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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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erhob, sah er die Blutflecken an seinen Knien und den Manschetten der Jacke. Rowland lag verkrümmt auf dem Boden, die Arme zu beiden Seiten ausgestreckt, die Beine in einem unnatürlichen Winkel. Der große Mann wirkte im Tod erstaunlich kläglich. Fenwick wandte sich ab, ohne ihn noch eines weiteren Blickes zu würdigen.
    Er ging den langen Mittelgang hinunter zur Bühne, wo sich eine kleine Menschenmenge versammelt hatte. Die Krankenwagen waren gerade eingetroffen; jemand half Nightingale hinaus. Sie war grau im Gesicht vor Schmerzen, aber ruhig. Sie versuchte sogar zu lächeln, als Fenwick auf sie zukam, schaffte es aber nur halb. Er hätte sie gern in den Arm genommen – eine Geste von Trost, Sympathie, Respekt. Stattdessen lächelte er zurück und strich ihr behutsam über den Handrücken. Nightingale interpretierte die Geste richtig.
    «Schon gut. Mir geht es gut. Keine Bange.»
    «Das war sehr, sehr tapfer. Sie können von Glück sagen, dass Sie noch am Leben sind.» Er ging bis zu den offenen Türen des Krankenwagens neben ihr her. Die Sanitäter hatten die tiefe Fleischwunde an ihrem Oberarm mit einem Druckverband versorgt, aber die Spitze des Bolzens ragte noch deutlich sichtbar aus dem Jackenärmel. Das Geschoss hatte die Arterie nur um Millimeter verfehlt.
    «Ich schaue später im Krankenhaus vorbei. Schonen Sie sich!»
    Er ging zur Kathedrale zurück. Drinnen waren die Zeugen zu ordentlichen Gruppen zusammengestellt worden; das für Massenverhöre typische leise Summen war zu hören. Octavia war nirgends zu sehen. Fenwick beobachtete, wie sie eine Bahre die Treppe zum Triforium hinauftrugen, um den Leichnam des Polizisten zu holen. Für einen Moment überkamen ihn Schuldgefühle, und ihm graute vor der Aussicht, bei einem Begräbnis wieder einer Witwe oder Mutter gegenübertreten zu müssen. Wenigstens war diesmal der Assistant Chief Constable derjenige, der Erklärungen abgeben musste.
    Hier konnte er nichts tun, außer vielleicht mit seinem Vorgesetzten und Blite hadern, was unsensibel und dumm gewesen wäre. Fragen und Schuldzuweisungen würde es bald genug hageln. Ein Polizist war tot, zwei weitere verletzt, der Verdächtige gestorben – und das alles vor Hunderten traumatisierten Zeugen. Fenwick verspürte eine immense Erleichterung, dass es nicht sein Einsatz gewesen war, doch dann verwünschte er sich für alle Zeiten, denn er dachte, dass die Leute vielleicht alle noch am Leben oder unverletzt sein könnten, wenn er die Verantwortung gehabt hätte.
    Im Westen stand der Himmel in Flammen, die Sonne ging unter. Glühende Schlacke flackerte vor verblassenden Kondensstreifen, als die Sonne hinter aschgrauen Wolkenbänken verschwand. Scharlachrotes und orangefarbenes Leuchten zuckte in die Kuppel des königsblauen Himmels darüber. Innerhalb weniger Minuten erloschen die Farben und hinterließen eine flache, zweidimensionale Leinwand, über die bereits ein kräftiger Wind fegte, um alle Spuren vom Schauspiel des Sonnenuntergangs zu tilgen.

SECHSTER TEIL
Requiem
    Requiem aeternam dona eis,
    Domine, et lux perpetua luceat eis.
     
    Herr, gib ihnen die ewige Ruhe,
    und das ewige Licht leuchte ihnen.

48
    Die Auswertung der Operation Ritterfang – wie die Bemühungen, Rowland im Anschluss an den Bombenanschlag von London zu finden, genannt worden waren – trug in der Tat brutale Züge. Eine rückhaltlose interne Ermittlung wurde eingeleitet, und die Presse setzte Polizisten und Ermittlern unerbittlich und genüsslich zu. Fenwick erhielt den sofortigen Befehl, seinen Pflegeurlaub fortzusetzen, und durfte weder das Revier noch das Präsidium betreten, bis seine Rückkehr ausdrücklich genehmigt wurde. Er wurde gleich zu Beginn einmal zu Hause befragt und danach, im Lauf der anschließenden Wochen, in regelmäßigen Abständen wieder.
    Sie bedrängten ihn mit aller Macht, was Einzelheiten der Operation betraf, und flehten ihn förmlich an, den Assistant Chief Constable und Inspector Blite zu kritisieren, doch er hüllte sich in Schweigen. Während der scheinbar endlosen Zeit des Wartens auf die erste Vernehmung war er im Geiste immer wieder den beiden Fragen nachgegangen, die ihn quälten: Wenn er das Kommando gehabt hätte, wäre es anders gekommen? Und wenn er gefragt wurde, wie kritisch sollte er sich über den befehlshabenden Beamten äußern? Beide Antworten standen in unmittelbarem Zusammenhang.
    Hätte er das Kommando gehabt, dann wäre die Gefahr in der Kathedrale von Anfang an ernster genommen

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