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Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Titel: Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Reuther
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sein, dass Lebende in meiner Nähe sind? Oder schwebende Seelen gleich mir, die aber imstande sind zu sprechen? Könnte ich mich doch nur daran erinnern, wovon die Rede war! Es ist mir, als sei es von großer Wichtigkeit für mich. Nicht ein Satz ist mir erhalten. Was sag ich da! Nackte Seelen haben kein Gedächtnis, wiewohl doch Denken, Fühlen und Wollen im astralischen Leib zusammengebunden sind und zusammen wegsacken in Dunkelheit.
    Rosenduft – oder ist es Flieder ?
     
     
     
    Edmund erwachte aus – für sein Verständnis – traumlosem Schlaf und hielt die Augen geschlossen. Aus Furcht, das elysische Empfinden zu verlieren, das Glücksgefühl, erlöst zu sein. Erlöst wovon?
    Ins Wohlbehagen drang Unbehagen. Vorsichtig tastete seine Hand seitwärts, erreichte Lydia nicht. War sie bereits aufgestanden? War heute Sonntag oder musste er zu Schule?
    „Herr Konrad! Aufwachen!“
    Wer war das – hier in seinem Schlafzimmer?
    „Herr Konrad, wachen Sie auf, ich bringe Sie zu Ihrer Kemenate. Dort dürfen Sie weiterschlafen.“
    Die Stimme und der Unsinn, den sie von sich gab … beides kam ihm seltsam bekannt vor.
     
    Der Zauber des sanften Erwachens war verflogen. Er könnte ebenso gut die Augen jetzt öffnen. Er öffnete sie. Vor dem Bett saß ein Mann, den er irgendwoher kannte. Den Raum, in dem er sich befand, kannte er auch. Schlagartig wurde ihm klar: Es war nicht sein Bett und er war nicht daheim, er war im Patientenzimmer eines Krankenhauses.
    „Wo bin ich und wer sind Sie, hatte ich einen Unfall?“ Seine Stimme war ihm fremd.
    „Sie sind auf der Krankenstation von Repuestos- West. Ich bin Alfons Richter. Können Sie sich nicht an mich erinnern? Sie lagen hier bereits vor einiger Zeit, zwei oder drei Tage nach einem Sturz vom Fahrrad.“
    Edmund blickte schlagartig durch. In den Abgrund .
    „Dr. Richter! Bitte um Entschuldigung – ich war verwirrt, hatte fest geschlafen. Was hat mich diesmal auf die Krankenstation verschlagen?“
    „Ihre überraschende Entlassung aus der Apathie . Und in die hatten Sie sich durch Unbesonnenheit hineinkatapultiert.“
    „Ah, ja! Jetzt fällt es mir wieder ein! Wir waren gestern Nachmittag am Teich, Hannelore, Angela, Mensinger und ich und ich wollte Hannelore davon abhalten, jener Schönheit, die uns auf dem Gewissen hat, das Fell über die Ohren zu ziehen – es gelang mir nicht – stattdessen wurden wir abgeführt. Alle drei. Ach! – Und aus der Apathie gleich wieder entlassen? – Die beiden anderen auch?“
    „Das war nicht gestern, das war vor vier Wochen.“
    „Ich war vier Wochen in der Apathie ??“
    Es erschien ihm völlig unwahrscheinlich. „Das heißt, mein Vierteljahr ist in drei Wochen zu Ende, und das heißt weiter …“
    Dr. Richter nickte mit ernstem Gesicht.
    „... dass Sie in genau zweiundzwanzig Tagen nach Süd überstellt werden.“
    Den Brocken musste er erst einmal schlucken. Obwohl – im Grunde genommen spielte es nicht wirklich eine Rolle, ob in zweiundzwanzig Tagen oder zweiundzwanzig Wochen – dennoch, die Unmittelbarkeit verschlug ihm den Atem. Er seufzte tief und fragte, wieso er, wenn es denn so war, nicht bis zum Ende seiner Westzeit in der Apathie belassen wurde, wie doch üblich.
    Dr. Richter wusste, warum.
    „Der Grund ist ziemlich makaber – wie alles in unserer Zwangswelt. Eines der Raskolnikoff‘schen Programme ist die Züchtung einer Führungselite für irgendwelche Zukunftsvisionen. Sie wurden mittels eines ausgetüftelten Systems nach einem Computerprogramm zur Genbewertung als geeigneter Miterzeuger einwandfreien Elitenachwuchses errechnet. Den anderen Teil trifft eine Frau unserer Region . Sie sind dazu verdonnert, diese Dame zu besamen.“
    Edmund starrte sein Gegenüber entgeistert an.
    Richter sagte: „Sagen Sie nichts. Ich weiß, es ist eine gewaltige Demütigung – aber ist nicht jede Sekunde unseres Hierseins demütigend? Und andererseits gibt es Schlimmeres, als eine schöne Frau zu begatten.“
    Dr. Richters Umleitungsversuch auf humorige Ebene misslang.
    „Und wenn ich mich weigere?“
    „Für die Regierung kein Problem. Man wird Sie töten, Ihnen Sperma entnehmen und Ihren Körper der gänzlichen Verwertung zuführen wie die der Selbstmörder.“
    Edmund biss sich auf die Lippe, bis sie blutete. Dr. Richter sah zur Zeitanzeige an der Decke und erhob sich.
    „Ich muss Sie jetzt bitten, sich anzukleiden. Sie sind seit acht Uhr heute früh zum Aufwachen hier, aber Sie schliefen hartnäckig weiter und

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