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Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
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sich die Stimme des Befehlshabers von SEG Eins, »niemand ist hier.«
    »Hat die Zielperson euch kommen hören und ist möglicherweise nach oben ins Treppenhaus geflüchtet?«
    »Nein, dort ist keiner. Das haben wir schon gecheckt.«
    »Danke. Ich komme hoch. Alle anderen bleiben weiterhin auf ihren Posten.« Er stieg aus.
    »Können wir mitkommen?« Anne warf ihm einen flehentlichen Blick zu.
    »Meinetwegen.«
    Arnold und sein Assistent, gefolgt von der Journalistin und dem Justizsprecher, betraten die Tiefgarage. Das Quartett steuerte auf den Hauseingang zu, wo sie einer der Beamten ins hell erleuchtete Treppenhaus einließ. Es war recht schmal und weiß gekachelt. Sie ignorierten den Fahrstuhl und gingen zu Fuß hinauf. In der dritten Etage lugte ein verschrecktes Mütterlein im Morgenmantel durch den Türspalt. Ein Stockwerk höher betraten sie die Wohnung Tariq Karims. Sie bestand aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Bad und war spärlich möbliert. Auffallend waren die vielen religiösen Gegenstände in der Wohnung. In jedem Raum hingen Kruzifixe an der Wand. Auch ein gerahmtes Bild des Papstes war darunter und eine Art Hausaltar im Wohnzimmer. Auf einer Kommode ruhte Karims Geige in einem Kasten. Auf dem Notenständer daneben befand sich die Partitur von Verdis Requiem . In der Tür zum Schlafzimmer war eine Reckstange angebracht. Dort lagen in einer Ecke Hanteln und ein Expander.
    »Musiker, gläubiger Katholik und auch noch Kraftsportler«, kommentierte der Soko-Leiter.
    »Sehen Sie sich das mal an, Chef.« Der Assistent reichte ihm einen prall gefüllten Aktenordner. »Der lag in der Kommode. Und gleich daneben waren drei Bücher über das Reichsparteitagsgelände.«
    Arnold blätterte darin. Er enthielt eine umfangreiche Sammlung von Zeitungsartikeln über den Vorfall mit dem toten Pakistani, über das Gerichtsverfahren dazu, über die hiesige Szene der Rechtsextremen, über Heinrich Gessner und seinen Prozess und über die Neonazi-Morde auf dem Areal. Auch eine Liste mit den Anschriften Gessners und der vier freigesprochenen Rechtsextremen fand sich darunter und etliche Fotos von ihnen.
    »Die sind ja bei uns im Gerichtsgebäude geknipst worden«, bemerkte Ertl dem Soko-Leiter über die Schulter schauend.
    »Die muss er dort heimlich geschossen haben. Wenn es noch irgendeinen Zweifel an Karims Schuld gegeben hat, dürfte er hiermit wohl ausgeräumt sein.« Er gab den Ordner an den Assistenten zurück.
    Anne betrachtete unterdessen das zerwühlte Bett, auf das unordentlich ein Pyjama geworfen worden war. Sie hob ihn auf und roch daran.
    »Bitte nichts anfassen«, ermahnte sie die Stimme Arnolds.
    »Die Pyjama-Jacke ist ganz feucht vom Schweiß. Lange kann Karim noch nicht weg sein.«
    »Nicht schlecht. An Ihnen ist eine gute Polizistin verloren gegangen«, lobte er und prüfte dann selbst den Schlafanzug. »Wo kann er nur hin sein? Hat dieser Mistkerl eigentlich ein Auto?«
    Sein Assistent zückte das Handy und rief im Polizeipräsidium bei einem Kollegen der Soko an. Nach einem kurzen Gespräch konnte er die Frage beantworten.
    »Karim fährt einen alten blauen Fiat. Kennzeichen N-GV-15.«
    »Sofort die Fahndung nach dem Wagen ausschreiben.« Er griff nach dem Hausausweis der Nürnberger Symphoniker, der auf dem Nachtkästchen lag. Darauf war ein schwarzweißes Passbild des Musikers zu sehen. Er hatte dunkles Haar und dichte Augenbrauen. Er reichte das Kärtchen an seinen Assistenten weiter. »Und gib die Personenbeschreibung durch. Natürlich mit dem Gefahrenhinweis, dass der Mann bewaffnet sein könnte.«
    Anne bekam auf einmal ganz weiche Knie und es rauschte in ihren Ohren.
    »Ist dir nicht gut?«, fragte Ekki besorgt.
    Anne schüttelte den Kopf. Sie war kreidebleich und auf ihrer Oberlippe bildeten sich kleine Schweißperlen. Langsam bekam sie leichte Schlagseite. Ekki stützte sie und zog sie mit sich ins Wohnzimmer.
    »Setz dich erst mal.« Er drückte sie auf einen Stuhl, und Anne ließ es willenlos mit sich geschehen. Ihr war speiübel geworden.
    Ekki sauste in die Küche und kam mit einem Glas Wasser wieder. »Hier, trink das. Dies hier ist einfach zu viel für dich. Ich merke ja selbst, wie das an den Kräften zehrt.«
    Anne nahm das Glas und trank in kleinen Schlucken.
    »Ich muss an die Luft«, sagte sie und erhob sich. Ekki begleitete sie auf den Balkon. Anne klammerte sich ans Geländer und atmete die wohltuende Nachtluft tief ein. Ein bisschen kehrte ihre Gesichtsfarbe

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