Requiem für eine Sängerin
denen viele zum Zeichen des Respekts ihre Uniformen trugen. Kate Johnstone war eine beliebte Lehrerin gewesen. Die Familie saß schweigend in den ersten Reihen – Mutter, Vater, Schwester, eine uralte Großmutter und verschiedene Tanten, Onkel und Kusinen. Zwischen den beiden Gruppen saßen, noch dichter gedrängt, Freundinnen, Kollegen und die Polizisten.
Die Kirche war voll. Zarte und wunderschöne Blumenbuketts, von der Blumenbindergruppe gestiftet, wo sie Mitglied gewesen war, standen auf Podesten vor dem Altar. Ansprachen und Reden bestätigten Fenwicks Eindruck, dass die Frau beliebt gewesen war, ihrer Gemeinde treu ergeben und immer bereit, in ihren Unterricht und ihre Musik eine Menge Arbeit zu investieren. Große Taten gab es keine zu nennen. Ihre Freundlichkeit und ihr Beitrag zum Gemeinwohl hatten sich in kleinen Gesten geäußert, die zu Lebzeiten unkommentiert geblieben waren, aber nun, nach ihrem Tod, Anerkennung fanden.
Der Gottesdienst war ergreifend. Unter den Blumenarrangements fiel eine aus weißen Nelken geformte Katze besonders auf. Fenwick sprach den Eltern sein Beileid aus, lehnte aber die Einladung zum Sussex-Äquivalent eines Leichenschmauses dankend ab. Er blieb in der Kirche, während Familie und Trauergäste zu den wartenden Autos gingen.
«Ich kann nicht glauben, dass sie nicht mehr da ist.» Octavia Anderson trat rechts neben ihn. «Sie war stets in vorderster Front – wusste immer, was sie wollte. Keine von uns hat es überrascht, dass sie Lehrerin wurde, und zwar eine gute Lehrerin.» Sie sprach mit Nachdruck.
«Sagt jemand, dass sie keine gute Lehrerin war?»
«O nein. Es ist nur so. Unter dieser Regierung scheint der Beruf des Lehrers etwas zu sein, das man verteidigen muss.»
«Mir gegenüber nicht. Haben Sie ihr während der Schulzeit sehr nahe gestanden?»
«Nun, ja. Wir standen uns schon nahe. In derselben Clique – Sie wissen ja, wie Mädchen als Teenager sind. Oder vielleicht nicht, Chief Inspector?»
Bei einer weniger attraktiven Frau wäre der Blick, den sie ihm zuwarf, albern gewesen, bei ihr wirkte er anzüglich.
«Meine Erinnerungen an Mädchen als Teenager sind überwiegend von Peinlichkeiten getrübt.»
«Wenigstens sind Sie ehrlich.»
«Wer gehörte noch zu der Clique?»
«Ich bin nicht sicher, ob ich mich genau erinnere, Kate, ich … oh, und Debbie. Dabei fällt mir ein, es wundert mich, dass sie nicht hier war, sie hat Kate immer sehr nahe gestanden.»
Fenwick blieb stehen und sah sie an. Sie wirkte aufrichtig.
«Dann wissen Sie es offensichtlich nicht. Mrs. Fearnside – Debbie – ist vor etwa drei Monaten verschwunden. Wir haben keine Ahnung, wo sie ist.»
«Verschwunden? Mein Gott!» Octavia wurde blass und streckte die Hand aus, um sich an einem Grabstein abzustützen. Sie schien innerlich zu schrumpfen und zu vergessen, dass sie noch Publikum hatte.
«Debbie auch …» Sie flüsterte fast unhörbar. «Mein Gott.»
«Was heißt‹Debbie auch›, Miss Anderson – haben Sie Grund zu der Annahme, es könnte ein Zusammenhang bestehen?»
«Was? Tut mir Leid. Was haben Sie gesagt?» Sie schien immer noch erschüttert und zutiefst verstört. Fenwick nahm sie am Ellbogen und führte sie zu einer Holzbank. Dort ließ er ihr Zeit, sich zu erholen.
Die Sonne hatte im Lauf des Gottesdienstes den Zenit erreicht und warf kurze dunkle Schatten vor die Grabsteine. Die Gräber verschwammen in fernem Hitzeflimmern, bevor das Auge die Begrenzungsmauer erkennen konnte. Dies war ein älterer Teil des Friedhofs, aber dennoch sehr gepflegt.
Octavia beruhigte sich allmählich, ihr Aussehen und ihre Gesten erlangten die vorherige Anmut zurück. «Tut mir Leid, Mr. Fenwick.» Aus ihrem Munde hörte sich sein Nachname unangemessen an. «Es war nur der Schock.»
«Kein Problem. Und wenn Sie mich nicht Chief Inspector nennen, würde ich Andrew bevorzugen.»
Ein herzliches Lächeln war sein Lohn.
«Glauben Sie, es könnte einen Zusammenhang zwischen Mrs. Fearnsides Verschwinden und dem Mord an Kate geben?»
Sie antwortete wie aus der Pistole geschossen. «Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen gibt. Es ergäbe keinen Sinn.»
«Ist den beiden während der Schulzeit irgendetwas passiert?»
Sie schüttelte entschieden den Kopf. «Mir fällt nichts ein. Wir waren ganz normale Schülerinnen. Es muss ein schrecklicher Zufall sein.»
Sie blieben noch eine Weile sitzen. Die Sonne schien brennend auf ihre dunkle Trauerkleidung. Das unablässige Summen der
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