Replay - Das zweite Spiel
meinem Elternhaus zu mir kam und wieder vierzehn Jahre alt war, wusste ich genau, was vor sich ging, obwohl ich den Grund nicht kannte. Und ich wollte bloß etwas zerschlagen. Ich wollte vor Wut schreien, nicht aus Angst. So wie Sie bei Ihrem dritten … äh … Replay. Das alles kam mir vor wie eine einzige große Verschwendung, das Medizinstudium, das Krankenhaus, all die Kinder, die ich behandelt hatte … so sinnlos alles.
Ich wurde meiner Familie gegenüber extrem aufsässig, sogar bösartig. Ich hatte mehr Jahre als Erwachsener verbracht als meine Mutter und mein Vater zusammen, war zweimal verheiratet gewesen, hatte Karriere als Ärztin gemacht. Und hier war ich formal ein Kind, ohne Rechte oder irgendwelche Wahlmöglichkeiten. Ich stahl meinen Eltern etwas Geld und lief von zu Hause weg. Aber es war schrecklich - niemand wollte mir eine Wohnung vermieten, ich konnte keinen Job bekommen … Es gibt nichts, was ein Mädchen in diesem Alter von sich aus tun kann, außer anschaffen zu gehen, und dieser Art Hölle wollte ich mich nicht aussetzen. Also kroch ich nach Westport zurück, vernichtet, unglaublich einsam. Ging wieder zur Schule und verachtete jeden einzelnen Moment davon, schmiss die Hälfte meiner Kurse, weil ich es einfach nicht ertragen konnte, dieselben verdammten Algebraformeln zum dritten Mal auswendig zu lernen.
Sie schickten mich zu der Psychiaterin, bei der ich vorher schon gewesen war, zu der, die dermaßen aus der Fassung geraten war, weil ich im Voraus von der Kennedy-Ermordung gewusst hatte. Diesmal erzählte ich ihr nicht die Wahrheit über mich. Ich hatte inzwischen die meisten Standardtexte über Kindesentwicklung und Kinderpsychologie selbst gelesen, also setzte ich ihr Antworten vor, von denen ich wusste, dass sie mich als leicht verdrehte Heranwachsende durchgehen lassen würden, die ›eine Phase durchmachte‹, aber noch innerhalb des normalen Rahmens.«
Sie legte eine Pause ein, als die Serviererin die Drinks abstellte, und wartete, bis das Mädchen weit genug von ihrem Tisch entfernt war, bevor sie ihren Bericht fortsetzte.
»Um mir wenigstens einen Rest von geistiger Gesundheit zu bewahren, kehrte ich zu meiner ersten Liebe zurück, der Malerei. Meine Eltern kauften mir alles, worum ich sie bat, doch ich wollte den ganzen Krempel nicht. Aber sie waren stolz auf meine Kunst - das war das Einzige von dem, was ich tat, das sie als konstruktiv anerkannten. Ganz egal, ob ich Gin aus ihrem Likörschrank stibitzte, mich die halbe Nacht mit über zwanzigjährigen Männern rumtrieb oder jedes Schuljahr zur Nachprüfung antreten musste. Sie hatten es so ziemlich aufgegeben, mich kontrollieren zu wollen. Sie spürten, dass etwas zu Starkes und Eigensinniges hinter meiner Ungezogenheit steckte, als dass sie damit hätten fertig werden können. Aber ich besaß Talent, das war nicht zu leugnen, und ich arbeitete ebenso hart daran, wie ich zuvor daran gearbeitet hatte, Ärztin zu werden. Das konnten sie nicht ignorieren, niemand konnte das.
Ich flog von der High School, als ich siebzehn war, und meine Eltern fanden eine Kunstakademie in Boston, die bereit war, mich aufgrund der Bewerbungsmappe trotz meiner scheußlichen Schulzeugnisse aufzunehmen. Dort blühte ich auf. Ich konnte endlich wieder anfangen, als Erwachsene zu leben. Ich teilte mir eine Wohnung mit einem älteren Mädchen von der Schule, begann mit meinem Lehrer für Komposition auszugehen, malte Tag und Nacht. Meine Sachen waren voller bizarrer, manchmal brutaler Bilder: verstümmelte Kinder, die in einen schwarzen Schlund hineinfielen, fotorealistische Großdarstellungen von Ameisen, die aus chirurgischen Schnitten krochen - starker Tobak, so wenig schulmädchenhaft, wie man sich nur vorstellen kann. Alle waren ziemlich ratlos.
Mit zwanzig hatte ich meine erste Ausstellung in New York. Bei dieser Gelegenheit traf ich Dustin. Er kaufte zwei meiner Bilder, und dann, nachdem die Galerie geschlossen hatte, gingen wir einen trinken. Er sagte mir, er habe…«
»Dustin?«, fiel ihr Jeff ins Wort.
»Dustin Hoffman.«
»Der Schauspieler?«
»Ja. Jedenfalls mochte er meine Gemälde, und ich war immer schon von seiner Arbeit beeindruckt gewesen - Asphaltcowboy war gerade angelaufen, und ich musste aufpassen, ihm gegenüber nichts von Kramer gegen Kramer oder Tootsie zu erwähnen. Wir verstanden uns auf Anhieb. Wir fingen an, uns zu treffen, wann immer wir in New York waren. Ein Jahr später heirateten wir.«
Jeff konnte sein
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