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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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zu holen. Fenwick ließ Smith noch ein paar Minuten Zeit.
    «Ich bin sicher, Sie verstehen, dass die Entdeckung von Deborahs Leichnam unseren Ermittlungen eine neue Dimension gegeben hat, Mrs. Smith. Vor allem hat sie uns dazu gebracht, die Umstände von Carol Trumans Tod noch einmal zu untersuchen.»
    Smith hob den Kopf. Sie versuchte, seinem Blick auszuweichen, sah ihn aber doch immer wieder an, als wollte sie sich vergewissern, ob er noch da war. Sie biss sich auf die Unterlippe, bis die Haut rot und wund war.
    «Und jetzt erzählen Sie uns vielleicht, warum Sie nicht ehrlich gewesen sind. Erzählen Sie uns, was Sie wissen.»
    Smith kniff die Lippen zusammen und verschränkte die Arme. Angst oder Schuldgefühle hatten plötzlich unerwartete Kraftreserven mobilisiert. Sie sah Fenwick böse an.
    «Bevor wir weitermachen – ich habe meine Meinung geändert, was den Anwalt angeht. Ich möchte einen dabeihaben. Sofort!»
    Nach einer Reihe vergeblicher Telefonate mussten sie Leslie Smith gehen lassen. Sie bestand darauf, dass sie ihren eigenen Anwalt wolle – keinen von der Rechtshilfe –, und als die Polizisten ihn endlich erreichten, bestand er seinerseits darauf, dass sie keinen Grund hätten, das Verhör um diese Zeit fortzusetzen. Er riet seiner Klientin dringend, das Gespräch zu einem Zeitpunkt fortzusetzen, der ihnen beiden angemessener erschien . Noch so viele Hinweise auf das «Zurückhalten von Informationen» konnten ihn nicht erweichen. Entweder sie erhoben Anklage gegen Smith, oder sie ließen sie gehen.
    Um die Sache noch zu verschlimmern, behauptete Smith kategorisch, dass sie erst am späten Vormittag ins Revier kommen könne, wobei sie Proben mit den Oxlea Singers für das Requiem vorschob. Der Anwalt war ebenfalls unabkömmlich, mit einer Klientin vor Gericht. Statt Smith zu verhaften, wozu er keine stichhaltigen Gründe hatte, war Fenwick gezwungen, den Termin um 11.30 Uhr am nächsten Tag zu akzeptieren, worauf Smith in die drückend schwüle Nacht hinausstapfte. Kaum war sie gegangen, bewegten sich die Jalousien in der ersten leichten Brise.
     
    «Lust auf ein Bier?» Fenwick versuchte mit geringem Erfolg, die chaotischen Papierstöße auf seinem Schreibtisch zu ordentlichen parallelen Stapeln aufzuschichten. Es war einfach zu viel – und so wenig Büroklammern, Schutzhüllen und Hefter, dass die Papiere, sobald er sie aus der Hand legte, entweder auf die Schreibtischunterlage oder auf den Boden rutschten.
    Cooper, der gerade dabei war, seine neueste Tweedjacke überzustreifen – Prince-of-Wales-Karo, als Zugeständnis an die Jahreszeit –, hielt inne. Die Jacke konnte noch keine fünf Jahre alt sein, denn die Ellbogen waren flickenfrei. Er verbarg seine Überraschung. In letzter Zeit war es ungewöhnlich, dass Fenwick ein gemeinsames Bier vorschlug.
    «Ist fast Sperrstunde. Sind Sie sicher, dass Sie nicht nach Hause müssen?»
    «Heute Abend nicht.» Fenwick war rastlos und gereizt. Der Gedanke, den Tag so zu beenden, deprimierte ihn. Wenn sie sich beeilten, kamen sie gerade noch rechtzeitig zur letzten Runde. «Kommen Sie, wenn Sie Durst haben – und sparen Sie sich das Sir; wir sind nicht mehr im Dienst.»
    Sie gingen zum Pub am Ende der Straße und traten in dem Moment ein, als die Glocke geläutet wurde. Es war so gut wie niemand mehr da, trotzdem nahmen sie ihre Gläser mit aus dem verrauchten, stickigen Raum in den kleinen Garten, wo die Lichter des Parkplatzes ein paar Tische beleuchteten. Dort waren sie allein, abgesehen von einem schmusenden Pärchen, das praktisch ineinander verkeilt war. Sie leerten die Gläser mit großen, zufriedenen Schlucken. Cooper brach schließlich das nachdenkliche Schweigen.
    «Ist es jetzt besser – zu Hause, meine ich –, jetzt, wo Mrs. Fenwick … ich meine … Tut mir Leid, ich weiß nicht, wie ich fragen soll.»
    «Schon gut, ich verstehe. Ja, es wird allmählich besser. Die Kinder sind ruhiger geworden, und meine Mutter vollbringt Wunder. Wie geht es bei Ihnen?»
    «Man lebt. Ellen ist noch ein Jahr an der Universität und hört Geografie. Scheint es zu genießen, wenn auch der Himmel weiß, was es ihr nützen wird. Wir bekommen sie kaum noch zu Gesicht – aber ich schätze, davon kann man auch nicht ausgehen. Bei Janey ist natürlich alles unverändert. Sie wohnt eine Straße weiter und ist ausgesprochen lieb. Sie und den Bengel sehen wir ziemlich oft. Der Junge geht nicht zur Universität. Ich habe ihm eine Lehrstelle in der Werkstatt

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