Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
Vom Netzwerk:
gespreizten Armen und Beinen da, während eine Wache ihren Körper mit dem Metalldetektor nach Waffen absucht. Sie scheint es kaum wahrzunehmen, sondern unterhält sich angeregt mit der Frau an der Anmeldung hinter der kugelsicheren Glasscheibe links.
    »Immer das Gleiche«, sagt sie. »Das Baby hat mich die ganze Nacht wach gehalten. Ich sage dir, wenn mir 2426 heute wieder Probleme macht, schick ich ihn in die Geschlossene.«
    »Amen«, entgegnet die Frau hinter der Theke. Dann richtet sie ihren Blick auf mich. »Ausweis?«
    Wir wiederholen die ganze Prozedur. Ich schiebe das Stück Papier durch den Schlitz im Fenster und erkläre ihr, dass das Original kaputtgegangen ist.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragt sie.
    Die letzten vierundzwanzig Stunden über habe ich sorgfältig an meiner Geschichte gefeilt, aber trotzdem kommen die Worte nur stockend. »Ich … ich möchte meine Tante besuchen.«
    »Wissen Sie, in welchem Block sie ist?«
    Ich schüttele den Kopf. »Nein, ich … ich wusste gar nicht, dass sie hier ist. Ich habe es gerade erst herausgefunden. Bisher dachte ich, sie sei tot.« Die Frau zeigt keine Reaktion auf diese Behauptung. »Name?«
    »Cassandra. Cassandra O’Donnell.« Ich balle die Fäuste und konzentriere mich auf den Schmerz in meinen Handflächen, als sie den Namen in ihren Computer tippt. Ich weiß nicht genau, ob ich hoffe, dass ihr Name erscheint oder nicht.
    Die Frau schüttelt den Kopf. Sie hat wasserblaue Augen und einen Schopf aus krausen blonden Haaren, die in diesem Licht genauso mattgrau aussehen wie die Wände. »Hier finde ich nichts. Haben Sie den Aufnahmemonat?«
    Vor wie vielen Jahren ist Cassie verschwunden? Ich erinnere mich, bei Freds Amtseinführung mitangehört zu haben, dass er drei Jahre lang keine Partnerin hatte.
    Ich wage eine Schätzung. »Januar oder Februar. Vor drei Jahren.«
    Sie seufzt und steht mühsam auf. »Wir haben erst seit letztem Jahr Computer.« Sie verschwindet aus meinem Blickfeld, dann kehrt sie mit einem großen ledergebundenen Buch zurück, das sie mit einem Knall auf ihrer Seite der Theke ablegt. Sie blättert ein paar Seiten vor, dann öffnet sie ein Fenster in der Scheibe und schiebt mir das Buch zu.
    »Januar und Februar«, sagt sie kurz angebunden. »Es ist alles chronologisch geordnet – wenn sie hier durchgekommen ist, muss sie da drin verzeichnet sein.«
    Das Buch ist riesig, die Seiten mit krakeliger Schrift überzogen, Aufnahmedaten, Insassennamen und dazugehörige Insassennummern. Die Zeitspanne von Januar bis Februar umfasst mehrere Seiten und ich bin mir des ungeduldigen Blicks der Frau unangenehm bewusst, während ich langsam mit dem Finger die Spalte mit den Namen entlangfahre.
    Ich habe einen Kloß im Bauch. Sie ist nicht da. Natürlich könnte ich mich geirrt haben, was das Datum angeht – oder ich könnte mich komplett geirrt haben. Vielleicht war sie nie in den Grüften.
    Ich muss an Fred denken, wie er lachend sagte: Sie hat inzwischen nicht mehr viele Zuhörer .
    »Und?«, fragt die Frau ohne großes Interesse.
    »Einen Moment noch.« Eine Schweißperle rollt mir die Wirbelsäule entlang. Ich blättere vor bis April und setze meine Suche fort.
    Dann entdecke ich einen Namen, der mich innehalten lässt. Melanea O .
    Melanea. Das war Cassandras zweiter Vorname; ich erinnere mich daran, das bei Freds Amtseinführung gehört und es in dem Brief gelesen zu haben, den ich aus Freds Arbeitszimmer gestohlen habe.
    »Hier«, sage ich. Natürlich hat Fred sie nicht unter ihrem richtigen Namen hier eingeliefert. Schließlich ging es darum, sie verschwinden zu lassen.
    Ich schiebe das Buch zurück durch das Flachglasfenster. Der Blick der Frau gleitet von Melanea O. zur Insassennummer, die ihr zugeteilt wurde: 2225. Sie tippt sie in den Computer ein, wobei sie die Nummer leise wiederholt.
    »Block B«, sagt sie. »Im neuen Flügel.« Sie tippt noch ein paar Befehle ein, woraufhin ein Drucker hinter ihr zum Leben erwacht und einen kleinen weißen Aufkleber mit dem ordentlichen Aufdruck besucher – block b ausspuckt. Sie schiebt ihn zusammen mit einem anderen, dünneren, in Leder gebundenen Buch durch das Fenster. »Tragen Sie Ihren Namen und das Datum ins Besucherbuch ein und vermerken Sie den Namen der Person, die Sie besuchen wollen. Kleben Sie sich den Aufkleber an die Brust; er muss jederzeit gut sichtbar sein. Und Sie müssen auf eine Begleitperson warten. Gehen Sie durch die Sicherheitskontrolle, ich schicke nach jemandem,

Weitere Kostenlose Bücher