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Requiem: Roman (German Edition)

Requiem: Roman (German Edition)

Titel: Requiem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin McNamee
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getroffen worden.
    »Du weißt davon?«
    »Hier weiß jeder davon.«
    »Aber es ist nicht das Gleiche wie das, was den Mädchen in London angetan worden ist.«
    »Welchen Mädchen?«
    »Der letzte Fall, an dem ich arbeitete. Die Londoner Nackt-Morde. Das waren Prostituierte.«
    »Glaubst du vielleicht, einer von denen macht es nichts aus, wenn sie nachts allein nach Hause geht und hinter sich in der Dunkelheit Schritte hört? Wie groß das Haus ist, in das sie heimkehrt, spielt keine Rolle, wenn ein Mann etwas will und es nicht kriegt. Es endet immer gleich.«
    »Vielleicht. Und was passiert, wenn eine Frau nicht kriegt, was sie will?«
    »Hört sich so an, als würdest du aus Erfahrung sprechen.«
    »Meine Exfrau.«
    McCrink erinnerte sich an die Nacht, in der ihm seine Exfrau von ihrer Untreue erzählt hatte. Sie nannte es eine Affäre und ließ das Wort in seiner ganzen geschmacklosen Bedeutung zwischen ihnen in der Luft hängen.
    »Wenn du mir mehr Beachtung geschenkt hättest, wäre dir aufgefallen, was vorgeht.«
    »Dann ist es jetzt also mein Fehler.«
    Sie gab keine Antwort. Stand in der Tür, was Rückschlüsse zuließ auf im Flur stehende gepackte Taschen.
    Es hatte angefangen, als er auf der Polizeiakademie gewesen war, und war die ganze Ehe durch weitergegangen. Sie erzählte ihm, wie sie John Speers auf einer Polizeifeier in Belfast kennengelernt hatte.
    »Du hast damals versucht, dich beim Chief Constable lieb Kind zu machen«, sagte sie.
    Sie erzählte ihm, wie sie mit Speers zu einer ausgeliehenen Wohnung in einem Wohnblock in Larne gefahren war, etwa zwanzig Meilen nordöstlich von Belfast. Sie beschrieb die Zimmer, die Tapete, beschrieb, wie die Gardinen durch die offenen Fenster geweht wurden, die Regenspritzer. Die Struktur des Betrugs. Wie sie beide auf jene Melancholie zusteuerten, die, das wussten sie, am Ende alles war, was von ihrer Liebesgeschichte bleiben würde. Sie blickten zum Fährhafen hinunter, lauschten, wie die Schiffe über Nacht beladen werden. Das Getöse der Kranbrücken. Container, die aufeinandergeschichtet werden. Anne hatte schon immer Details loswerden müssen. Details ihrer Liebe wurden vertieft. Sie nannte die Namen der Cafés, in denen sie gegessen hatten. Sie erzählte, dass sie jeden Abend mit Speers über die Promenade spaziert war. Sie war penibel in ihrem Bericht. Es war für sie beide wichtig, dass das Ausmaß ihres Verrates offengelegt wurde. Jeder Aspekt ihres gemeinsamen Lebens musste umgegraben, jede Zweideutigkeit und verborgene Bedeutung ans Licht gebracht werden. Die Fahrten zurück nach Belfast, die Telefongespräche spätnachts. Sie verbrachten Wochen damit, neue Ebenen des Verrats freizulegen. Der betrogene Ehemann. Um noch mehr herauszukriegen, entwickelte er eine Durchtriebenheit, von der er gar nicht gewusst hatte, dass er sie besaß. Sie berichtete von Gelegenheiten, bei denen sie beinahe erwischt worden wären, von Sex in Schlafzimmern, die man ihnen zur Verfügung gestellt hatte, einer Paarung auf der Treppe vor McCrinks Wohnung in Belfast. Sie begriffen beide, dass sie sich um McCrinks Schmerz kümmern mussten, dass das Ganze eine dicht verwobene Angelegenheit mit einer eigenen Struktur, einem eigenen Plot und eigenen Umwegen war.
    »John Speers«, sagte Margaret und nahm seinen Arm, »mit dem arbeitest du jetzt doch zusammen.«
    »Ich weiß.«
    Eine Weile lang hatte sie das Wissen um ihre Untreue sexuell erregt. Sie entdeckten die Erotik des Ekels. Sie drängten einander dazu, widerwärtige Gelüste auszuleben. Sie schickte ihn los, um bei einem Zeitungshändler in der Stadt billige Pornos zu kaufen. Mürrische Nackte, schlecht fotografiert. Es gefiel ihr, oben zu sein, während er Geschichten erzählte, Stories von obszönen Begegnungen mit Matrosen, von Schwarzen, die kopulierten. Er zog in eine billige Wohnung in Kilburn. In den Aufzügen hing der Geruch nach Urin, man hörte, wie in anderen Wohnung Toiletten gespült wurden, roch die Kanalisation. Das alles wurde Teil ihrer Begegnungen. Eines Morgens verließ sie ihn schließlich. Zuletzt hatte er gehört, dass sie in Blackpool lebte, schwer trank und einmal wöchentlich kurz in ihrer Wohnung auftauchte.
    »Was willst du unternehmen?«
    »Ich weiß nicht. Ich überweise jeden Monat Geld auf ihr Konto. Es wird sich zeigen.«
    Sie nahm seinen Arm. Sie standen mit dem Rücken zum Gericht und blickten über das dunkle Wasser des Meeresarmes.
    *
    Am vierten Tag der Überwachung von McGladdery, die

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