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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker
Autoren: Jacques Berndorf
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des Deutschen Molkereiverbandes in Bonn geben und rief dort an.
    »Das Vorzimmer von Direktor Forst«, sagte ich. Es klickte, und eine Frau sagte: »Vorzimmer Direktor Forst hier. Bitte?«
    »Ist Harald da?«, schnauzte ich. »Grimm vom schleswigholsteinischen Verband.«
    »Nein, der ist schon zum Essen.«
    »Ach, das ist Pech. Wo isst er denn? Laternchen sicher, was?«
    »Die Herren sind nach Maria Laach gefahren«, sagte sie. Offensichtlich wusste sie nicht, wie sie mich einschätzen sollte.
    »Macht ja nix«, sagte ich etwas leutseliger. »Ich bin nur gerade hier im Bundesdorf und dachte mir, ruf den alten Harald mal an. Bestellen Sie schöne Grüße, ja, Kindchen? Sicher ‘ne große Gesellschaft, was?«
    »Nein, nur drei Herren«, sagte sie sehr förmlich.
    »Schön«, sagte ich und hängte ein.
    Dann wählte ich Anna Guttmanns Nummer, und als sie sich meldete, sagte ich hastig: »Baumeister hier. Ich brauche die Baronin, und das ganz schnell.«
    »Wenigstens leben Sie noch«, sagte sie und legte den Hörer mit einem Klacken ab. Es dauerte nicht lange, dann war die Stimme der Baronin da, und es war gut, sie zu hören.
    Sie sprudelte los. »Sag mal, bist du verrückt? Pjotr ist schon vollkommen aus dem Häuschen und ruft alle zehn Minuten hier an. Du bist seit Stunden überfällig! Reimer und Strahl werden sicher versuchen, uns zu … Baumeister, Liebling, wo bist du eigentlich?«
    »In einer Telefonzelle.«
    »Wo, verdammt noch mal?« Sie schrie jetzt fast. »Dass du am Flughafen warst und ein Auto gemietet hast, das wissen wir schon. Aber warum bist du nicht hergekommen? Bist du sicher, dass sie nicht schon irgendwo in deiner Nähe sind, irgendwo um die Ecke?«
    »Jetzt hör mir doch mal zu. Du nimmst jetzt ohne ein Wort deine Kamera und setzt ein Superweitwinkel auf. Dann verschwindest du nach hinten raus über die Garagen und nimmst ein Taxi. Kannst du überhaupt klettern mit der Wunde?«
    »Ja«, sagte sie knapp, und es klang so, als sei sie ein wenig böse auf mich.
    »Außer der Kamera nimmst du noch das kleine Bandgerät mit. Du lässt dich zum Kloster Maria Laach fahren. Hast du das?«
    »Ja.«
    »Dort gehst du in das Seehotel Maria Laach, ein Riesending, kannst du gar nicht verfehlen. Du musst nach einem Mann Ausschau halten, den ich dir jetzt so genau wie möglich beschreibe. Ich habe nur ein Foto, das älter ist als zwanzig Jahre, aber das muss reichen. Der Mann ist so groß wie ich, also um 176 Zentimeter. Er ist vermutlich sehr füllig, besonders um Bauch und Hinterteil. Soweit ich sehen kann, hat er ziemliche X-Beine. Das Gesicht war damals schon voll und rund. Zwei Dinge sind wichtig: Er hat kleine, eng zusammenstehende Augen, Farbe kann ich nicht erkennen. Und dann sein Mund: Auffallend klein, und wenn er lacht, sieht man seine Schneidezähne, wie bei Bugs Bunny. Hast du das?«
    »Ja, ein Scheißtyp.«
    »Bitte, sag Anna nicht, was du vorhast. Der Mann hat die typische Herrenrunde um sich, drei Leute. Geh aber um Gottes willen kein Risiko ein, lass ihn nicht auf dich aufmerksam werden. Du erinnerst dich, dass Lewandowski in Guttmanns Computer als C-16-Mann erschien. Dieser Mann ist vom gleichen Kaliber. Ich werde so schnell wie möglich auch dasein. Wenn ich auftauche, kennen wir uns nicht. Du wirst zur Herrentoilette runtergehen und das eingeschaltete Bandgerät auf den Siphon des zweiten Handwaschbeckens im Vorraum legen. Noch Fragen?«
    »Nein«, sagte sie ruhig. Und dann überlaut. »Du kommst jetzt also hierher? Und ich brauche mir keine Sorgen mehr zu machen?«, und ich hörte, wie Anna Guttmann erfreut sagte: »Das ist aber schön.«
    Die Fahrt nach Maria Laach war ein einziger Albtraum. Ich fuhr, was der kleine Wagen hergab, aber bei dem Schneeregen gab es immer wieder Verzögerungen. Ich muss so manchen braven Mann böse erschreckt haben, wenn ich rechts an ihm vorbeischoss, weil er mir zu lange brauchte, um die Überholspur freizugeben. Als ich endlich auf den Parkplatz zwischen den alten Mauern vor der Abtei schleuderte, war ich schweißgebadet. Aber ich wusste nicht, ob es trotz meiner Raserei nicht schon zu spät war. Als ich zum Eingang spurtete, hätte ich beinahe ein älteres Paar umgerannt; die Frau blickte mir kopfschüttelnd nach, und ich hörte den Mann gerade noch sagen: »Der rennt ja, als ob es um Leben und Tod ginge!«
    Hinter dem Eingang kam links die ewig gleiche Dauerausstellung alter Ikonen, auf die irgendein Kunsthändler ein Abonnement haben musste, dann die lange
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