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Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
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den Boden warf.
    Anne wählte mindestens zum zehnten Mal seine Handy- und seine Festnetznummer. Wieder vergeblich. Sie hielt es nicht mehr aus, bat den Tontechniker, den Beitrag für den Sportfunk alleine fertig zu schneiden, schnappte sich ihre Tasche und ging zurück zur Pressetribüne. Vielleicht wartete Frank dort auf sie. Doch da war bis auf zwei Ordner in Uniform keiner mehr, das ganze Stadion lag leer und verlassen. Also lief Anne wieder hinaus und machte sich auf den Weg zur Erste-Hilfe-Station. Die Räume waren zwar hell erleuchtet, doch niemand reagierte auf ihr Klopfen. Sie öffnete die Tür, aber es waren keine Sanitäter dort. Nachdenklich machte die Journalistin kehrt und überlegte, wo sie weiter nach Beaufort suchen sollte, als ihr mehrere Polizeiautos am ersten Zugang zur Nordkurve auffielen. Bewaffnete Polizisten in dunkelgrünen Schutzanzügen mit schusssicheren Westen gehörten zum Stadionalltag, aber dieser Auflauf dort war etwas Besonderes. Der Eingang war mit Metallgittern weitläufig abgesperrt worden. Davor hielten Beamte Wache und ließen niemanden passieren. Ein paar hartnäckige schaulustige Fußballfans, die sich zu nah herangewagt hatten, wurden von den Polizisten zurückgedrängt. Vier Streifenwagen, ein Krankenwagen und zwei zivile PKW standen an der Absperrung. Als Anne dichter heranging, sah sie gerade noch Stadlober in den Katakomben des Stadions verschwinden. Wenn sich der Chefpolizeisprecher höchstpersönlich herbemühte, musste etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein. Ob Frank etwas geschehen war?
    »Kamlin, Bayerischer Rundfunk.« Anne hielt ihren Presseausweis unter die Nase des Bereitschaftspolizisten. »Würden Sie mich bitte zu ihrem Kollegen Stadlober durchlassen?«
    Der Beamte schaute sie kaugummikauend an und schüttelte seinen Kopf. »Gehen Sie weiter, junge Frau, hier gibt es nichts zu sehen.« Arrogantes Arschloch, dachte Anne. Der Typ war bestimmt zehn Jahre jünger als sie. Das überhebliche ›junge Frau‹ hatte er sich wohl bei einem älteren Kollegen abgelauscht.
    »Ist das der Ton, den man auf der Polizeischule lernt? Da muss ich wohl mal eine Reportage drüber machen.« Anne zückte ihr Mikrofon und sah in herausfordernd an. »Ihren Namen und Dienstgrad bitte.«
    Mit diesem Widerstand hatte der Mann nicht gerechnet und fühlte sich anscheinend in seinem Ego angekratzt. »Schleich dich«, zischte er drohend.
    »Ganz ruhig«, sagte sein Kollege, ihm die Hand auf die Schulter legend. Dann wandte er sich an Anne. »Sie entschuldigen, wir stehen hier alle etwas unter Strom. Kann ich Ihnen weiterhelfen?«
    Der Mann hatte seine Lektionen in Deeskalation gut gelernt. Anne sagte erneut ihr Sprüchlein auf und der Beamte versprach ihr, hineinzugehen und nach dem Pressesprecher zu fragen. Er bat sie, so lange hinten bei den Autos zu warten. Offenbar lag ihm daran, möglichst viel Raum zwischen seinen überforderten Kollegen und die streitbare Journalistin zu bringen. Auf dem Weg an der Absperrung entlang sprach Anne ein paar Club-Fans an, die dort standen und diskutierten.
    »Wisst ihr, was da los ist?«
    »Dou hod’s woll an Doudn gebn.«
    »Oh nein.« Anne wurde bleich. »Gab’s da etwa eine Schlägerei?«
    »Des wiss mer ned. Ober des mou drund aaf däi Doileddn gwäin sei. Mier wissen ned, ob’s a Glubberer is odder anner vu däi Goddbusser. Ober mier bleibn dou, bis mer’s wissen. Und wenn’s a Glubberer woar, no gibd’s nu mehrer Doude. Obber ganz gwieß!« Der nicht mehr ganz nüchterne Fan reckte kämpferisch seine Faust in die Höhe.
    »Und was ist, wenn das gar nichts mit Fußball zu tun hat?«, gab Anne zu bedenken. »Immerhin läuft hier auf dem Gelände ein Mörder frei herum.« Sie bekam ganz weiche Knie bei dem Gedanken. Jetzt hatte sie sich doch tatsächlich selbst Angst eingejagt. Lieber Gott, lass nicht zu, dass Frank dieser Tote ist, schickte sie ein Stoßgebet in den Nachthimmel. Anne wartete ungeduldig bei den Autos. Es hielt sie vor lauter Unruhe nicht auf dem Fleck, aufgewühlt ging sie hin und her, bis der nette Polizist wieder erschien.
    »Frau Kamlin, der Pressesprecher bittet Sie, hier oben noch zu warten. Er wird später zu Ihnen kommen und ein paar Worte mit Ihnen wechseln.«
    »Wann denn? Ich mache mir Sorgen, dass mein Freund in den Vorfall verwickelt ist. Wissen Sie, wer der Tote ist?« Anne sah ihn flehentlich an.
    »Tut mir leid. Ich bin nicht befugt, Ihnen Auskünfte zu erteilen. Warten Sie einfach hier, ja?« Er grüßte

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