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Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Titel: Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Reuther
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er. Ich hoffe sehr, dass er inzwischen wieder draußen ist. Außerdem … Ach, Edmund, ich muss dir in den nächsten Tagen ausführlich berichten. Zurück zu der Spionin. Die Mordbuben bevorzugten es, sie am Leben zu lassen, nachdem sie aufgeflogen und ihnen zur Gefahr geworden war, wo man sie hier unten doch gut verwerten kann. Jetzt wohnt die alerte Dame jedenfalls in einem Patentstuhl in der Apathie . Die andere, die mit dir in die Apathie gekommen ist, ich glaub, Hannelore heißt sie, ist auch noch angeschnallt. Was ist die für ein Mensch?“
    „Liebenswert, unstet, verheiratet, drei Kinder. Schneiderin, Designerin, mit Freude an Mathematik. Hat sich hier unten von mir unterrichten lassen. – Wie geht es Angela?“
    „Sie hält sich tapfer, muss ich sagen, wenngleich die Sorgen sie niederdrücken. Sie ist in Gedanken dauernd bei Gustav in der Apathie , ihre größte Sorge aber ist das Kind in ihrem Bauch. Außerdem sagt sie, dass es ein Schock für sie war, als sie dich abführten, und dass Mensinger sich rührend um sie gekümmert habe.“
    „Weiß außer dir noch jemand von meiner Rückführung hierher?“
    „Ich glaube nicht – sonst wäre darüber gesprochen worden. Gerd fragte mich gestern, ob ich dich von ihm grüßen sollte, in drei Wochen etwa, da würdet ihr euch in Süd treffen. Morgen ist übrigens sein letzter Tag hier in West.“
    „Ach! Herrje! Stimmt ja. – Sag mal, wieso hast du gewusst, dass ich raus bin aus der Apathie ?“
    „Hast du vergessen, dass ich Detektiv bin? Edmund, erzähl mir aus deinem Koma. Das interessiert mich brennend.“
    „Da gibt es nichts zu erzählen. Vier Wochen meines Lebens sind wie ausgelöscht. Ich weiß nur, dass man mich mit Polizeigriff festgenommen, in den Saal hinters Forum gezerrt und auf einen dieser Wohnstühle angeschnallt hat. Ich bin sofort eingeschlafen und in Dr. Richters Krankenstation aufgewacht. Mir war und mir ist noch so, als sei dazwischen eine einzige Nacht vergangen.“
    „Sonderbar. Hattest du in dieser einzigen Nacht irgendwelche Empfindungen, Wahrnehmungen, Träume?“
    „Nein. Alles war ausgelöscht, wie tot. Morgen ist also Gerds letzter Tag. Warst du oft mit ihm zusammen?“
    „Zu sagen oft, wäre übertrieben. Oft eher mit Mensinger – und auch mit Angela. Gerd war meistens mit Versuchen befasst, verschiedenen Frauen den Aufenthalt in West zu verlängern und gab sich quietschfidel. Seit paar Tagen ist er weniger lustig. Er hat Angst vor dem, was ihm in Süd alles blüht.“
    „Wer nicht. In drei Wochen bin ich dran.“
    „Und ich folge fünf oder sechs Wochen später. Wenn wir den Dingen ihren Lauf lassen.“
    „Du sagst es. Darüber müssen wir uns eingehend unterhalten, aber nicht jetzt. Du musst schnellstens in die Heia, weil um sechs wieder raus, es ist halb zwei. Ich bin vom Pflichtprogramm befreit und werde wohl bis Mittag kollern. Wir sehen uns dann mittags – ich hol dich um eins am Fitness-Saal ab.“
    Koko schüttelte den Kopf. „Ich muss morgen“ – nach einem Blick zur Uhr verbesserte er sich – „das heißt, heute vor dem Frühstück zum Gesundheits-Check. Der geht bis drei, halb vier.“
    „Okay, dann treffen wir uns um vier Uhr im ‚Interim‘.“
    „Abgemacht.“
     
    Als Edmund am Morgen nach wirren Träumen aufwachte, war sein erster Gedanke Koko. Dass auch er hier war, stimmte beruhigend und traurig zugleich. Es war eine Katastrophe, dass die Moskau-Mission fehlgeschlagen war, noch ehe er sie angehen konnte. Wie es aussah, war er ganz nah dran gewesen, dem Horror ein Ende zu setzen.
    Edmund sah auf die Digitalleiste an der Decke. Neun Uhr. Das Pflichtprogramm war in vollem Gange – Koko grübelte jetzt auf der Liegewiese. Hoffentlich unbehelligt. Nun, Ute war wohl längst in Süd. Viele waren längst in Süd. Auch Laura Schneider mit ihrem Traum vom Tunnel nach Berlin, Elisabeth Koch, Georg Hahn, Nicole Weber. In drei Wochen würde er alle wiedersehen – in welchem Zustand?
    So viel war geschehen und noch mehr konnte geschehen sein in den drei Wochen, die ihm wie eine Nacht dünkten.
     
    Mittags traf er mit Gerd gleichzeitig im „Liliengarten“ ein, rein zufällig an Gerds letztem Tag in West. Er wirkte ziemlich verstört, die Begrüßung fiel dürftig aus. Sie bestellten beide dasselbe, Kabeljau mit Salzkartoffeln und Endiviensalat. Weiter hinten im Lokal war eine hitzige Debatte im Gange, unüberhörbar, denn die Gemüter waren außerordentlich erregt. Es ging um Politik, wie so oft, und

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