascht gewesen, wie leicht es war, diesen Teil seiner selbst abzutöten. Schon bald aber hatte er zu seiner unangenehmen Überraschung entdeckt, wie stark sein Bedürfnis nach einfachem menschlichen Kontakt war. Ihn verloren zu haben nagte täglich an ihm, quälte ihn sowohl beim Aufwachen wie beim Einschlafen. Manchmal träumte er von einer Frau, die lediglich seine Wange berührte oder den Kopf an seine Brust legte. Die Frau in den Träumen konnte Judy oder Linda sein, sogar Sharla, häufiger jedoch war sie gesichtslos, eine Abstraktion des Weiblichen.
    Stets erwachte er aus diesen Träumen mit einer überwältigenden Traurigkeit und dem vertrauten Wissen, dass diesem Mangel nicht ohne das Risiko erneuten Verrats und der letztendlichen Gewissheit absoluter Auslöschung abzuhelfen war. Beide Schmerzen waren zu stark, um sie erneut auf sich zu nehmen. Besser schien es, seine Seele langsam sterben zu lassen, Stück für einsames Stück.
    Sein Rücken begann vom vielen Bücken beim Reinigen des Bewässerungssystems zu schmerzen, deshalb setzte er sich neben dem Bach nieder. Weit im Norden, hinter den Fiatwoods und auf halbem Weg nach Oregon, ragte der erstaunlich weiße Kegel des Mount Shasta über den Horizont empor, wie der schlafende Gott, für den die Indianer in dieser Gegend ihn einmal gehalten hatten.
    Er kaute einen Streifen getrocknetes Rindfleisch und spülte es mit einem weiteren kalten Schluck Bachwasser hinunter. Seine neue Heimat lag genau auf dem Grat der windigen Cascade-Hochebene, in der Mitte zwischen Mount Lassen und Mount Shasta. Nördlich davon gab es die Trümmer des mächtigen prähistorischen Vulkans, bei dessen Zusammenbruch sich der Kratersee gebildet hatte, und dann kam der Mount Hood, und weiter im Staate Washington grollte friedlich der Mount St. Helen’s - für den Augenblick noch. In sieben Jahren würde er mit tödlicher Gewalt explodieren, wie er es bereits dreimal zuvor getan hatte, ein Ereignis, an das allein Jeff sich erinnerte.
    Er befand sich in der Gewalt von Kräften, die einen Berg zerstören, ihn anschließend wieder zusammenfügen und erneut zerstören konnten, immer wieder und wieder, wie ein Kind, das im Sandkasten spielt. Welchen Sinn hatte es, auch nur den Versuch zu unternehmen, etwas Derartiges zu begreifen? Wenn er jemals so weit kommen sollte, es auch nur ansatzweise zu verstehen, würde das Wissen die Auffassungsgabe des menschlichen Gehirns

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