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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Tasche, ich habe sie geöffnet. Außerdem legte ich einige persönliche Papiere hinein.«
    »Und daran besteht kein Zweifel?«
    »Kein Zweifel. Ich war nicht aufgeregt, ich war nur müde und legte mich aufs Bett. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, und eine junge Frau stand im Zimmer. Sie war schlank und blond und trug Jeans. Sie sagte, sie müsse meinem Mann sofort den Safekoffer bringen. Ich wusste sofort, dass das nicht stimmt, und sagte, der Koffer sei in Bonn. Aber sie hörte mir gar nicht zu, sondern stöberte im Zimmer herum und fand die Tasche. Sie nahm sie und rannte damit hinaus. Ich war ganz verwirrt. Zwei oder drei Minuten später kam die Nachricht vom Tode Rolfs.«
    »Haben Sie jemals öffentlich Zweifel an einem natürlichen Tod Ihres Mannes geäußert?«
    »Nie. Ich wusste, dass das keinen Zweck hat. Meine Freunde hatten ja keine Ahnung, dass wir das Land endgültig verlassen wollten. Was glauben Sie denn, wie man ihn umgebracht hat?«
    »Das weiß ich nicht genau. Ich vermute, durch einen einzigen gezielten Schlag. Es gibt Leute, die das können. Haben Sie denn irgendetwas unternommen, um herauszufinden, was wirklich geschehen ist?«
    »Ich habe den Generalbundesanwalt angerufen. Ich habe ihm mein Leid geklagt und so ganz nebenbei gefragt, ob denn die vielen wichtigen Unterlagen, die er bei sich hatte, auch alle sichergestellt worden seien. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein Generalbundesanwalt ein solcher Schwachkopf ist. Er hat mich getröstet, als wäre ich ein schwachsinniges Kind. Dann sagte er wörtlich: >Wir haben alle Unterlagen wiederbekommen …< Das muss man sich einmal vorstellen.«
    »Und seitdem glauben Sie, dass Ihr Mann getötet wurde?«
    »Natürlich. Ich rief auch Rasputin an. Er war nicht auf Rolfs Beerdigung gekommen. Er war unheimlich bedrückt und sagte, das alles tue ihm schrecklich Leid. Er wusste nicht, dass Rolf ihm den Raketenvertrag mitbringen wollte, er sagte nur: >Den hat sich die Regierung zurückgeholt!< Da war ich sicher, dass Rolf ermordet worden war.«
    Als ich sie verließ, lächelte die gute Frau Schmitz-Feller sogar. Vielleicht hatte sie sich wirklich was von der Seele geredet. »Grüßen Sie mir Ihren teuren Gotthilf«, sagte ich noch zum Abschied. Von einem Rastplatz aus rief ich einen Kollegen bei der Nachtausgabe an und erkundigte mich beiläufig, ob er wisse, warum die Witwe des Bundestagsabgeordneten Schmitz-Feller so eine Heidenangst vor Journalisten habe.
    »Das weißt du nicht?« Er lachte. »Die Familie betreibt gewisse Etablissements, die man gemeinhin Puff nennt.«
    Im Haus der Guttmanns waren noch eine Menge Beerdigungsgäste. Eine Weile suchte ich die Baronin, bis ich sie in der Küche entdeckte. Sie hockte mit dem jüngsten Sohn der Guttmanns auf der Holzbank und hielt seinen Kopf an ihre Brust gepresst. Der Junge weinte, und ich schloss die Tür wieder.
    Ich stieg zu unserem Zimmer hinauf. Ich musste zwei Schmerztabletten nehmen, weil es in meinem Bein wieder wie wild zu pochen begann. Dann diktierte ich, was die Frau Schmitz-Feller mir erzählt hatte. Das Band verstaute ich in einem Umschlag und adressierte ihn an den Anwalt in Köln. Als ich endlich fertig war, legte ich mich auf das Bett und döste. Wüste Bilder trieben durch meinen Kopf: Reimer jagte mich mit einem langen Buschmesser durch endlose graue Korridore.
    Die Baronin befreite mich von diesem kafkaesken Wachtraum. Sie legte sich neben mich und starrte gegen die Decke. »Hat die Frau etwas gewusst?«
    Ich erzählte ihr alles und begann mich wohler zu fühlen. »Und wie war die Beerdigung?«
    »Schrecklich, wie alle Beerdigungen.«
    »Sind Reimer und Strahl aufgetaucht?«
    »Nein. Aber der Bundesanwalt Beck beglückte uns mit seiner Anwesenheit. Als ich ihn sah, dachte ich: Er ist gekommen, um uns zu verhaften. Aber er war freundlich. Er will uns beide morgen früh um zehn Uhr bei sich sehen.«
    »War es schwer für Anna Guttmann?«
    »Als der Pfarrer sagte, Erich Guttmann habe gern gelebt und gern gelacht, schluchzte sie kurz. Ansonsten war sie sehr gefasst.« Plötzlich griff die Baronin meine Hand. »Du, Baumeister«, sagte sie mit veränderter Stimme, »manchmal macht die ganze Sache mir Angst.«
    Jetzt hätte ich etwas Beruhigendes sagen müssen, doch ich lächelte nur stumm. Zum Glück klopfte es im selben Augenblick. Anna Guttmann kam herein. Sie lächelte erschöpft und murmelte: »Sie haben Besuch, Rasputin ist gekommen. Er tut recht

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