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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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dann aber, dass sie in fünf Minuten sowieso wieder gehen würde. Bei dem Namen Plaistow läutete ein Glöckchen. Sie hatte eine Judith Plaistow vor Wochen am Telefon befragt – mit etwas Glück würde sie Smiths Geschichte jetzt gleich noch bestätigen können.
    Sie suchte ihre damaligen Notizen und die Telefonnummer heraus. Aus dem Gespräch war nicht hervorgegangen, dass Plaistow Katherine Johnstone besonders nahe gestanden hatte. Fünf Minuten später wusste sie, dass Leslie Smith gelogen hatte, was das vierte Mitglied der Gruppe betraf. Plaistow war keine drei Semester an der Schule gewesen und hatte keine engeren Beziehungen geknüpft. Nightingale vergaß das Pub und stand um 18.20 Uhr mit der Liste aller Mitschülerinnen erneut vor Mrs. Smiths Tür.
    Leslie Smith versuchte, die Tür gleich wieder zuzuschlagen, aber Nightingale verschaffte sich mit einem stabilen Schuh Größe sechs Zutritt.
    «Sie haben mich belogen, Mrs. Smith, und ich möchte wissen, warum.»
    «Mummy, Mummy, wer ist da?» Ein fünf- bis sechsjähriger Junge kam in den Flur gelaufen.
    «Bitte, die Kinder sind beim Abendessen, und ihr Vater kommt jeden Moment nach Hause. Es stört ihn, wenn ich nicht abgeräumt habe und sie ihre Pyjamas tragen.»
    «Je früher Sie meine Fragen beantworten, Mrs. Smith, desto früher bin ich wieder weg.»
    «Mummy, wer ist die Frau, und warum redet sie so mit dir?»
    «Geh zurück in die Küche und iss deine Kekse, Matthew. Wenn ich wiederkomme, möchte ich einen leeren Teller sehen – geh jetzt.»
    Sie führte Nightingale ins Wohnzimmer, unübersehbar schuldbewusst und niedergeschlagen. Nach einem nervösen Blick auf die Uhr legte sie ohne Umschweife los.
    «Tut mir Leid, dass ich Sie belogen habe. Ich weiß selbst nicht, warum, aber über Carol zu reden fällt mir immer noch schwer.»
    «Carol? Carol wer?»
    «Carol Truman. Sie war die Vierte im Quartett. Katherine war ganz vernarrt in sie, wie wir alle. Sie war sehr anziehend. Ein Mensch, wie man nicht viele im Leben kennen lernt, verstehen Sie?»
    «Sie sagen, war sehr anziehend. Warum?»
    Leslie Smith sah sie überrascht an und ließ sich mit der Antwort etwas Zeit. «Herrgott, hören Sie nie auf, Fragen zu stellen? Sie, sie ging weg. Hat die Schule verlassen. Die Familie ist ausgewandert oder so.»
    «Das ist nicht weiter beunruhigend, Mrs. Smith.»
    «Nein, es ist nicht nur das.» Mrs. Smith zögerte und suchte nach Worten. «Ich war gemein zu ihr, bevor sie ging, habe versucht, ihr den Freund auszuspannen. Sie hatte fast einen Zusammenbruch. Ich habe mir das nie verziehen.»
    «Verstehe, und Sie haben keine Ahnung, wohin sie gegangen ist, was sie jetzt macht? Was aus ihrer Familie geworden ist?»
    «Nein. Ich glaube, sie waren Farmer – ihre Familie ist wegen Geldsorgen ausgewandert. Mehr weiß ich nicht.»
    «Und Sie haben nie wieder etwas von ihr gehört?»
    «Nein.» Sie seufzte tief. «Wie sollte ich?»
    Leslie Smith sah Nightingale mit traurigen, wässrig-blauen Augen an. Entweder war die Frau eine ausgezeichnete Schauspielerin, oder ihre Betroffenheit war echt. Detective Constable Nightingale war geneigt, ihr zu glauben.
    Im Auto ging sie die Klassenlisten noch einmal durch; Carol Truman tauchte nach 1980 nicht mehr auf. Sie fühlte sich ausgelaugt und betrogen. Am Nachmittag hatte sie noch gedacht, sie wäre etwas auf der Spur, das sie weiterbringen würde. Sie besaß weder Fenwicks ausgeprägten Spürsinn noch Coopers jahrelange Erfahrung, aber einen messerscharfen, logischen Verstand und eine Akribie bei Ermittlungen, die ihre Mitstreiter an der Polizeischule rasend gemacht hatte. In Verbindung mit ihrem Blick für das Wesentliche und der Gabe, zu analysieren, zu kombinieren und zu schlussfolgern, hatte ihr das eine Stelle bei der Kripo eingebracht, auch wenn ihre «lineare Vorgehensweise» mitunter kritisiert wurde.
    Sie spürte, dass Fenwick Recht hatte. Der Zusammenhang zwischen Johnstone und Fearnside durfte nicht unberücksichtigt bleiben. Im Einsatzraum suchte sie ihre Notizen zu Carol Truman heraus und wurde aufs Neue enttäuscht. Den Notizen zufolge waren die Trumans 1980 nach Australien ausgewandert. Sie hatte bereits ein Fax an die australische Einwanderungsbehörde geschickt, aber die hatten niemanden dieses Namens aufspüren können, der in den genannten Monaten eingewandert war. Immerhin hatten sie ihr eine vollständige Liste sämtlicher Truemans und Trumans zukommen lassen, die 1980 ins Land gekommen waren;

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