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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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eigentlich nicht. Ich will Sie noch einmal nach Reimer und Ellen Strahl fragen. Die beiden bildeten ja wohl den so genannten Henkerstab. Hat Ihr Mann sie Ihnen jemals beschrieben?«
    »Das brauchte er gar nicht, denn es gab ja Fotos. Metzger hat heimlich Fotos von ihnen gemacht. Haben Sie die denn nicht gefunden?«
    »Nein. Aber ich habe hier zwei Aufnahmen, die möglicherweise etwas hergeben. Neben Lewandowski, der junge Mann. Sehen Sie, da!«
    »Ja, das ist Reimer. Das sind die Fotos, die Metzger meinem Mann als Beweis brachte.«
    »Gut. Sagen Sie, wann ist die Beerdigung?«
    »Übermorgen, fünfzehn Uhr, Bonn-Süd. Wenn Sie auch kämen, wäre mir das ein großer Trost. Ich brauche Freunde.«
    »Wir werden natürlich da sein«, sagte die Baronin. Dann fiel ihr noch etwas ein. »Frau Guttmann, können Sie uns diese Ellen Strahl beschreiben?«
    Anna Guttmann nahm die Lesebrille von der Nase und reinigte sie übertrieben gründlich mit einem Papiertaschentuch. Dann sagte sie. »Ich weiß nicht recht. Das Markanteste an ihr ist wohl, dass nichts an ihr markant ist. Ich meine, wenn sie wirklich eine professionelle Killerin ist, würde man sie sich doch irgendwie extrem vorstellen, irgendwie exotisch. In Wirklichkeit sieht sie eher aus wie die Friseuse von nebenan. Eine Blondine um die Dreißig, nicht hübsch, nicht hässlich, vielleicht ein bisschen bieder. Das Extremste, was man sich bei ihr vorstellen könnte, ist, dass sie Robert Redford anbetet und nicht entscheiden kann, ob der Kinderwagen bonbonrosa oder weiß sein soll.«
    »Das ist aber bissig«, meinte die Baronin anerkennend.
    »Mag sein«, sagte Anna Guttmann, »aber so sieht die Dame nun mal aus. Allerdings sagte Erich: >Wenn man sie ansieht und beobachtet, wie sie sich bewegt, wird man vorsichtiger in seinem Urteil.< Sie gleitet nämlich wie eine Schlange. Und er hat auch gesagt, dass diese Frau jemanden mit einem einzigen Schlag töten kann und dass sie das auch schon getan hat.«
    »Hat Erich diese Ellen Strahl denn je gesehen?«
    »Ja, mehrfach. Einmal ist sie ihm sogar per Zufall über den Weg gelaufen.«
    »Wo?«
    »In Godesberg, aber Genaueres weiß ich nicht.«
    »Okay. Die nächste Frage: Metzger brachte als Beweis für seine Henker-Theorie diese beiden Fotos mit Lewandowski und Reimer. Er muss aber vorher schon die Wahrheit geahnt haben. Wissen Sie denn, was ihn überhaupt auf die Idee brachte, es könnte einen Henker geben?«
    »Nein, das weiß ich nicht. Warten Sie mal… ich muss überlegen. Kennen Sie eigentlich Rasputin?«
    »Die historische Gestalt?«, fragte die Baronin schnell.
    »O nein, ich meine unseren Rasputin. Wir nennen ihn Rasputin, weil sein russischer Name so kompliziert ist. Mit Vornamen heißt er Pjotr. Wir nennen ihn Rasputin, und Erich nannte ihn immer Peter. Das ist aber komisch, dass die Freundin von Metzger Ihnen von Rasputin nichts gesagt hat.«
    Die Baronin meinte: »Die Freundin von Metzger weiß nichts, absolut nichts. Sie ahnt nicht einmal, dass es so etwas wie einen Henker gibt.«
    »Nun, vielleicht war das sogar klug«, meinte Anna Guttmann. »Also: Wenn Sie Rasputin nicht kennen, wissen Sie ja eigentlich gar nichts.« Sie wandte sich an die Baronin: »Dieser Baumeister ist ja ein strohtrockener Kerl, aber Sie - trinken Sie wenigstens einen Schnaps mit mir?«
    »Na sicher«, sagte die Baronin. »Erzählen Sie von Rasputin.«
    »Kramen Sie mal da hinter den Büchern. Da muss eine Flasche stehen. Und Gläser sind auch irgendwo.« Anna Guttmann sah jetzt erschöpft aus. Unter ihren Augen lagen wie traurige Kränze eine Unmenge Falten und dunkle Schatten. Ihre Schultern waren nach vorne gesunken, als sei das alles zu schwer für sie gewesen.
    »Warum haben Sie Rasputin bisher nicht erwähnt?«, fragte ich, bemüht, nicht zu ungeduldig zu klingen.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht, weil meine Welt im Moment erstarrt ist, wie aus Glas. Ich stehe manchmal vor dem Spiegel und frage mich, wer ich bin. Und meistens denke ich an etwas ganz anderes als das, was ich sage. Aber ich will von Rasputin erzählen.« Sie trank von dem Schnaps, biss in ein sichtbar altes Brötchen und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Ich sagte ja schon, dass Erich anfangs dachte, Metzger sei ein Spinner. Dann kam Metzger aber mit diesen Fotos, die alles umstießen. Und dann wussten sie nicht mehr weiter, bis Erich auf die Idee kam, besonders die Russen müssten doch eigentlich an einem Henker in Bonn interessiert sein. So kam der Kontakt mit

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