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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Erinmore!«
    Er nickte und grinste. »Das ist der Vorteil bei den Hausbesuchen. Ich kann rauchen und die Patienten können sich nicht wehren. Was haben wir denn da?« Er schlug die Bettdecke zurück. »Ihre Frau hat mir erzählt, Sie hätten mit einem Revolver gespielt. Dann glauben wir das mal und machen den Verband ab. Wer hat das Ding rausgeholt?«
    »Mein Arzt in der Eifel.«
    »Haben Sie Schmerzen?«
    »Ja.«
    Er nickte und wickelte den Verband ab. Die letzte Lage Mull ließ er liegen, sie war schwarzverklebt. Er tastete das Bein ab und nickte zufrieden. »Keine Entzündung. Wollen Sie eine Pfeife rauchen?« Er war ein raffinierter Hund. Er ließ die Hand an dem verklebten Verbandmull, drehte den Kopf weg, und ich fiel darauf herein. Es gab einen scharfen, stechenden Schmerz. Dann hielt er den Mull wie eine Trophäe hoch und grinste. »Jetzt kriegen Sie eine Pfeife.«
    Er verband mich erneut, und als er ging, kam die Baronin und brachte Brot und Käse und Tee. »Du solltest den Tag im Bett bleiben.«
    »Hast du einen Wagen?«
    »Ja, einen Golf. Bist du einverstanden, dass ich alles aufschreibe und dem Anwalt schicke? Die Filme müssen entwickelt werden.«
    »O ja. Aber wann willst du schlafen?«
    »Ich kann nicht schlafen, Baumeister. Wir sollten aus der Geschichte aussteigen.«
    »Hat der Golf eine Bonner Nummer?«
    »Nein, eine Frankfurter. Du willst doch nicht etwa aufstehen?«
    »Ich muss.«
    Sie verzog den Mund. »Du solltest mir wenigstens sagen, was du vorhast.«
    »Wir haben eine spannende Geschichte zu erzählen, aber die Beweislage ist zu mager. Wir müssen jetzt an zwei Menschen heran: an den Russen Rasputin und an die Ehefrau des Abgeordneten Schmitz-Feller.«
    »Du willst also zu dieser Frau?«
    »Ja. Und du musst zu Guttmanns Beerdigung.«
    »Wann fährst du?«
    »Jetzt.«
    »Baumeister, versprich mir, dass du mich ständig anrufst. Sonst werde ich verrückt hier.«
    Ich fuhr zwanzig Minuten später. Es war neun Uhr, der Himmel war wolkenverhangen. Der Wind trieb nasses Laub über die Straßen. Ich erwischte mich, dass ich viel zu schnell fuhr und viel zu häufig in den Rückspiegel sah. Ich dachte verärgert, dass mir der Bundesanwalt Beck samt seiner Truppe den Buckel herunterrutschen könne. Aber dann fuhr ich nach dem Meckenheimer Kreuz doch den ersten Parkplatz an und wartete auf irgendein Zeichen, während ich mir die Royal Rouge von Stanwell stopfte und anzündete.
    Auf dem Parkplatz gibt es weder Bäume noch Sträucher, weil dieser Teil der Autobahn im Kriegsfalle ein Flugplatz der Militärs sein wird; da ist jeder Busch im Weg. Außer mir stand dort nur noch ein schwerer Volvo-Intercooler, dessen Fahrer das bei diesem Wetter einzig Richtige tat: Er vergnügte sich mit einem splitternackten braunhaarigen Mädchen, das ganz offenkundig zu mir hinblinzelte. Der Fahrer bedeutete dem Mädchen, in die Koje zu klettern, dann waren sie verschwunden, aber es war tröstlich zu wissen, was sie gegen die Kälte dieser Welt unternahmen.
    In Koblenz wechselte ich wenig später auf die Autobahn 3 nach Frankfurt, hängte mich hinter einen schnellen Laster und ließ mich treiben. Am Frankfurter Kreuz ging ich auf die A 67 und zuckelte über Hahn, Elnhausen und Viernheim nach Mannheim.
    Frau Schmitz-Feller wohnte im Industriegebiet in der Neckarau. Es war ein ziemlich großes, luxuriöses Einfamilienhaus mit einem sehr schmalen Vorgarten. Da standen, verteilt wie Soldaten, vier kleine Blautannen. In der Garageneinfahrt parkte ein schwarzer Mercedes TD. Die Fenster des Hauses waren mit schnörkeligen, dünnen Vierkanteisen vergittert, bei dem nicht klar war, ob es als Schmuck oder zur Sicherheit diente. Ich schellte. Das Mädchen, das öffnete, war etwa zwölf.
    »Baumeister. Ich komme aus Bonn. Ich möchte Frau Schmitz-Feller sprechen.«
    »Meine Mutter ist nicht da.« Sie hatte die Tür nur einen Spalt geöffnet.
    »Kommt sie denn wieder?«
    »Ja. Sie rechnet die Schicht ab. Ich weiß nicht, wann sie kommt.«
    »Dann warte ich im Auto.«
    Unschlüssig sah sie mich an. »Ich darf eigentlich keinen reinlassen. Wieso aus Bonn? Hat das was mit meinem Vater zu tun?«
    »Ja, das hat es.«
    »Aber… Sie können vielleicht doch hereinkommen.« Sie öffnete die Tür und winkte mich nervös herein. Sie hatte ein feingeschnittenes Gesicht und war recht hübsch. Aber irgendwie wirkte sie wie das elegant angezogene Püppchen eines Erwachsenen. Sie trug ein weißblau gestreiftes Kleidchen zu weißen Kniestrümpfen und

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