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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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ihm ein paar Zähne ausgeschlagen.«
    »Wann war das?«
    »Kurz vor Weihnachten.«
    »Und als Sie sich wieder verstanden, da hat er trotzdem weitergemacht in der Lewandowski-Sache?«
    »O ja, sogar mit doppelter Kraft. Er war wie befreit und meinte, jetzt könne er es mit aller Welt aufnehmen.«
    »Es muss einen Auslöser gegeben haben«, murmelte ich. »Es muss einen Punkt gegeben haben, an dem Erich, nein, an dem zuerst Willi Metzger begriff, dass es einen Henker gibt. Kennen Sie diesen Punkt?«
    Sie kaute an dem Brot, trank einen Schluck Aquavit und nickte. »Ja, Professor Mente, Professor Walther Mente. Das war der Punkt.«
    »Aber Mente ist doch ermordet worden! Die französische Action Directe hat den Bekennerbrief geschrieben. Die haben geschrieben, dass sie es gewesen wären, die Mente in die Luft gejagt haben.«
    Vor Aufregung konnte ich nicht mehr stillsitzen. Ich zitterte regelrecht vor Spannung - ich wusste nur nicht, ob es Jagdfieber oder nackte Angst war.
    »Richtig, aber der Brief ist nicht echt gewesen.«
    Ich stotterte fast. »Aber … aber Mente war ein ganz großes Tier - Panzerbau, Flugzeugbau, Elektronik für Kriegszwecke. Die Franzosen haben ihn umgebracht und gesagt, sie hätten es für die westdeutsche RAF getan. Was hatte das mit Lewandowski zu tun?«
    »Metzger hat diese Version eben bezweifelt. Er war der Meinung, es sei nicht die Action Directe gewesen. Willi war überzeugt: Es war Lewandowski. Lewandowski habe die Notbremse gezogen und …«
    »Aber das würde heißen …«
    »Ganz richtig, das heißt es.«
    Sie lächelte verkrampft. »Das war Metzgers Geschichte, und das war auch der Punkt, an dem mein Mann dachte, der Metzger spinnt.«
    »Aber das ist doch Wahnsinn!«
    Sie lachte bitter, und ein Brotkrümel fiel von ihren Lippen. »Sehen Sie, diesen Wahnsinn hat Metzger nicht nur geglaubt, diesen Punkt konnte er schließlich sogar beweisen. Und da ist Erich vollkommen aus dem Häuschen geraten. Es war tatsächlich nicht die Action Directe, es war Lewandowski.«
    »Sind Sie eigentlich sicher, dass hier nicht irgendwelche Abhörvorrichtungen sind?«
    In diesem Moment schrillte ein Telefon. Es klang sehr entfernt, als käme es aus einem anderen Raum.
    »Das Telefon muss irgendwo auf dem Fußboden sein. Erich hat es meist im Papierkorb versteckt.«
    Dort fand ich es; die Baronin war dran. »Siggi, Beck hat gerade hier angerufen, hier in der Pension, und nach dir gefragt. Woher kennt er diese Adresse?«
    »Er hat dich verfolgen lassen, als du von hier aus dorthin gefahren bist. Hier rennen Leute über Garagen und fotografieren mich ganz offen. Mach dir nichts draus, ich komme bald.« Ich legte auf.
    »Das war Ihre Freundin?«, fragte Anna Guttmann.
    »Ja, sie wundert sich, dass die Bundesanwaltschaft uns aufgestöbert hat.«
    »Die haben alles, die wissen alles, die können alles. Die sind eiskalt.«
    »Sie sagten, Professor Mente war Metzgers erster Auslöser. Gibt es weitere?«
    »O ja. Den höchst christlichen Bundestagsabgeordneten Schmitz-Feller.«
    »Aber der ist doch auch tot! Herzinfarkt. Irgendwo in der Gegend von Kiel.«
    »Das stimmt schon, aber Metzger hat gesagt, es sei nicht der Infarkt gewesen, sondern Lewandowski.«
    »Werden wir hier wirklich abgehört?«
    »Ich glaube, jetzt nicht mehr. Aber hier waren Wanzen. Erich hat sie gefunden und die Toilette hinuntergespült. Dreimal sechs Stück. Erich hat gesagt, das wäre teuer für Vater Staat.« Unvermittelt begann sie wieder zu weinen, ein grausames, grelles Weinen diesmal. Sie wollte sich endlich nicht mehr wehren. Ich hätte weiß Gott was dafür gegeben, die richtigen Worte zu finden. Aber Worte konnten ihr sowieso nicht helfen.
    Ich kniete mich neben sie und nahm sie in die Arme. Ich hockte da, ganz steif und verkrampft, und fühlte sie zittern und lautlos schluchzen, bis sie einschlief. Ich ließ ihren Oberkörper vorsichtig auf die Tischplatte sinken, suchte ein Kissen und legte es ihr unter den Kopf. Dann ging ich.
     
    5. Kapitel
     
    Was bedeutet Kickeck? Ich hatte völlig vergessen, Anna Guttmann danach zu fragen, aber wahrscheinlich war die Antwort etwas Einfaches, oder es handelte sich um einen Hörfehler. Ich würde noch oft mit Anna Guttmann sprechen müssen, ich hatte eine ganze Reihe Fragen vergessen. Ich war nervös.
    In einem BMW, der in zweiter Reihe parkte, saßen zwei Männer und sprachen aufgeregt miteinander. Soweit ich erkennen konnte, beachteten sie mich nicht. Natürlich war weit und breit kein Taxi

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