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Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
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er gesprochen hatte, ehe Anne angerannt kam. »Haben Sie schon die unmittelbare Umgebung abgesucht? Möglicherweise gibt es hier noch eine Leiche oder einen Schwerverletzten.«
    »Mir ist nichts dergleichen bekannt, aber ich lasse sofort diesen ganzen Abschnitt hier durchkämmen. Außerdem wird gerade das Videomaterial von den Überwachungskameras überprüft, vielleicht findet sich dort ein Hinweis auf die gesuchte Person.«
    Ertl gab ihm Beauforts Personenbeschreibung, und der Mann ging, um alles Nötige zu veranlassen.
    Nachdem Anne sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, sollte sie ihre Aussage bei einem der Beamten zu Protokoll geben. Dazu gingen sie zur Haupttribüne zurück. In dem Saal für die Pressekonferenzen hatten einige Mitarbeiter der Sonderkommission ein provisorisches Quartier aufgeschlagen. Es gab dort genügend Stühle und Tische, Anschlüsse für Rechner, Internetzugänge und nicht zuletzt zwei gut gefüllte Großkühlschränke mit Getränken. Anne zählte elf Zivilisten, die wahrscheinlich alle zur Soko Dutzendteich gehörten, dazu war ihr auf dem Weg hierher mindestens eine halbe Hundertschaft uniformierter Bereitschaftspolizisten des USK begegnet.
    Der Mitarbeiter, der ihre Zeugenaussage aufnahm, war sehr nett und fragte ihr ein Loch in den Bauch. Schließlich bat er um Beauforts Schal und forderte telefonisch zwei Hundeführer mit Suchhunden an. Eine Idee, auf die Anne noch nicht gekommen und für die sie dankbar war. Sie hatte gerade ihre Zeugenaussage beendet, als Ekki hereinkam und sie aufmunternd anlächelte.
    »Geht’s wieder?«, fragte er besorgt.
    Anne nickte und sah ihn hoffnungsvoll an. »Hast du Neuigkeiten?«
    »Im Stadion ist von Frank weit und breit keine Spur. Aber zwei Männer der Sicherheitswacht haben ihn gesehen, wie er zu Beginn der zweiten Halbzeit einem Clubfan hinterhergerannt ist. Er soll ihnen noch zugerufen haben, dass das ein Mörder wäre, aber sie haben ihn für einen der üblichen Idioten gehalten. Beide haben das Stadiongelände verlassen und sind Richtung Arena gelaufen. Das zeigen auch die Überwachungskameras hier im Stadion. Sieht ganz so aus, als ob Frank den Täter irgendwie überrascht und verfolgt hat.« Ertl biss sich auf die Lippen.
    »Aber das war kurz nach neun, und jetzt ist es halb zwölf. Wenn ihm der Mörder entwischt wäre, müsste er doch schon lange wieder hier sein«, dachte Anne laut. »Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder Frank hat den Mörder – aber auch dann hätten wir schon was von ihm hören müssen – ... oder aber der Mörder hat Frank«, vollendete sie mit brüchiger Stimme.
    »Es ist gerade Verstärkung angekommen. Sie durchsuchen das ganze Reichsparteitagsgelände.« Ekki hatte einen Kloß im Hals. Anne stand abrupt auf, griff nach ihrer Tasche und wandte sich Richtung Ausgang. »Wo willst du denn hin?«, rief er ihr nach.
    »Ich gehe Frank suchen«, sagte sie resolut.
    »Aber das bringt doch nichts. Du bekommst viel mehr mit, wenn du dableibst. Hier laufen die Fäden zusammen.«
    Sie blieb stehen und drehte sich um. »Ich kann nicht herumsitzen und Däumchen drehen. Versteh das doch. Ich muss etwas tun.«
    Ekki seufzte. »Dann warte wenigstens auf mich. Ich sage nur noch schnell Bescheid, dann komme ich mit dir.«
    Anne ging langsam zu Ertl zurück und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Danke. Und ich bitte dich um Entschuldigung.«
    »Wofür denn?«, wehrte er ab.
    »Ich habe dich immer für einen ziemlich arroganten Wichtigtuer gehalten. Dabei bist du ein echter Freund.«
    Ekki war beinahe gerührt. »Du hast es mir aber auch nicht immer leicht gemacht, dich zu mögen, so als patziges Fräulein Naseweis.«
    »Pah, Fräulein! Wenn ich das schon höre! An dir sind 50 Jahre Frauenemanzipation wohl auch spurlos vorübergegangen«, schimpfte sie.
    »Ja, genau diese Art habe ich gemeint«, bemerkte er trocken.
    Und das erste Mal seit Beauforts Verschwinden huschte ein kleines Lächeln über ihre Mienen.
     
    *
    Beaufort erwachte von seinem eigenen Zähneklappern. Er hatte geträumt, dass er scheintot und vollständig gelähmt in einem Sarg aus Eis lag und kein Lebenszeichen mehr von sich geben konnte. Ein fürchterlicher Albtraum. Er schlug die Augen auf und sah – nichts. Tiefstes Schwarz umgab ihn. Der Albtraum setzte sich in der Wirklichkeit fort. Schlagartig erinnerte er sich wieder an alles. Er sah seine Verfolgungsjagd in wackeligen unscharfen Bildern, wie beim Laufen mit der Handkamera gefilmt. Und er sah,

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