Requiem für einen Rockstar (German Edition)
Tierschützer für eine artgerechtere Haltung sorgten. Irgendwie schade, auch wenn es natürlich absolut richtig war. Keine Frage. Seit der jüngsten Renovation erinnerte nichts mehr an die alten Zeiten. Ja damals, als ich noch jung und wild war. Ferrari schmunzelte. Tja, die Zeiten ändern sich und wir mit ihnen. Aber das ist auch gut so. Es war ein gutes Gefühl, so mitten im Leben zu stehen. Auf halber Strecke … «zwischen Kuscheltuch und Rheumadecke, zwischen ersten Küssen und andauernd Blutdruck messen müssen … wär ich ’n Mann, wär ich jetzt im besten Alter». Genau, im besten Alter, summte der Kommissär leise vor sich hin. Er mochte die intelligenten Texte von Ina Müller. Vielleicht sollte ich wieder mal ein Konzert besuchen.
Am Bankenplatz wartete Ferrari unter den Arkaden auf den Vierzehner. Sein Blick fiel auf ein Buch von Jamie Oliver, Monikas Lieblingskoch. Gerade, als er die Buchhandlung betreten wollte, um das Werk zu kaufen, fuhr das Tram in die Haltestelle ein. Dann eben ein anderes Mal. Nicht vergessen, Francesco, mit Jamie Oliver Monika eine kleine Freude machen. Sein Platz im hintersten Wagen war von einem Rentner belegt. Na warte. Der Kommissär stellte sich neben den Mann und begann künstlich zu husten. Nach weiteren zwei Anfällen erhob sich der Rentner und setzte sich kopfschüttelnd auf einen anderen Platz. Na, wer sagts denn.
Am Seiteneingang des St. Jakob-Parks entluden Roadies einen riesigen Sattelschlepper. Der Kommissär drückte sich neben dem Lastwagen vorbei. Anscheinend wurde die Bühne aufgebaut. Ein Sicherheitsbeamter hielt ihn auf. Ferrari zückte seinen Ausweis und fragte nach Piet Gruber.
«Er sitzt dort ganz oben im Sektor G.»
Der Kommissär angelte sich keuchend die Tribüne hoch. Er hatte schon lange einmal rüber ins G wollen, vom A aus schien die Gegentribüne ziemlich steil zu sein. Und der Schein täuschte nicht. Nach einigen Minuten stand er ganz oben neben Piet Gruber.
«Es … puh … es ist ziemlich steil hier oben.»
«Da muss man echt schwindelfrei sein.»
«Ich … ja, das muss man. Geben Sie mir eine Minute. Ich bin nicht mehr so in Form wie früher … So, jetzt gehts mir besser. Störe ich?»
«Und wenn es so wäre?»
«Dann würde ich eine kleine Verschnaufpause einlegen, mir einen Abgang mit einem Geländer suchen, damit ich nicht runterpurzle, und unten auf Sie warten.»
Piet lächelte kurz.
«Setzen Sie sich neben mich, bevor sie rückwärts runtersegeln.»
Ferrari beobachtete die Roadies, die in den Kulissen rumangelten.
«Die müssen auch schwindelfrei sein.»
«Das denke ich jedes Mal. Ich wundere mich, dass noch nie einer abgestürzt ist. Das wäre ein schlechtes Omen für ein Konzert.»
«Weshalb bauen sie die Bühne überhaupt auf? Sie haben doch das Konzert abgesagt.»
«Wir spielen. Hanno hat Recht. Aber wir geben kein normales Konzert. Es ist ein Abschiedskonzert für John. Das sind wir ihm schuldig.»
«Wie damals die Rolling Stones für Brian Jones im Londoner Hyde Park.»
Piet sah den Kommissär überrascht an.
«Ich war auch einmal jung. Mit langem, verfilztem, meine Eltern behaupteten verlaustem Haar und einen Joint rauchend.»
«Waren Sie im Hyde Park dabei?»
«Nein, da war ich noch zu jung. Nur davon gehört. Die Stones haben mich ein Leben lang begleitet. Man war entweder Beatles- oder Stones-Fan. Eine Art Glaubensfrage. Ich wollte zu den Harten gehören.»
Der Kommissär liess ein paar Sekunden verstreichen, bevor er weiterfuhr.
«Dann findet das Konzert also doch am nächsten Mittwoch statt?»
Piet nickte. Sein Blick verlor sich in der Weite. Ferrari liess ihm Zeit. Drängen hätte sowieso keinen Sinn. Inzwischen nahm die Bühne Gestalt an. Die Roadies verstanden ihr Handwerk.
«Wie viele Roadies sind auf der Tournee dabei?»
«Keine Ahnung. … Haben Sie schon einen Verdacht, wer John umgebracht haben könnte?»
«Wir tappen vollkommen im Dunkeln. Im Augenblick sammeln wir noch Fakten. Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?»
«Beim Frühstück. Er sass mit Hanno im Restaurant. Ich trank kurz Kaffee, einen oder zwei, dann ist die Welt für mich in Ordnung. Am Morgen kann ich nichts essen.»
«Wussten Sie, dass er ins Stadion wollte?»
«Nein. Aber es hat mich nicht überrascht. Er war vor einem Konzert immer sehr nervös. Übernervös. Und diese Nervosität baute er ab, indem er stundenlang in den leeren Stadien herumlief. Er sagte einmal, dass er sich jeden Winkel im Stadion oder in einer
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