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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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nicht auf die Tatsache ihres Verschwindens, sondern auf die Gründe dafür.
    War sie weggelaufen, entführt worden, Frauenhandel zum Opfer gefallen, hatte sie das Gedächtnis verloren, war sie versehentlich getötet und versteckt oder war sie ermordet wor den? War sie entführt und dann ermordet worden? Egal, wie – die Frage war: Warum jetzt? Angenommen, es gab eine Verbindung zu ihrer Schulzeit, was konnte ein Motiv sein, sie zu töten? Es gab kaum mehr als sechs Gründe für einen Mord: Habgier, Liebe, Hass, Rache, Eifersucht, Angst. Gab es ein Erbe von einer alten Lehrerin oder Freundin und eine der Erbinnen ermordete die anderen? Unwahrscheinlich, aber er würde es der Liste der Fragen für ein Verhör hinzufügen.
    Liebe oder Hass – hatte jemand eine verzweifelte Liebesaffäre gehabt und aus irgendeinem Grund all die Jahre gewartet, um die Person/Personen zu töten, die beteiligt gewesen waren? Ebenso unwahrscheinlich. Und wieso das Interesse an Octavia Andersons Brief? Dennoch würde er der Liste Fragen nach verflossenen Freunden hinzufügen.
    Angst – gab es ein dunkles Geheimnis, eine Schuld? Hatte jemand aus einem bestimmten Grund die Nerven verloren und beschlossen, alle Beteiligten zu töten, statt sich der Gefahr einer Bloßstellung auszusetzen? Diese Theorie konnte er nicht so leicht von der Hand weisen wie die anderen, aber sie erschien ihm doch weit hergeholt. Alle drei Frauen, Deborah, Kate, Octavia (vorausgesetzt, sie hatte überhaupt etwas damit zu tun), schienen eine normale Schulzeit und ein erfolgreiches Leben gehabt zu haben – aber er hatte schon zu viele Männer aus gutem Hause kennen gelernt, die ihre Frau prügelten, zu viele nette, vergewaltigende Onkel, zu viele höfliche Mörder, um sich von einer kollektiven Zurschaustellung guter Kinderstube ablenken zu lassen.
    Blieb Angst als Motiv, möglicherweise in Verbindung mit der Theorie eines dunklen Geheimnisses? Womit sein Gedankenstrom unweigerlich zu Rache geleitet wurde. In seinen Jahren bei der Polizei waren ihm nur drei Fälle untergekommen, bei denen ein Verbrechen durch Rache motiviert worden war, und bei allen waren Nachbarn im Spiel gewesen, die «es heimzahlen wollten». Bei einem hatte es sich um mutwillige Zerstörung gehandelt (Stein des Anstoßes ein Zaun, der abgerissen und zerstört worden war); bei einem um eine Anklage wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses (drei Pitbulls, die frei laufen und das öffentliche Kricketfeld beschmutzen durften, waren vergiftet worden); bei einem um schwere Körperverletzung (ein Backstein hatte, als Wurfgeschoss benutzt, nach einer abendlichen Grillparty einen verurteilten Verkehrsrowdy getroffen und ihm Nase und Schädel gebrochen).
    Er erinnerte sich an die Einzelheiten jedes Falls. Als Junge hatte er die Bücher von Agatha Christie verschlungen und bei jedem den Eindruck gehabt, als würden Kapitalverbrechen immer schwelende Rachegelüste zugrunde liegen. Daher hatte er am Anfang seiner Polizistenlaufbahn stets nach dem rachsüchtigen Täter gesucht und insgesamt nur diese drei gefunden.
    Seitdem betrachtete er Rache als Motiv mit kritischem Blick. Sie passte wie angegossen zu dem dunklen Geheimnis, aber es fiel ihm schwer zu glauben, dass Deborah Fearnside und Katherine Johnstone etwas getan haben könnten, das ihre Exekution rechtfertigte. Er war schockiert über das Wort, das ihm seine abschweifenden Gedanken präsentierten – so dramatisch und bedrohlich. Waren die Frauen wirklich wegen etwas exekutiert worden, das der Mörder als Verbrechen betrachtete? Die Vorstellung war faszinierend, aber höchst unwahrscheinlich. In den dunkelgrauen Stunden des frühen Morgens sank Fenwick schließlich in einen erholsamen Schlaf voller Träume.
     
    Der Dienstag begann als strahlender, sonniger Tag; leichter Wind und geringe Luftfeuchtigkeit machten die Hitze erträglich. Schon vor dem Frühstück überlegten außer Fenwick alle am Johnstone-Fall Beteiligten, wann sie am Nachmittag Schluss machen und den Sommertag genießen konnten.
    Der Anblick von Detective Sergeant Cooper, der mit einem Stück Kreide in der Hand am schwarzen Brett wartete, brachte alle auf den Boden zurück. Die Beamten mit der Aufgabe, enge Verwandte und Freunde zu vernehmen, wurden mit neuen Fragen nach Erbschaften, Freunden und dunklen Geheimnissen aus der Vergangenheit auf den Weg geschickt. Fenwick persönlich schilderte die weiteren Aufgaben, die ihm bei den Ermittlungen über die Klasse von 1980

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