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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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Pantoffeln«, sagt sie fröhlich und zeigt auf ein niedriges Holzregal mit diversen in Plastik verpackten Krankenhauspantoffeln, das neben einer Bank vor der Tür steht. Die Möbel sind offensichtlich schon alt und wirken mitten in all dem glänzenden Weiß eigenartig deplatziert. »Lassen Sie Ihre Schuhe und Ihre Handtasche hier. Keine Sorge; die klaut niemand. Die Kriminellen sind im alten Gebäudeteil.« Sie lacht erneut.
    Ich setze mich auf die Bank und kämpfe mit meinen Schnürsenkeln, während ich mir wünsche, ich hätte Stiefel oder Ballerinas angezogen. Meine Finger sind ganz unbeholfen.
    »Sie hat also geschrien?«, hake ich nach. »Als sie neu hier war, meine ich.«
    Die Schwester verdreht die Augen. »Sie dachte, ihr Ehemann wollte sie kaltmachen. Jedem, der zuhörte, schrie sie etwas von Verschwörung entgegen.«
    Mein gesamter Körper wird zu Eis. Ich schlucke. »Sie kaltmachen? Was soll das heißen?«
    »Keine Sorge.« Jane winkt ab. »Sie hielt dann ziemlich schnell den Mund. Das ist bei den meisten so. Sie nimmt regelmäßig ihre Medikamente, macht keinem Schwierigkeiten.« Sie tätschelt mir die Schulter. »Bereit?«
    Ich kann nur nicken, obwohl ich mich alles andere als bereit fühle. Mein Körper ist erfüllt von dem Drang, mich umzudrehen und wegzurennen. Aber stattdessen stehe ich auf und folge Jane durch die Doppeltür in einen weiteren Flur, der genauso makellos weiß ist wie der, durch den wir gerade gekommen sind, und auf beiden Seiten von weißen fensterlosen Türen gesäumt wird. Jeder Schritt fällt mir schwerer als der vorherige. Ich spüre den eisigen Biss des Fußbodens durch die papierdünnen Pantoffeln und jedes Mal, wenn ich den Fuß aufsetze, durchfährt mich ein Schauer.
    Viel zu bald kommen wir an eine Tür mit der Nummer 2225. Jane klopft zweimal fest an, ohne jedoch mit einer Antwort zu rechnen. Sie nimmt die Schlüsselkarte, die sie um den Hals hängen hat, und hält sie an den Scanner links von der Tür – »Nach den Zwischenfällen haben wir ein ganz neues System gekriegt; schick, was?« – und als das Schloss mit einem Klicken aufspringt, schiebt sie energisch die Tür auf.
    »Besuch«, ruft sie fröhlich, als sie den Raum betritt. Dieser letzte Schritt ist der schwerste. Einen Moment glaube ich, dass ich es nicht schaffe. Ich muss mich geradezu nach vorne stürzen, über die Schwelle hinweg. Ich atme tief aus.
    Sie sitzt auf einem Plastikstuhl mit abgerundeten Ecken und starrt aus einem kleinen Fenster, das mit schweren Eisenstangen gesichert ist. Als wir eintreten, dreht sie sich nicht um, aber ich kann ihr Profil sehen, das vom hereindringenden Licht gerade so beleuchtet wird: die Stupsnase, den delikaten kleinen Mund, die langen Wimpern, ihr muschelförmiges rosa Ohr und die ordentliche Eingriffsnarbe direkt darunter. Ihre Haare sind lang und blond und reichen ihr offen bis fast zur Taille. Ich schätze sie auf etwa dreißig.
    Sie ist schön.
    Sie sieht aus wie ich.
    Mein Magen zieht sich zusammen.
    »Morgen«, sagt Jane laut, als würde uns Cassandra sonst nicht hören, obwohl der Raum winzig ist. Er ist zu klein, als dass wir alle bequem darin Platz hätten, und obwohl er abgesehen von einer Pritsche, einem Stuhl, einem Waschbecken und einer Toilette leer ist, wirkt er überfüllt. »Hab dir jemanden mitgebracht. Nette Überraschung, was?«
    Cassandra sagt nichts. Sie reagiert überhaupt nicht auf uns.
    Jane verdreht die Augen und formt lautlos die Worte Tut mir leid . Laut sagt sie: »Na, komm schon. Sei nicht unhöflich. Dreh dich um und sag Hallo wie ein braves Mädchen.«
    Da dreht sich Cassie wirklich um, allerdings geht ihr Blick über mich hinweg direkt zu Jane. »Kann ich bitte ein Tablett haben? Ich habe heute Morgen nicht gefrühstückt.«
    Jane stemmt die Hände in die Hüften und sagt übertrieben vorwurfsvoll, als spräche sie mit einem kleinen Kind: »Na, das war aber dumm von dir, nicht wahr?«
    »Ich hatte keinen Hunger«, sagt Cassie einfach.
    Jane seufzt. »Du hast Glück, das ich heute meinen barmherzigen Tag habe«, sagt sie augenzwinkernd. »Kommen Sie hier einen Moment alleine klar?« Diese Frage ist an mich gerichtet.
    »Ich …«
    »Keine Sorge«, sagt Jane. »Sie ist harmlos.« Sie hebt die Stimme und nimmt wieder den aufgesetzt fröhlichen Tonfall an. »Bin gleich zurück. Sei ein braves Mädchen, mach deinem Gast keine Schwierigkeiten.« Sie wendet sich wieder an mich. »Wenn es irgendwelche Probleme gibt, drücken Sie einfach auf den

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