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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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geheimnisvoll.«
    »Schicken Sie ihn rauf«, sagte die Baronin.
    Nach einer Weile klopfte es zaghaft. Als er hereintrat, lächelte er unsicher. Rasputin war ein kleiner, schmaler Mann von vielleicht fünfzig Jahren. Er trug einen dunkelblauen Anzug mit einem schwarzen Rollkragenpullover, hatte schütteres, graues Haar und sah ein wenig aus wie eine Zweitausgabe von Charles Aznavour.
    »Das ist die Baronin, mein Name ist Baumeister. Können Sie uns einen Namen geben, der nicht ausgerechnet Rasputin ist?«
    Er beugte sich vor, sah uns strahlend an und schloss die Augen für einen Moment, als sei er ein Priester, dem ein glückliches Brautpaar gegenüberstand. Ich lächelte zurück, die Baronin begann neben mir hin und her zu rutschen.
    »Zugegeben«, sagte er feierlich mit einem Hauch Verlegenheit, »mein Name ist für Europäer fürchterlich, aber man nennt mich auch noch Pjotr. Darf ich mich setzen?« Er hatte eine tiefe Stimme wie der deutsche John Wayne. »Ich wollte Sie sprechen«, fuhr er fort. »Ich habe Metzger und Guttmann gekannt. Auch Lewandowski war mir kein Unbekannter.« Er strahlte wieder. »Leider hat Lewandowski mich nicht gekannt.«
    »Hat er nicht?«, fragte ich schnell.
    »Er war ein geheimnisvoller Mann«, erklärte er. »Man konnte ihn nicht treffen. Dabei hätte ihm das das Leben retten können.«
    Die Baronin murmelte: »Ich mag Männer in Geheimdiensten nicht. Gehören Sie einem Geheimdienst an, Pjotr?«
    »O nein, gnädige Frau, ich bin ein bedeutungsloser Beigeordneter unseres verehrten Kulturattaches, ich bin sozusagen ein beamteter Tolstoi-Exporteur. Lewandowski hat mich nur am Rande interessiert, sozusagen rein menschlich.«
    »Es wird erzählt, Sie seien in Bonn ein Russe mit Macht.«
    Er lachte. »Nein, Herr Baumeister, ich besitze keine Macht.«
    »Aber Sie kennen sich aus.«
    »Mag sein, aber erwarten Sie nicht zu viel von mir.« Er zog eine Schachtel Gauloises aus der Tasche und zündete sich eine an. Charles Aznavour stand wieder vor mir.
    »Ich besorge uns Whisky«, sagte die Baronin.
    Rasputin war ein verwirrender Mann. Er wirkte freundlich und gutmütig und zugleich eiskalt. Selbst wenn er lachte, sahen seine Augen wie zwei dunkle, unergründliche Höhlen aus.
    »Lieben Sie Bonn?«, fragte er mich unvermittelt.
    »Mehr als das protzige, neuerdings wieder machtstrotzende Berlin. Und Sie?«
    »Ich hasse es und liebe es. Und wenn ich gehen muss, wird es mir fehlen.«
    »Zumindest wird man Sie nicht abziehen, ehe die Akte Lewandowski nicht geschlossen ist«, sagte ich. Ich stopfte mir die Chacom.
    »Das ist richtig«, bestätigte er. »Und es wird noch eine Weile dauern, ehe wir sie schließen können.«
    »Wie lange, glauben Sie?«
    »Nun, nehmen wir an, alle Beteiligten sind identifiziert, von dem Zeitpunkt an wird es noch ein Jahr dauern. Aber es kann auch später werden, wenn etwas dazwischenkommt.«
    »Was könnte dazwischenkommen?«
    »Zum Beispiel Journalisten, die das Tun und Treiben des Herrn Lewandowski beschreiben und so einen Skandal auslösen. Dann dauert es zwei Jahre.«
    »Mit anderen Worten: Sie verlangen von mir einen Skandal, damit Sie länger in Bonn bleiben können?«
    Er grinste. »Durchaus, mein Freund, durchaus. Ich hörte, Sie haben mit Ihrem Bein einen Fremdkörper aufgefangen?«
    »Ja. Irgendwer hat mir ins Bein geschossen. Woher wissen Sie das?«
    »Wir haben unsere Quellen«, murmelte er bescheiden. »Wissen Sie auch, wer der Tote in meinem Garten in der Eifel war?«
    »Ich hörte andeutungsweise, dass er ein Fahnder des rheinland-pfälzischen Landeskriminalamtes war.«
    »Arbeiten Sie gern an solch ekelhaften Geschichten?«
    Er hielt sich die rechte Hand vor den Mund und bewegte die Finger sehr schnell, wie ein Pianist, der Übungen macht. »Wissen Sie, Herr Baumeister, ich hasse jede Form von Brutalität. Aber ich gebe zu, dass es mich fasziniert, die Brutalität des Herrn Lewandowski zu beobachten. Ich gebe auch zu, dass es mich unendlich gefreut hat, zu erleben, dass jemand hinging und ihn wie eine Ratte totschlug. Ich hätte es gern selbst getan. Aber ich bin nur Beobachter.«
    »Nehmen wir an, jemand bietet Ihnen so viel Macht, wie Lewandowski besaß. Was tun Sie?«
    »Diese Macht würde mich zerstören, sie hat ja auch Lewandowski zerstört.« Er zündete sich eine nächste Zigarette an.
    Die Baronin kam und setzte den Whisky ab. »Da unten geht es zu wie auf einer Hochzeit. Es wird viel gelacht. Worüber sprecht ihr?«
    »Darüber, dass Piotr

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