Requiem für eine Sängerin
brauchen Ihre Hilfe. Um Himmels willen, bewegen Sie sich! Und lassen Sie sich nicht den ganzen Tag Zeit, wir haben hier ein Büro zu führen.» Dann drehte sie sich wieder zu Fenwick um: «Ich würde es selbst machen, aber wie Sie sehen, bin ich sehr beschäftigt. Bitte wenden Sie sich an mich, wenn Sie weitere Fragen haben – und wenn Sie die Karten zurückgeben wollen.»
Fenwick fand ihre Überspanntheit abstoßend.
Maureen dagegen war sachlich und spröde; nur eine Bemerkung über ihre Chefin konnte sie sich nicht verkneifen. «Mrs. Court? Den Computer benutzen? Eher würde ich Bernie heiraten!» Dem Ton war zu entnehmen, dass Bernie ein allein stehender Mann bleiben würde. Sie sprach mit unverkennbarem Ostlondoner Akzent und erinnerte Fenwick mit ihrem Aussehen – samtweiche Haut, spitze Wangenknochen und glänzende schwarze Augen – an das Model, das den Sänger geheiratet hatte; er hatte ein schlechtes Namensgedächtnis. Als sie sich aber in rascher Folge durch ein Menü nach dem anderen klickte, ging ihm auf, dass sie wegen ihrer Tüchtigkeit eingestellt worden war und nicht wegen ihres Aussehens.
Wenig später hatte sie zwei Einträge aufgerufen – zuerst den von Bain, einschließlich privater Telefonnummer. Sie riefen die Büronummer an, und Bains Sekretärin nahm ab. Nach einem kurzen Blick in den Terminkalender bestätigte sie, dass sie die Buchung vorgenommen, Mr. Bain es aber vorgezogen hatte, selbst zu zahlen. Sie hatte keine Ahnung, warum. Es wurde jedoch deutlich, dass sie ihre Vermutungen hatte, als sie dem Constable gegenüber andeutete, Mr. Bain könnte es vorziehen, in seinem Büro auf diese Frage angesprochen zu werden. Fenwick hegte wenig Zweifel, dass sie Arthur Bain bald von ihrer Liste der Verdächtigen würden streichen können.
Blieb Mr. J. A. Smith. Vorname John. Es standen dreihundertzweiunddreißig Smiths im Telefonbuch und mehr als dreißig J. Smiths. Nach einem längeren Abgleich mit der Karteikarte gab der Constable diese Fenwick mit einem resignierten Seufzer zurück. «Hier ist kein J. A. oder J. Smith unter dieser Adresse eingetragen.»
Fenwick verglich die Karte mit den Angaben auf Maureens Bildschirm und wies ein wenig verlegen auf einen Tippfehler hin.
«Die Postleitzahl stimmt überhaupt nicht, hier, sehen Sie.»
«Ooh – das dürfte nicht passieren. Sagen Sie ihr das bloß nicht, sie ist so penibel! Mal sehen.» Sie studierte die Karte und platzierte den kleinen Pfeil auf dem Monitor über der Postleitzahl. Wenige Klicks später drehte sie sich zu Fenwick um, und ein Runzeln verunzierte ihre milchkaffeebraune Stirn. «Das ist seltsam. Mit dem neuen System dürfte so was gar nicht passieren – sehen Sie: ‹Quick Address›-Funktion. Sehr praktisch, erspart mir eine Menge Arbeit.»
«Zeigen Sie es mir.» Sie fragte Fenwick nach seiner Postleitzahl und gab sie in die Maske für einen neuen Kundeneintrag ein. Einen Klick später erschien wie durch Zauberhand seine Adresse – bis auf die Hausnummer – in dem entsprechenden Feld auf dem Bildschirm.
«Sie sagen mir nur Ihre Straße oder Postleitzahl, und ich habe Ihre vollständige Adresse. Toll, was? Funktioniert auch andersrum, für Leute, die ihre Postleitzahl vergessen haben.»
«Also haben Sie bei Mr. Smith den Namen und nur die Postleitzahl eingegeben?»
«Mal sehen. Nein. Sehen Sie, hier, die Postleitzahl ist auf der Karte mit einem anderen Kugelschreiber eingetragen worden. Das bedeutet, Mrs. Court hat diese Angabe später seinem Führerschein entnommen, weil er sich nicht daran erinnern konnte, als er das Formular ausgefüllt hat. Wie gesagt, das kommt andauernd vor, erstaunlich in diesem Zeitalter.»
«Und als Sie die Daten eingegeben haben …»
«Die Postleitzahl musste nicht dastehen; die findet die Maschine für mich. Mrs. Court bleibt abends oft länger, um ihre Karten zu vervollständigen, besonders wenn wir viel zu tun haben – und ihr würde es nicht im Traum einfallen, die Lücken mit Hilfe des Computers zu schließen. Sie liebt ihr handschriftliches System, nennt es ‹unser Backup›, aber eigentlich», Maureen senkte die Stimme, «kommt das daher, dass sie das System vor Jahren erfunden hat und nicht aufgeben will. Wir haben eine Kartei, die bis in Urzeiten zurückreicht.»
Fenwick war fasziniert von ihrer veränderten Aussprache. Je mehr sie sich entspannte, desto mehr verlor sich der sorgsam bewahrte Ostlondon-Akzent, und sie sprach die Konsonanten wieder mit.
«Schade, dass
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