Reptilia
wenigen Stunden, in denen ich nach meiner Wache noch Zeit zum Schlafen gefunden hatte, waren erfüllt gewesen mit Träumen von riesenhaften Schlangen und Echsen, unzweifelhaft ein Echo unserer nächtlichen Erscheinung. Mittlerweile kam mir unser Erlebnis seltsam unwirklich vor. Hatte ich wirklich jenes sagenhafte Lebewesen erblickt, von dem die Legende berichtete, es könne ganze Flüsse stauen? Oder war ich einer Sinnestäuschung erlegen? Vielleicht ein verirrter Mondstrahl, der sich auf einem vor Nässe triefenden Blatt gebrochen hatte, oder der Rücken eines Flusspferdes? Was auch immer es gewesen war, es hatte unser Team gehörig wachgerüttelt.
Ich zog den Reißverschluss auf und blickte hinaus in eine trübe Welt. Über Nacht hatte es sich merklich abgekühlt. Die feuchte Luft über dem See war zu dichtem Nebel kondensiert. Er hielt zwar die schwärmenden Blutsauger fern, brachte aber auch ein unerwartetes Problem mit sich. Wir waren praktisch blind. Wie sollten wir unser Zielobjekt jetzt auf dem Wasser sehen? Wer konnte sagen, ob Mokéle m’Bembé nicht genau in diesem Moment Appetit auf ein paar Abenteurer verspürte? Mir fiel der Kontaktzaun mit der Selbstschussanlage wieder ein, aber würde der uns rechtzeitig warnen, geschweige denn ein Reptil von diesen Ausmaßen aufhalten? Fragen über Fragen, auf die mein müder Geist keine Antwort wusste.
Zuerst musste ich mal aufstehen. Also schlüpfte ich in meine halblangen Trekkinghosen, zog mir die Wandersandalen an und ging auf wackeligen Beinen zur Feuerstelle, in der Hoffnung, dass schon jemand einen starken Kaffee gebrüht hatte. Zu meiner großen Überraschung bemerkte ich, dass schon alle auf den Beinen waren. Sie scharten sich um ein Gerät, das wie eine Mischung aus einer Autobatterie und einem Samsonite-Koffer aussah.
»Ah, Mr. Astbury ist erwacht«, begrüßte mich ein überraschend gut gelaunter Maloney. »Endlich. Haben Sie in der letzten Nacht doch noch ein wenig Schlaf gefunden? Wir haben Sie extra in Ruhe gelassen, damit Sie sich den Aufregungen des heutigen Tages gewachsen fühlen. Kommen Sie her. Sehen Sie sich das mal an.«
Ich versorgte mich schnell mit Kaffee und einem Stück Brot und gesellte mich zu den anderen. Der Pygmäe war nirgendwo zu entdecken. Elieshi kniete am Boden und war gerade dabei, die vermeintliche Autobatterie mithilfe einiger Kabel an ein separates, keulenförmiges Kunststoffgehäuse zu stöpseln. Maloney legte seine Hand auf meine Schulter. »Treten Sie ruhig näher«, forderte er mich auf. »Eine faszinierende Apparatur«, sagte er und deutete auf die weiße Kunststoffkeule. »Das hier ist das Mikrofon. Es ist in der Lage, Infraschall, wie er zum Beispiel von Elefanten erzeugt wird, zu empfangen. Verbunden ist es mit einem Verstärker und einem Frequenzfilter, der die Töne dann an ein Notebook weiterleitet, wo man sie sichtbar machen kann.«
»Infraschall?«
»Ist Ihnen das kein Begriff, Professor?« Elieshi zwinkerte mir fröhlich zu. »Jetzt enttäuschen Sie mich aber. Ich habe gedacht, das sei Allgemeinwissen. Elefanten verständigen sich, genau wie andere Großsäuger, mittels Infraschall über große Entfernungen. Die Schallwellen liegen unterhalb der menschlichen Hörgrenze, weshalb man ihre Sprache auch erst 1984 entdeckt hat. Der erste Test dieser Geräte fand 1999 in Namibia statt. Seitdem ist das ELP, wie wir das Elephant Listening Project abkürzen, ein fester Bestandteil des Artenschutzprogramms.«
»Wie auch immer«, meldete sich Maloney wieder zu Wort. »Wenn dieses Gerät Infraschall empfangen kann, ist es für unsere Zwecke bestens geeignet. Erinnern Sie sich an die Berichte über die Laute, die Mokéle m’Bembé angeblich ausstoßen würde?«
Ich nickte. »Sehr tiefe Tonfolgen, die weithin zu hören waren.«
»Genau. Mit großer Wahrscheinlichkeit repräsentieren sie nur einen kleinen Ausschnitt seines tatsächlichen Klangspektrums. Hätten wir das Gerät schon gestern zur Verfügung gehabt, wären wir wahrscheinlich durch ein Feuerwerk von Lauten gewarnt worden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden«, sagte er. »Jedenfalls ist unsere Kollegin gerade damit beschäftigt, die Geräte startklar zu machen. Vielleicht können sie ja schon etwas aufzeichnen, bis wir wieder zurückkehren.«
»Sie sind also immer noch fest entschlossen, ins Grasland zu gehen?«
»Die Frage überrascht mich,« gab Maloney zurück. »Ich dachte, Sie könnten es gar nicht erwarten, dorthin zu kommen.«
»Stimmt
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