Requiem für eine Sängerin
albtraumhaft Gestalt an, ein Arm schlang sich um ihre Taille, ein zweiter verfehlte ihren Hals nur um Zentimeter, als sie niesend zusammenzuckte. Sie wusste nicht, wie ihr geschah, als eine schwere Last gegen sie prallte, sie gegen den Türrahmen drückte und die Tür aufstieß. Ihr vor Angst und Schock gelähmter Verstand wollte nicht arbeiten, aber ein primitiver Selbsterhaltungstrieb raste durch jeden Nerv und Muskel ihres Körpers. Als sie auf der schmutzigen Schwelle kauerte, fiel ihr der Regenschirm wieder ein.
Sie schlug nach hinten und traf den Mann durch einen glücklichen Zufall zwischen die Beine, worauf sie sich aus seiner Umklammerung winden konnte. Er trat nach ihr, verfehlte ihren Kopf, traf aber ihre Hand auf der Steintreppe. Sie hörte Knochen brechen, aber den Schmerz nahm sie nicht wahr.
Wimmernd schleppte sie sich in den Umkleideraum. Sie erinnerte sich an den Schlüssel am Nagel neben der Tür und tastete mit ausgestrecktem Arm danach, in der Hoffnung, sich einen Fluchtweg ins Nebenzimmer zu öffnen. Die gebrochene Hand hatte sie vergessen. Als sie den Schlüssel ergreifen wollte, schoss ein wilder Schmerz ihren Arm hinauf, und der Schwung ging ihr verloren. Eine kostbare Sekunde lang rang sie die Übelkeit nieder und tastete mit der Linken nach dem Schlüssel. Gerade als sie die Finger um das kalte Metall schließen wollte, rammte er sie von hinten und stieß sie auf den Boden, wo sie sich die Knie aufschürfte.
Sie versuchte, sich unter den schräg gestellten Bänken zwischen getragenen Socken und schmutzigen Schuhen zu verkriechen, aber er packte sie an den Knöcheln und zerrte sie in die Mitte des Raums zurück. Ihr wurde klar, dass sie um ihr Leben kämpfte. Sie wand sich von ihm weg, wollte sich aus seinem Griff befreien und eine Bank zu fassen bekommen, oder was immer sie als Waffe benutzen konnte, doch die Bank war am Boden festgeschraubt. Kate klammerte sich an dem Metallbein fest und strampelte mit aller Kraft – ein letzter verzweifelter Versuch, ihn doch noch abzuschütteln. Vergebens. Er ignorierte ihre Gegenwehr und drehte sie schweigend auf dem kalten Betonboden auf den Rücken. Als sie in das verzerrte, unmenschliche Gesicht starrte, fing sie endlich an zu schreien. Er presste ihr die Hand auf den Mund. Das Messer sah sie nur als schmales Aufblitzen, als es in hohem Bogen auf sie herabgestoßen wurde. Wärme durchströmte ihren Körper, dann Eiseskälte.
Er hielt sie fest, bis ihre Schreie in ein ersticktes Gurgeln übergingen und sie in ihrem eigenen Blut ertrank. Ihr Leib zuckte, sie ruderte mit Armen und Beinen. Er hielt ihren Kopf fest, die Hand auf dem Mund, und wich den zuckenden Gliedmaßen aus.
Kurz bevor sie das Bewusstsein verlor, stellte sie fest, dass sie betete und Gott nach dem Grund fragte. Der Mann bückte sich und flüsterte ihr einen Namen ins Ohr, und da wusste sie, dass die Vergeltung gekommen war.
13
Sandy fragte sich beunruhigt, wo Miss Johnstone nur blieb. Das Katzenfutter war eingetroffen und wartete auf sie, aber um sechs war sie immer noch nicht da. In ihrer schwerfälligen Art machte Sandy sich klar, dass etwas nicht stimmen konnte. Es sah ihrer ehemaligen Lehrerin überhaupt nicht ähnlich, eine Vereinbarung zu vergessen oder einmal gefasste Pläne über den Haufen zu werfen, und wenn es um ihre Katzen ging, kam das gleich gar nicht in Betracht. Sandy wandte sich an ihren Boss, den Geschäftsführer, aber der zerstreute ihre Befürchtungen mit der Bemerkung, dass die Lehrerin wahrscheinlich wegen des schlechten Wetters von einem Kollegen nach Hause gefahren worden sei. Er war gereizt, bekümmert wegen des für die Jahreszeit ungewöhnlich schleppenden Umsatzes und bereit, einfach alles auf den vermaledeiten Sturm zu schieben.
Im White Lion kam Ron, Melanie Whites Freund, zunehmend in Stimmung. Die beiden hatten nur ein einziges Problem, nämlich, wo sie ihren Hormonen freien Lauf lassen konnten.
«Du musst doch einen Platz wissen, Mel. Das ist lächerlich, ich kann so nicht nach Hause gehen.»
«Wie ist es bei euch zu Hause? Bis jetzt ist es da immer gegangen.»
«Ja, aber heute Abend ist mein Bruder mit seinen Fußballkumpels da. Wir würden kein ruhiges Plätzchen finden.»
«Aber wohin sonst, bei dem Regen?»
«Das frage ich dich ja, blöde Kuh. Ich bin so was von geil! Ich will es treiben, egal, ob’s regnet oder nicht.» Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, nahm er ihre Hand und legte sie auf seine geschwollene Männlichkeit,
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