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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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den anderen davon zu berichten.
    Müde löschte ich das Licht und legte mich wieder hin.
    Meine Gedanken waren eben dabei, in traumerfüllte Gefilde abzudriften, da hörte ich ein seltsames Geräusch. Ein kleiner Schrei, der, kaum dass er erklang, auch schon wieder verstummte. Ich spitzte die Ohren.
    Da war er wieder, und diesmal erkannte ich ganz deutlich, dass es Elieshis Stimme war. Die Arme durchlitt offenbar einen schrecklichen Albtraum. Das wunderte mich nicht, angesichts meiner eigenen Schlafprobleme, doch die Frage war, ob ich sie deswegen wecken sollte? Es ist doch nur ein Traum, redete ich mir ein, doch da drang ein weiterer Schrei an mein Ohr.
    Ich seufzte und öffnete den Reißverschluss meines Zeltes. Der Regen schien an Heftigkeit zuzunehmen, so, als wollte er mich davon abhalten, mich in Dinge einzumischen, die mich nichts angingen. Mit eingezogenem Kopf verließ ich das schützende Vordach und tappte zu Elieshis Zelt hinüber. Die wenigen Sekunden im Freien genügten, um mich bis auf die Haut zu durchnässen, während der Regen mir in Sturzbächen über das Gesicht lief.
    Im Inneren ihres Zeltes war es vollkommen dunkel, aber die Bewegung, die ich hinter dem dünnen Stoff wahrnahm, sagte mir, dass sie sich schrecklich hin und her wälzen musste. Ich trat näher und wollte gerade an der gebogenen Stange ihrer Zeltkuppel rütteln, da hörte ich etwas, das so gar nicht ins Bild passen wollte: das schwere Atmen eines Mannes und gleich darauf ein leises Stöhnen.
    Wie versteinert stand ich eine Weile im Regen, dann trat ich den Rückzug an. Als ich den Reißverschluss hinter mir zuzog, wurde mir die volle Tragweite meiner Entdeckung bewusst. Ich hatte zwei Stimmen gehört, einen Mann und eine Frau.
    Elieshi und Maloney.

23
    Montag, 15. Februar
     
    »Aufstehen! Machen Sie die Augen auf, mein junger Freund, es ist Zeit.«
    Es war, als riefe mich eine Stimme aus den Tiefen des Schlafes, eine Stimme, die mir nur allzu vertraut war und die mich verfolgte, ob ich nun schlief oder wachte. »Aufstehen, Sie Faulpelz. Wir brauchen Ihre Hilfe.«
    Ich schlug die Augen auf und sah Maloney vor meinem geöffneten Zelt stehen. Breitbeinig, in einen Taucheranzug gezwängt und sprühend vor Tatendrang.
    »Müssen Sie mich so grausam wecken«, stöhnte ich. »Es ist doch noch nicht mal …«, ich starrte auf meine Uhr, »… halb zehn? Ist das wirklich wahr?«
    »Allerdings. Wir warten seit zwei Stunden auf Sie. Was treiben Sie denn die ganze Nacht, dass Sie morgens nicht aus den Federn kommen?«
    Schlagartig fiel mir ein, was ich vor wenigen Stunden gehört und gesehen hatte, und ich schwieg betreten. Maloney schien mein Unbehagen nicht zu bemerken. Augenscheinlich war er glänzender Laune. Ganz im Gegensatz zu den restlichen Mitgliedern des Teams. Ich war zwar noch müde, aber doch wach genug, um zu erkennen, dass sich etwas verändert hatte. Die hektische Betriebsamkeit von Sixpence und Elieshi konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der sprichwörtliche Haussegen schief hing. Die beiden arbeiteten an entgegengesetzten Enden des Lagers, wobei sie jeden Blickkontakt vermieden.
    Mein Blick verdüsterte sich. Welche Folgen mochte das Techtelmechtel zwischen Elieshi und Maloney haben? Mich ärgerte ihr Leichtsinn, denn dieses Verhalten barg unkalkulierbare Risiken für den Zusammenhalt der Gruppe. Natürlich war ich erstaunt, dass Elieshi sich nach den Erlebnissen der letzten Nacht dem Australier gegenüber so reserviert verhielt. Eigentlich hatte ich stürmische Liebesbekundungen erwartet. Ging sie nur aus Rücksichtnahme Sixpence gegenüber auf Distanz zu ihrem Lover, oder hatte sie etwa gemerkt, dass dessen Gefühle nur geheuchelt waren? Hoffentlich, denn das würde die Lage entschärfen. Doch wenn ich ehrlich war, musste ich eingestehen, dass mich dieses Wechselbad der Gefühle nur verwirrte. Ich war ebenso ahnungslos wie Egomo, der in der Nähe des Lagerfeuers kauerte und an den Resten des Abendessens knabberte.
    »Bin gleich so weit«, murmelte ich, schlüpfte in meine Schuhe und verzog mich, mit einer Klopapierrolle bewaffnet, ins Unterholz. Als ich zurückkehrte, hatte sich meine Müdigkeit gelegt. Ich fühlte mich stark genug für eine Konfrontation. Und die würde es geben, daran hatte ich nicht den geringsten Zweifel.
    »Darf ich mal kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten?«, rief ich in die Runde. »Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen.«
    Maloney runzelte die Stirn. »Mr. Astbury, was soll denn das jetzt werden?

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