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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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schwarzen Lackschuhen.
    »Findet hier eine Feier statt?«
    »Nein. Warum?«
    »Weil du so feierlich angezogen bist.«
    »Mama besteht darauf, wenn ich zu Hause bin. Ich mag Jeans viel lieber. Möchten Sie ins Wohnzimmer kommen?«
    »Bist du denn selten hier?«
    »Ja, ziemlich selten. Ich bin auf einem Internat. Sie können sich da auf einen Stuhl setzen.«
    Der Raum kam einem wie ein Plüschkabinett vor. An der Wand hingen zwei Ölgemälde: ein Hirsch in einem Erlenbruch und ein balzender Auerhahn vor Wacholder. Die antiken Stühle und die beiden Sofas waren mit weinrotem Brokat bespannt. Es roch nach nichts.
    »Darf ich denn rauchen?«
    »Ja, von mir aus. Wieso rauchen Sie, wenn Sie wissen, dass das Krebs gibt?«
    »Das hat etwas mit der verrückten Überzeugung des Einzelnen zu tun, dass es ihn selbst ausgerechnet nicht erwischt. Außerdem schmeckt es mir gut.« Ich stopfte mir die Prato von Lorenzo.
    »Papa rauchte nie. Mama raucht nur, wenn sie nervös ist. Haben Sie in Bonn mit meinem Vater zusammengearbeitet?«
    »Nein. Ich kannte ihn gar nicht.«
    »Anfangs kamen manchmal Leute aus Bonn, jetzt nicht mehr.« Sie hockte sich auf ein Sofa, wobei sie über die Falten ihres Kleidchens strich. Dann faltete sie die Hände im Schoß und blickte mich aufmerksam an. Sie war eine sehr ruhige kleine Person, und ich fragte mich, wie viel Anstrengung sie das kosten mochte.
    »Was für eine Schicht rechnet deine Mutter denn ab?«
    »Wir haben Restaurationsbetriebe. Die Frühschicht wird immer mittags abgerechnet.« Dann hatte sie eine Idee. »Ich könnte Ihnen ja einen Kaffee machen.«
    »Das wäre toll.«
    Wir gingen in die Küche, die genauso mit antikem Schnickschnack vollgestellt war. Sie hantierte an der Kaffeemaschine. »Haben Sie auch Kinder?«
    »Nein.«
    »Wollen Sie welche?«
    »Durchaus. Ich habe in der letzten Zeit viel über Kinder nachgedacht.«
    »Kinder haben es gut, wenn sie zu Hause sind«, sagte sie. »Mein Vater war immer unterwegs. Deshalb musste ich auch ins Internat.«
    »Bist du gern dort?«
    »Na ja. Können Sie den Kaffee umgießen? Was haben Sie denn für einen Beruf?«
    »Ich bin Journalist.«
    Ich goss den Kaffee in die Kanne, und dann bemerkte ich, dass das Mädchen mich plötzlich misstrauisch ansah. »Stimmt etwas nicht?«
    »Mama hat gesagt, ich darf nicht mit Journalisten sprechen.« Sie öffnete den Eisschrank und goss sich eine Cola ein.
    Das Glas stellte sie auf das Tablett zu meinem Kaffee und trug es hinüber ins Wohnzimmer. Sie setzte sich sittsam auf das Sofa und sah aus dem Fenster.
    »Kann es lange dauern, bis deine Mutter zurückkommt?«
    »Eigentlich müsste sie schon da sein. Sind Sie verheiratet?«
    »Noch nicht.«
    »Aber Sie sind schon alt.«
    »Ja.«
    »Wollen Sie Ihre Kinder auf ein Internat schicken?«
    »Nein. Auf keinen Fall.«
    »Oh, da kommt Mama.« Sie sprang auf und lief in den Flur hinaus. Zuerst kam ein Kerl herein und sah mich misstrauisch an. Hinter ihm sprachen Tochter und Mutter leise miteinander. Dann sagte die Mutter tonlos: »Tut mir Leid, aber ich dachte, meine Aussage sei eindeutig. Keine Interviews.«
    »Wie bitte?«, fragte der große Mann aggressiv. Er hatte eine Fresse wie ein altgewordener Boxer, den man ein paarmal zu oft verprügelt hatte. Wie ein mieser Dandy trug er schneeweiße Lederhandschuhe und einen mattgrauen Leinenanzug. »Ein Pressefritze?« Er machte einen Schritt auf mich zu und packte mich an der Jeansjacke. »Die Chefin hat nichts übrig für euch Schmierfinken!«
    »Aber …«
    »Nix aber, mein Junge. Wenn die Chefin sagt nein, dann ist nein.«
    »Gotthilf!«, murmelte die Schmitz-Feller in sanftem Tadel.
    Mit einem kurzen kraftvollen Stoß warf er mich zurück in den Sessel. »Hau ab, mein Junge, bevor die Chefin wirklich wütend wird.«
    »Mama, der Herr ist aber aus Bonn«, sagte die Kleine.
    »Aus Bonn?« Die Frau des Bundestagsabgeordneten Schmitz-Feller war eine zierliche, dunkelhaarige Frau, sehr adrett, nur ihre Augen waren schmutzigbraun.
    »Ich will auch kein Interview. Ich will nur mit Ihnen sprechen.«
    »Simsalabim!«, dröhnte der Boxer Gotthilf. »Nur ein wenig plaudern, und schon steht es alles exklusiv in der Nachtausgabe.«
    »Nein!«, brüllte ich. Ich wurde wütend. Mein Bein schmerzte höllisch, und diese Boxerfresse ging mir wirklich auf die Nerven. »Ich will nur mit Ihnen sprechen, Frau Schmitz-Feller, gewissermaßen ganz privat.«
    »Sie wollen wirklich kein Interview?«
    »Nein, ich will mit Ihnen über Ihren

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