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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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und mir vorgefallen ist, und über unsere gemeinsamen Erlebnisse erraten haben – sie haben mir gegenüber nichts erwähnt –, aber sie waren netter zu mir als üblich.
    »Ich bin Tacks Meinung«, sagt Hunter. Er wirft eine Gewehrkugel in die Luft, fängt sie mit dem Handrücken auf und lässt sie dann in seine Handfläche hüpfen.
    »Wir könnten uns aufteilen«, schlägt Raven zum hundertsten Mal vor. Es ist offensichtlich, dass sie weder Pike noch Dani leiden kann. In dieser neuen Gruppe sind die Herrschaftsverhältnisse nicht so klar verteilt, und was Tack und Raven sagen, ist nicht mehr automatisch Gesetz.
    »Wir teilen uns nicht auf«, sagt Tack mit fester Stimme. Aber unmittelbar darauf nimmt er ihr die Falle ab und sagt: »Komm, ich helfe dir.«
    So funktionieren Tack und Raven: Das ist ihre Privatsprache aus Druck und Gegendruck, Streit und Zugeständnis. Mit dem Heilmittel sind alle Beziehungen gleich und die Regeln und Erwartungen klar definiert. Ohne das Heilmittel müssen Beziehungen täglich neu erfunden, Sprachen ständig entziffert und entschlüsselt werden.
    Freiheit ist anstrengend.
    »Was meinst du, Lena?«, fragt Raven. Pike, Dani und die anderen drehen sich zu mir um. Jetzt, wo ich mich der Widerstandsbewegung als würdig erwiesen habe, hat meine Meinung Gewicht. Ich kann spüren, dass auch Alex mich aus den Schatten anblickt.
    »Cape Cod«, sage ich, während ich das Feuer mit Spänen füttere. »Je weiter wir von den Städten weg sind, desto besser, und ein gewisser Vorteil ist besser als gar keiner. Wir werden dort schließlich nicht völlig allein sein. Es wird dort andere Siedler geben, andere Gruppen, denen wir uns anschließen können.« Meine Stimme klingt laut auf der Lichtung. Ob Alex die Veränderung wohl bemerkt hat? Ich bin lauter und selbstbewusster geworden.
    Einen Moment herrscht Schweigen. Raven sieht mich nachdenklich an. Dann dreht sie sich unvermittelt um und wirft einen Blick über die Schulter. »Was meinst du, Alex?«
    »Waterbury«, antwortet er umgehend. Mein Magen verkrampft sich. Ich weiß, es ist albern – ich weiß, dass es hier nicht um uns beide geht –, aber ich kann nicht umhin, einen Anflug von Ärger zu verspüren. Natürlich ist er anderer Meinung als ich. Natürlich.
    »Es ist kein Vorteil, von Nachrichten und Informationen abgeschnitten zu sein«, sagt er. »Wir befinden uns im Krieg. Wir können es leugnen, wir können unsere Köpfe in den Sand stecken, aber das ist nun mal die Wahrheit. Und der Krieg wird uns schließlich einholen. Ich bin dafür, ihm lieber direkt entgegenzutreten.«
    »Er hat Recht«, meldet sich Julian zu Wort.
    Ich drehe mich erschrocken zu ihm um. Er sagt an den Abenden am Lagerfeuer sonst kaum etwas. Ich glaube nicht, dass er sich schon wohlfühlt. Er ist immer noch der Neuling, der Außenseiter – und schlimmer noch, ein Überläufer von der anderen Seite. Julian Fineman, Sohn des verstorbenen Thomas Fineman, dem Gründer und Präsidenten der Vereinigung für ein Deliria-freies Amerika und Gegner von allem, wofür wir einstehen. Es spielt keine Rolle, dass Julian seiner Familie und seiner Sache den Rücken gekehrt und dabei beinahe sein Leben gegeben hat, um hier bei uns zu sein. Einige hier trauen ihm nicht.
    Julian spricht mit dem gemäßigten Rhythmus eines geübten Redners. »Vermeidungsstrategien bringen uns nicht weiter. Es wird nicht vorbeigehen. Wenn die Widerstandsbewegung wächst, werden die Regierung und das Militär alles tun, was in ihrer Macht steht, um ihr Einhalt zu gebieten. Wir haben größere Chancen uns zu wehren, wenn wir uns ins Zentrum des Geschehens begeben. Sonst hocken wir nur wie Kaninchen in ihrem Bau, die darauf warten, herausgetrieben zu werden.«
    Obwohl Julian Alex zustimmt, hält er den Blick fest auf Raven gerichtet. Julian und Alex sprechen nie miteinander, sehen sich nie an – und die anderen hüten sich, das zu kommentieren.
    »Ich bin für Waterbury«, wirft Lu ein, was mich überrascht. Letztes Jahr wollte sie nichts mit der Widerstandsbewegung zu tun haben. Sie wollte sich in der Wildnis verkriechen und einen Stützpunkt so weit wie möglich von den gültigen Städten entfernt aufschlagen.
    »Also dann.« Raven steht auf und klopft sich die Rückseite ihrer Jeans ab. »Auf nach Waterbury. Noch irgendwelche Einwände?«
    Wir schweigen alle einen Moment, sehen uns an, unsere Gesichter in den Schatten verborgen. Niemand sagt etwas. Ich bin unzufrieden mit der Entscheidung und Julian

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