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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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zu sehen, und ich überlegte, wo die nächste Telefonzelle sein mochte. Dann wurde mir bewusst, wie erfrischend der Regen wirkte, wie klärend die Nässe in meinem Gesicht. Ich ging also los, ich wollte den Weg durch die Kaiserstraße nehmen, den Hofgarten, dann den Belderberg - einmal quer durch das herrliche, bezaubernde, beschissene Bonn.
    Die Leute in dem BMW benahmen sich kindisch. Der Wagen schob sich langsam und lautlos immer ein bisschen dichter an mich heran. Es war wie in einem miesen amerikanischen B-Film.
    Ich beschloss spontan, ihnen ein Schnippchen zu schlagen, kalkulierte dabei ein, dass sie Funk im Wagen hatten und dass mit Sicherheit vor mir ein zweiter Wagen wartete - für den schrecklichen Fall, dass Baumeister unterwegs verloren geht. Ich bog also rasch in die Nassestraße ein, rannte bis zur Höhe des Studentenwerks und war mit drei Schritten in einer Garageneinfahrt, in der es so stockdunkel war, dass ich Mühe hatte, mir die Monaco zu stopfen. Ich rauchte gemächlich und dachte vor mich hin.
    Was bedeutet Kickeck?
    Die Nässe drang mir nach einer halben Stunde in die Schuhe, und ich dachte an Aufbruch, obwohl mir natürlich klar war, dass ich meine Verfolger noch längst nicht los war. Der BMW war bisher viermal in ziemlichem Tempo vorbeigekommen. Ich wollte sie auch gar nicht abhängen, aber sie sollten ruhig darüber nachgrübeln, was um Himmels willen ihr Zielobjekt in dieser Zeit getan haben könnte. Wo hatte es gesteckt, wo an den Grundfesten des Staates gesägt, welche Mitverschwörer getroffen? Ich war einfach nicht fähig, sie ernst zu nehmen.
    Ich schlenderte die Lennestraße hinunter, und hinter mir konnte ich das Triebwerk des BMW aufheulen hören. Ich könnte schwören, dass es erleichtert klang. Dann waren zwei Fußgänger hinter mir, und vor mir torkelte ein Pärchen übertrieben betrunken durch große Pfützen. Becks Leute hatten ihre Ruhe wieder.
    Vor der Pension im Rosental stand der Fotograf in einem Hauseingang, diesmal mit einer Videokamera. In der Dunkelheit hätte man sie für eine UZI halten können.
    »Soll ich wegen der Optik die Straßenmitte nehmen?«, fragte ich höflich.
    »Das ist wurscht«, sagte er, »wo waren Sie denn die ganze Zeit?«
    »Beim Kanzler, mich beschweren.«
    »Aha.« Er grinste.
    »Gute Nacht, ich werde jetzt schlafen gehen.«
    »Angenehme Nachtruhe.« Er nahm die Kamera von der Schulter und winkte dem BMW.
    »Mann, was seid ihr doch alle für arme Irre«, sagte ich. Ich war wütend; ich war durchgefroren, ich hatte den Fehler gemacht, sie überhaupt wahrzunehmen. Ich war so dumm gewesen, sie zu reizen, und ich wusste genau, dass ich im Ernstfall keine Chance gegen sie haben würde.
    Die Baronin saß mit gekreuzten Beinen in einem weißen Jogginganzug auf dem Bett und hatte dem Aschenbecher nach zu urteilen mindestens zwanzig Zigaretten geraucht. Sie sah mich erwartungsvoll an und sagte: »Ich war noch bei Claudia Groß. Ich habe sie aus dem Bett geholt und mir Fotos von Metzger geben lassen. Ich musste irgendetwas tun, diese Warterei ist ekelhaft. Was hat die Guttmann erzählt, wusste sie was?«
    »Moment«, sagte ich. Die Bilder von Willi Metzger lagen auf dem Tisch, und ich nahm eines in die Hand. Metzger war ein etwas dicklicher Mann gewesen, mit brauner Haartolle über einer steilen Stirn und sehr kühl und misstrauisch blickenden Augen. Um einen kleinen, schmalen Mund zogen sich Linien, die verrieten, dass er einiges mit sich und dieser Welt erlebt hatte. Er lachte, aber das Lachen schien so vage, als habe er gelernt, sofort damit aufzuhören, es auszuknipsen wie eine Lampe. Er wirkte sympathisch, aber auch wie ein Einzelgänger. Auf keinen Fall hätte ich ihn für einen Mann gehalten, der sich in eine Spionagegeschichte mischen würde.
    »Was hat Anna Guttmann gewusst?«, fragte die Baronin. Ich legte den Zeigefinger an die Lippen, machte das Radio an und flüsterte an Nat King Coles Version von The Girl from Ipanema vorbei: »Vielleicht Wanzen. Sie hat eine Menge erzählt, und ich habe Hunger.«
    »Es ist nur eine Tafel Schokolade da.«
    Ich erzählte flüsternd das Wesentliche von dem, was Anna Guttmann gesagt hatte, und die Baronin wurde immer verstörter. Als ich fertig war, schien sie einer Panik bedenklich nahe. Sie zischte: »Das hat keinen Zweck! Die Geschichte stehen wir nie durch! Lass uns aufhören! Das ist viel zu gefährlich!« Dann schwieg sie beharrlich; sie war ganz blass und starrte an die Decke.
    »Du bist auch noch sauer,

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