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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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Gedanken lesen, fügt sie hinzu: »Ich habe Augen und Ohren; die Schwestern reden. Und ich war im alten Flügel, als die Bomben explodierten.« Sie blickt auf ihre Hände hinab. »Dreihundert Gefangene sind entkommen, ein Dutzend wurde getötet. Ich hatte nicht das Glück, zu einer der beiden Gruppen zu gehören.«
    »Aber was hat das mit Fred zu tun?«, frage ich. Meine Stimme hat einen weinerlichen Unterton angenommen.
    »Alles«, sagt sie. Ihre Stimme wird scharf. »Fred wollte die Zwischenfälle. Er wollte, dass die Bomben explodieren. Er hat mit den Invaliden zusammengearbeitet – ihnen bei der Planung geholfen.«
    Das kann nicht wahr sein; ich kann ihr nicht glauben, werde es nicht. »Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Das ergibt sehr wohl einen Sinn. Fred muss es seit Jahren geplant haben. Er hat mit der VDFA zusammengearbeitet; die hatten dieselbe Idee. Fred wollte zeigen, dass sein Vater mit seiner Meinung über die Invaliden Unrecht hatte – und er wollte, dass sein Vater starb. So konnte Fred Recht behalten und Bürgermeister werden.«
    Mir läuft es kalt über den Rücken, als sie die VDFA erwähnt. Im März haben Invaliden eine riesige Kundgebung der Vereinigung für ein Deliria-freies Amerika in New York angegriffen, wobei zahlreiche Bürger getötet und noch viel mehr verletzt wurden. Alle verglichen den Vorfall mit den Zwischenfällen und wochenlang wurden überall die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt: Ausweise gescannt, Fahrzeuge kontrolliert, Wohnungen durchsucht und die Patrouillen auf den Straßen verdoppelt.
    Aber es gab auch andere Gerüchte – einige Leute sagten, dass Thomas Fineman, der Präsident der VDFA , bereits vorher wusste, was passieren würde, und es sogar zugelassen hatte. Dann, zwei Wochen später, wurde Thomas Fineman ermordet.
    Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Meine Brust schmerzt von einem Gefühl, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnern kann.
    »Ich mochte Mr Hargrove«, sagt Cassandra. »Er hatte Mitleid mit mir. Er wusste, wie sein Sohn war. Er hat mich gelegentlich besucht, nachdem Fred mich hat wegsperren lassen. Fred brachte Leute dazu, zu bezeugen, dass ich geistesgestört sei. Freunde, Ärzte – sie haben mich zu einem Leben an diesem Ort hier verdammt.« Sie zeigt auf das kleine weiße Zimmer, ihr Grab. »Aber Mr Hargrove wusste, dass ich nicht verrückt war. Er erzählte mir von der Welt da draußen. Er fand ein Haus in Deering Highlands, wo meine Mutter und mein Vater wohnen konnten. Fred wollte auch sie zum Schweigen bringen. Er muss gedacht haben, ich hätte ihnen erzählt … Er muss gedacht haben, sie wussten, was ich wusste.« Sie schüttelt den Kopf. »Aber das habe ich nicht. Sie wissen es nicht.«
    Cassies Eltern wurden also in die Highlands vertrieben, genau wie Lenas Familie.
    »Es tut mir leid«, sage ich. Das ist das Einzige, was mir einfällt, obwohl ich weiß, wie fadenscheinig es klingt.
    Cassie scheint mich nicht zu hören. »An dem Tag, als die Bomben losgingen, war Mr Hargrove gerade zu Besuch. Er hat mir Schokolade mitgebracht.« Sie dreht sich zum Fenster. Ich frage mich, was sie wohl denkt; sie sitzt wieder vollkommen still, ihr Profil von schwachem Sonnenlicht eingerahmt. »Ich habe gehört, dass er versucht hat, die Ordnung wiederherzustellen. Und dann hatte ich Mitleid mit ihm . Komisch, was? Aber ich schätze, Fred hat uns letzten Endes beide erwischt.«
    »Hier bin ich wieder! Besser spät als nie!«
    Janes Stimme lässt mich zusammenfahren. Ich wirbele herum; sie kommt gerade mit einem Plastiktablett herein, auf dem ein Plastikbecher mit Wasser und eine kleine Plastikschüssel mit klumpigem Haferbrei stehen. Ich trete zur Seite, als sie das Tablett auf der Pritsche abstellt. Mir fällt auf, dass auch das Besteck aus Plastik ist. Natürlich gibt es hier kein Metall. Und auch keine Messer.
    Ich muss an den Mann denken, der an seinen Schnürsenkeln baumelt, und schließe die Augen, um stattdessen an die Bucht zu denken. Das Bild wird von den Wellen weggeschwemmt. Ich öffne die Augen wieder.
    »Und, was meinst du?«, sagt Jane fröhlich. »Haust du jetzt rein?«
    »Ich glaube, ich warte noch etwas«, erwidert Cassie ruhig. Sie sieht immer noch direkt aus dem Fenster. »Ich habe keinen Hunger mehr.«
    Jane wirft mir einen Blick zu und verdreht die Augen, wie um zu sagen: Diese Verrückten .

lena
    W
ir bleiben nicht mehr länger als nötig in unserem Versteck, jetzt, wo die Entscheidung gefallen ist: Wir gehen alle zusammen

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