Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)
erst mal Dudas Konterfei, ist es eine bekannte Ganovenvisage oder ein unbeschriebenes Blatt?“, drang Körner in ihn und Reinfeld sagte vorwurfsvoll:
„Sie hatten doch versprochen, mir sein Portrait gleich zu mailen!“
Rehbein verstand Reinfelds Ungeduld, doch der Ton wurmte ihn. Koko war nie so mit ihm umgesprungen.
„Es gibt kein Phantombild!“
Reinfeld sank das Kinn auf die Brust. Körner und Hauser schwatzten gleichzeitig. Was, war nicht zu verstehen, und Hans Rehbein hob abwehrend die Arme und sagte: „Bevor jetzt eine Palastrevolution ausbricht, hört mir bitte zu, ich fasse mich kurz.“
Niemand unterbrach ihn. Reinfeld spitzte die Ohren mit verkniffenem Mund, Körner mit flackernden Augen, nur Hauser blieb gelassen. Hans hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, als hätte er versagt – als stünde er vor einem Tribunal. Das bilde ich mir ein, weil ich selbst überreizt bin, suchte er sich zu beruhigen und sagte zuletzt: „Das ist nun mal die Situation. Ich hätte einen positiven Verlauf bevorzugt.“
„Setzen wir uns also schnellstens mit dem Notar und dem Makler in Verbindung“, sagte Reinfeld, „und Sie, Rehbein, fahren mit dem Zeichner zu dem, der uns zuerst für ein Interview zur Verfügung steht, Frau Schröder soll sich gleich um die Termine kümmern.“ Er langte zum Telefon.
„Langsam!“, rief Rehbein. „Litterer hat den Dünnpfiff. Er kann im Moment nichts tun, zeichnen schon gar nicht. Wenn wir keinen Ersatzmann finden, der sofort einspringen kann, müssen wir warten, bis seine Bauchregion sich beruhigt hat. Und ich muss jetzt los, ihm sein Gepäck und Kohletabletten bringen, das hab ich ihm versprochen. Er konnte nicht mal mit zur Gepäckausgabe, musste vom Flieger aus ganz rasch heim und ich mach mich jetzt fort.“
„Mann, wie lange kann das dauern, bis er wieder hergestellt ist?“
Rehbein antwortete im Hinausgehen: „Ein bis zwei Tage, denke ich“, schlug die Tür hinter sich zu und begab sich zur Treppe. Abwärts konnte er auf den lästigen Lift verzichten.
Kaum war Rehbein aus dem Büro, klingelte es. Vier Mal wiederum. Diesmal war es Leitmeier, wie der Monitor bestätigte. Reinfeld drückte den Summer, nahm eine Zigarette aus der Packung, betrachtete sie hinten und vorne und steckte sie wieder weg. Er trug das vor vier Wochen zuletzt angebrochene Päckchen Pall Mall stets bei sich zum Beweis dafür, dass er imstande war, zu widerstehen.
„Es ist wie verhext!“, schimpfte er. „Ich komme mir vor wie ein Hund, dem man eine Wurst vor die Schnauze hält und sie immer wieder fortzieht.“
„Wenn Litterer in einem Tag oder zwei …“
„Jaja, wenn , und diesem Wenn schließt sich gleich das nächste an, wenn wir diesen Makler oder den Notar auffinden und wenn einer bereit ist …“
„Da fällt mir ein, da ist doch diese Kriminalbeamtin, die am Computer Phantombilder erstellt, wie heißt die doch gleich?“
„Schäfer, mit Vornamen Luise, glaub ich, Luise Schäfer. Aber Litterer ist lange vorher auf den Beinen – ich meine, bevor wir den Polizeiapparat in Bewegung gesetzt haben.“
„Ich denk nicht an den Dienstweg.“ Reinfeld blätterte im Telefonbuch. „Heut ist Samstag, da ist sie vielleicht zu Hause. O mei! Wie viel Schäfers es gibt in dieser Stadt! Und eine Luise ist nicht darunter. Wie heißt ihr Mann mit Vornamen?“
„Keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal, ob sie verheiratet ist – ebenso wenig, ob sie überhaupt in Frankfurt wohnt.“
Inzwischen war Leitmeier oben angelangt, Frau Schröder hatte ihm geöffnet. Er hatte den letzten Satz beim Hinzutreten mitbekommen und fragte:
„Ob wer in Frankfurt wohnt? Worum geht es, kann ich irgendwie helfen?“
„Guten Tag, Herr Dr. Leitmeier“, sagte Reinfeld, „wir bräuchten auf die Schnelle jemanden, der ein Phantombild zustande bringt, per Zeichnung oder Computer.“
„Da kann ich die Litterers empfehlen, Vater und Sohn.“
„Vater Litterer ist zurzeit in New York, Sohn in Frankfurt, aber vorübergehend außer Betrieb. Kann Tage dauern, bis er wieder einsatzbereit ist.“
„Ist er krank?“
„Könnte man sagen. Rehbein war mit ihm auf Ibiza, wo er das Phantombild des gesuchten Duda nach der Beschreibung eines Rentners erstellen sollte. Die zwei sind heute zurückgekommen und Litterer hat eine Diarrhoe mit heimgebracht. Die Reise war aber vergebens, der Mann, der unsere Zielperson beschreiben sollte, kannte den Gesuchten nur vom Telefonieren, hatte ihn noch nie gesehen. Zum
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