Reptilia
noch Glut, die an dem, was noch nicht zerstört war, nagte. Ein umgestürzter Toyota Landcruiser verhüllte gnädig den grauenhaften Anblick, der sich dahinter bot. Zerfetzte Zelte, aus denen die Stangen wie Totenfinger ragten, lagen neben verbeulten Proviantkisten, deren Inhalt achtlos über den Boden verstreut war. Stühle, Töpfe, Konserven und Waffen lagen, bedeckt von einer Schicht aus Asche und Dreck, auf dem Boden.
Viel schlimmer aber waren die verbrannten Leichen, deren aufgedunsene Körper schon einen starken Verwesungsgestank verströmten. An einigen von ihnen hatten sich bereits Raubtiere zu schaffen gemacht.
Am Rande des Lagers fand ich einen Leichnam, der nur noch mit viel Fantasie als menschlich bezeichnet werden konnte. Das Gesicht des Mannes, einschließlich seiner Augen, war fortgerissen worden, so dass mich nur sein rot glänzender Totenschädel angrinste. Das war zu viel. Mein Magen rebellierte, und ich rannte einige Schritte ins Gras hinein, wo ich mich übergab. Ich wollte nicht, dass die anderen mich sahen.
»Mein Gott«, stammelte ich, nachdem sich mein Magen vollständig entleert hatte. Ich wischte mir die letzten Essensreste aus dem Gesicht. Meine Beine fühlten sich an, als seien sie aus Butter.
»Gott hat damit nichts zu tun«, sagte Maloney, der unbemerkt hinter mich getreten war. »Er war nicht hier, als das geschehen ist. Niemand war hier, der diesen armen Seelen hätte helfen können. Sie waren ganz allein.« Er spuckte auf den Boden. »Fühlen Sie sich wieder einigermaßen?«
Ich richtete mich auf. »Geht so. Wenn nur dieser Gestank nicht wäre.«
»Hier, nehmen Sie das«, sagte er und riss eine stachelig aussehende Pflanze ab. Er zerrieb sie zwischen seinen Fingern. »Wickeln Sie das in Ihr Taschentuch. Es sollte helfen, den Geruch zu überdecken.«
Tatsächlich, der frische Geruch von Minze stieg in meine Nase und half, meinen Magen wieder zu beruhigen.
»Besser?«
Ich nickte.
»Gut, dann kommen Sie. Vielleicht können wir herausfinden, was hier geschehen ist.« Er zog seine Digitalkamera hervor und begann, die Einzelheiten der Verwüstung zu dokumentieren.
Sixpence war ebenso mitgenommen wie ich. »Das ist Mokéles Werk«, murmelte er. »Kein anderes Wesen hätte einen Trupp schwer bewaffneter Soldaten derart zerlegen können. Keine Leoparden, keine Flusspferde, nicht mal wild gewordene Elefanten wären dazu in der Lage gewesen.«
Das Wort zerlegen gefiel mir in diesem Zusammenhang überhaupt nicht, und ich spürte, wie mein Magen sich aufs Neue verkrampfte. Aber ich musste ihm Recht geben. Es waren tatsächlich Soldaten. Wahrscheinlich die Gruppe, die Emilys Verschwinden aufklären sollte.
»Kongolesische Regierungstruppen«, stellte Elieshi fest, nachdem sie die Uniform eines der Opfer untersucht hatte. »Das hier drüben scheint der Anführer gewesen zu sein.«
»Das Unglück muss sich ereignet haben, kurz ehe Egomo zum ersten Mal hier eingetroffen ist«, sagte Maloney. »Vielleicht während des schrecklichen Gewitters, wenn man seinem Bericht Glauben schenken darf.«
»So langsam fange ich an, Stewart Recht zu geben«, murmelte Sixpence. »Wir täten der Welt einen Gefallen, wenn wir das Biest erledigen.«
»Sergeant Gérard Matubo«, entzifferte ich den blutbespritzten Aufnäher. »Drittes Infanterieregiment Djambala. Nun, jetzt haben wir wenigstens einen Namen. Ein Vergleich mit der Liste der verschwundenen Soldaten wird uns Gewissheit bringen.«
»Die brauchen wir gar nicht. Ich habe die Ordonnanzpapiere und die Tagesberichte gefunden«, rief Maloney und winkte uns zu sich heran. Er beugte sich über eine Metallkiste, die aussah, als wäre ein Lkw darübergefahren. »Hier ist alles beisammen. Von dem Augenblick an, als sie die Videokamera nebst sämtlichen Bändern im Dorf Kinami geborgen und mit einem Kurier nach Brazzaville zurückgeschickt haben, bis …«, er blickte auf, »… bis zur Entdeckung von Emily Palmbridges verlassenem Lager am See. Hier steht es schwarz auf weiß: Emily Palmbridge. Das ist der erste wirklich konkrete Anhaltspunkt. Jetzt haben wir endlich eine Spur. Moment mal, hat Egomo nicht auch ein zweites Lager erwähnt?«
»Ja, er hat davon gesprochen«, sagte Elieshi. »Es soll direkt am See liegen, nur etwa vier Kilometer von unserem Camp entfernt.«
»Wir sollten es so schnell wie möglich aufsuchen.« Maloney studierte intensiv die Papiere. »Wie es aussieht, haben die Soldaten bei der Untersuchung dieses zweiten Lagers Kontakt mit
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