Requiem für eine Sängerin
instinktiv, dass der lehmige Fußabdruck noch da war. Dann schlenderte er weiter, und als ein Sonnenstrahl durch die Wolken brach, trat er an ein Fenster und warf zum ersten Mal einen Blick in den wunderbaren Garten.
Seine Frau war eine begeisterte Hobbygärtnerin gewesen, und jetzt wurde er, wenn er nach Hause kam, von verwahrlosten Rabatten und unkrautübersäten Wegen empfangen. Zerknirscht hatte er angefangen, zu jäten und aufzuräumen. Sicher, die Kinder störte das Unkraut nicht. Bess spielte überall unbekümmert, Chris spielte überhaupt nicht mehr. Als er an seinen Sohn dachte, wurde ihm schwer ums Herz.
Monique hätte diesen Garten geliebt, und Katherine Johnstone hatte es offensichtlich auch getan. Einem Impuls folgend ging er nach draußen und setzte sich auf die Bank an der Südwand. Der Duft von wildem Thymian und Lavendel zog vorüber, und er ahnte, dass dies ihr Lieblingsplatz gewesen war.
Eine Bewegung an seinem Bein erschreckte ihn. Er beugte sich vor und sah in die misstrauischen Augen eines alten ingwerfarbenen Katers, der ihn mit dem unfehlbaren Spürsinn aller Katzen sofort als Katzenhasser und damit als jemanden, der besondere Aufmerksamkeit verdiente, identifiziert hatte. Er streckte die Hand aus, um die Katze wegzuschubsen, und wurde mit einem blitzschnellen Hieb bestraft. Fluchend saugte er die winzigen Blutstropfen von seinen Fingern, und plötzlich wusste er, wie das Blut des Mörders auf den Teppich gekommen war. Das Gummi musste von seinem Handschuh stammen. Es gab doch noch etwas zu entdecken hier, er hatte nur zu sehr nach dem Offensichtlichen Ausschau gehalten. Entschlossen kehrte er ins Haus zurück und beschloss, sich noch einmal vollkommen unvoreingenommen umzuschauen.
Gegen Mittag gab er auf, er musste in die Schule zurück. Ihm war kein weiterer Einfall mehr gekommen. In der Diele erkannte er endlich die Botschaft, die schon seit seiner Ankunft hier wartete. Wo war der Brief, den sie, wie er vermutete, aufgemacht hatte, bevor sie zur Arbeit gegangen war? Als sie starb, hatte sie ihn nicht bei sich gehabt. Sie hätte ihn in der Schule lassen können, aber war das wahrscheinlich?
Je länger er darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm, was das möglicherweise zu bedeuten hatte; die Fotos der Spurensicherung hatten gezeigt, dass die Post anscheinend unberührt auf der Fußmatte gelegen hatte (er musste sich die Bilder noch einmal daraufhin ansehen, ob der leere Umschlag dabei war). Wenn die Post erst zugestellt wurde, nachdem sie zur Schule gegangen war, und sie mittags nicht nach Hause gegangen war (unwahrscheinlich, wenn man das gestrige Wetter bedachte), konnte das nur bedeuten, dass jemand anders, wahrscheinlich der Mörder, den Brief mitgenommen hatte. Wenn er ihn mitgenommen hatte, inwiefern hatte er ihm eine Bedeutung beigemessen? Der Umschlag fiel auf, die Handschrift schwarz, schwungvoll. Der Poststempel stammte aus London, eine schmutzig braune Schliere verlief über die gesamte Vorderseite. Auf der Rückseite stand nichts, und dennoch hatte etwas den Mörder veranlasst, sich nach dem Umschlag zu bücken und den Inhalt mitzunehmen. Vielleicht stammte er von ihm selbst oder von jemandem, der ihn identifizieren konnte. Das konnte der Hebel sein, den sie brauchten.
Als Erstes musste er mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bestätigen, dass der Mörder den Brief tatsächlich mitgenommen hatte, danach konnte er versuchen herauszufinden, wer ihn geschrieben hatte. Er verstaute den Umschlag in einem Probenbeutel und ging.
In dem Moment, als Fenwick den Einsatzraum betrat, wusste er, dass etwas passiert war. Die Aufregung war förmlich mit Händen zu greifen. «Also los, raus damit, und bitte nur das Wesentliche, über die Einzelheiten kann ich mich später informieren.» Die junge Detective Constable sah Cooper an, und als er nickte, stand sie auf, um Meldung zu machen. Nervosität und Freude über das Erreichte wetteiferten in ihrem Gesicht.
«Ja, Sir. Heute Morgen um zehn Uhr fünf habe ich eine Miss Sandy Jones verhört, Verkäuferin im Handi-Shopper …»
«Das wo liegt?»
«An der Kreuzung Copse Lane und Farm View, Sir. Miss Jones hat ausgesagt, dass Miss Johnstone Stammkundin ist, äh war, und ab und zu auf dem Heimweg vorbeikam. Am fraglichen Abend …»
«Ich bin kein Richter, Constable, kommen Sie zur Sache.»
Unnötig grob, fand Cooper, der mit wachsendem Interesse zuhörte. Er ist ungeduldig, was bedeutet, dass er selbst auf etwas gestoßen
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