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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker
Autoren: Jacques Berndorf
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wir damals hier hatten. Harald Forst hieß er. Anfangs hatten hier einige Kollegen vor, Angelikas Fall privat zu untersuchen und dann zur Staatsanwaltschaft zu geben. Aber erstens wurden sie offiziell aufgefordert, die Finger davon zu lassen, und zweitens war die Leiche Angelikas plötzlich aus der Anatomie verschwunden und im Krematorium. Ich habe Schmitz und Forst gehasst damals. Ich glaube, ich hasse sie immer noch.«
    »Was passierte dann?«
    »Ich weiß nicht mehr viel. Forst war beim Verfassungsschutz und Schmitz auch. Soweit ich gehört habe, blieben sie da aber nicht lange. Irgendwann war Schmitz weg, spurlos verschwunden sozusagen, und Forst trat praktisch gleichzeitig aus dem Staatsdienst aus … Ich habe später, als … na ja, Forst kriegt eine Rente, wie ein richtiger Rentner. Ich meine, irgendetwas riecht da ziemlich faul.« Sie war unsicher geworden, wahrscheinlich hatte sie so viel nicht sagen wollen und war jetzt erschreckt über sich selbst.
    Ich überlegte einige Sekunden. »Frau Steffen, Sie müssen mir nicht erklären, dass Sie unter dem Tod Angelikas gelitten haben. Es ist doch verständlich, dass Sie weiter hinter Schmitz und Forst hergewesen sind. Sie haben also den Weg der beiden noch ein wenig im Auge behalten?«
    Sie hielt den Kopf gesenkt. »Ja. Aber ich habe mich lange nicht mehr darum gekümmert. Und deshalb gehe ich jetzt den Computer fragen. Verdammt, jetzt ist es egal, jetzt will ich es wissen.«
    Mir war klar, dass es sie mindestens den Job kosten würde, wenn irgend jemand mitbekam, wie sie sich unbefugt Zugang zu geheimen Daten verschaffte. Aber sie wusste genau, was sie tat, und ich brauchte sie. Ich konnte ihr nur viel Glück wünschen.
    Plötzlich fiel mir etwas ein. Ich rannte hinter ihr her und erwischte sie noch gerade vor der Treppe. »Hören Sie, Lewandowski, also Schmitz meine ich, war ein C-16-Mann, einer, der für diesen Staat insgeheim arbeitete. Können Sie den Computer fragen, ob dieser Harald Forst auch …?«
    »Mach’ ich«, sagte sie und ging weiter.
    Ich lief den endlosen Flur auf und ab; ich versuchte, mir eine Pfeife zu stopfen, und sie zog nicht; ich sah jede Minute dreimal auf die Uhr. Ich kam mir ziemlich hilflos vor. Schließlich wartete ich wieder in ihrem Zimmer.
    Endlich kam sie zurück. »Ich habe es nicht ausdrucken lassen können. Mein Computerfreund sagt, dass wir dann beide gefeuert würden. Aber ich habe auswendig gelernt, was auf dem Bildschirm stand. Schmitz hat den Verfassungsschutz 1970 verlassen. Und es stimmt, dass er ein C-16-Mann war. Harald Forst hat den Verfassungsschutz tatsächlich zum gleichen Termin verlassen, ist gleichzeitig aus dem Staatsdienst ausgeschert und - jetzt kommt es! - kriegt seither das volle Ruhegehalt eines Polizeirates, der bei normaler Laufbahn erst mit sechzig Jahren ausscheidet. Ganz schön komisch, wie?« Sie kniff die Lippen zusammen. »Da stand weiter, dass Harald Forst jetzt in der Thomasstraße in Bonn wohnt, Nummer 38 b. Schreiben Sie sich das auf? Und dann steht da noch, dass er jetzt einen Direktorenposten im Verband der Deutschen Molkereien e. V. in Bonn hat, in der Meckenheimer Landstraße 87.« Sie grinste. »Eigentlich wollte der Computer nichts sagen, aber wir haben ihn getrickst.«
    »Danke.«
    »Schon gut. Noch etwas: Harald Forst ist auch ein C-16-Mann. Ich meine damit nicht, dass er einer war, sondern dass er einer ist!« Sie lächelte verschwörerisch. »So ein bisschen habe ich ja gedacht, Sie spinnen, aber jetzt glaube ich Ihnen. Der Computer sagt die Wahrheit. Das muss man sich mal vorstellen: Ein Direktor im Verband der Deutschen Molkereien in Bonn bezieht gleichzeitig das volle Ruhegehalt eines Polizeirates und ist daneben ein C-16-Mann. Das ist nichts für uns kleine Leute. Hauen Sie ab und bringen Sie Ihr Fell in Sicherheit. Und melden Sie sich mal, wenn Sie noch können.« Dann kramte sie in ihrer Schreibtischschublade herum. Endlich hielt sie mir ein vergilbtes Foto hin. »Damit Sie wissen, wie Forst aussieht. Das war beim Betriebsausflug 1965.«
    »Sie sind ein Ass«, sagte ich und rannte hinaus. Es war jetzt elf Uhr; ich musste schnell sein, ich musste viel schneller sein, als es eigentlich möglich war. Aus irgendeinem Grund, aus irgendeinem blödsinnigen Grund, hatte ich auf Anhieb den Mann gefunden, nach dem Pjotr und seine Leute seit Jahren suchten.
    Ich hielt an der ersten Telefonzelle. Wie immer dauerte es quälend lange, bis ich die Auskunft erreichte. Ich ließ mir die Nummer
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