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Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
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»Morgen beginnt das Volksfest, Herr Ertl, am Mittwoch wird die Bio-Fach eröffnet, Herr Ertl, und in zwei Wochen ist das EU-Treffen der Wirtschaftsminister, Herr Ertl. Bis dahin muss der Fall gelöst sein, Herr Ertl, internationale Verwicklungen, Herr Ertl, wie stehen wir sonst da, Herr Ertl. Dabei hat die mir hier als kommunale Angestellte überhaupt nichts zu sagen. Wir sind schließlich ein Organ des Landes.« Nach diesen Worten erst schien er seinen Freund wirklich wahrzunehmen. Doch seine Miene hellte sich nicht auf, sie wurde sogar noch zorniger. »Und du brauchst hier erst recht keine witzigen Sprüche zu klopfen. Wir haben noch ein Hühnchen miteinander zu rupfen. Rein mit dir.«
    Der Justizsprecher zeigte streng mit dem Arm in sein Büro und da Beaufort schon ahnte, was jetzt kommen würde, fügte er sich.
    »Setz dich, mein Lieber«, sagte Ertl gepresst und deutete auf den Besucherstuhl.
    Diese untypische Beherrschtheit war ein Zeichen dafür, dass sein Freund wirklich stinksauer war. In Ekki brodelte es wie in einem Milchtopf auf der Herdplatte kurz vorm Überkochen. Beide setzten sich, der eine vor, der andere hinter den Schreibtisch. Der Justizsprecher stützte die Ellenbogen auf die Platte, fügte seine Hände an den Fingerspitzen zusammen und sagte betont freundlich: »Könntest du mir sagen, wo du dich gestern Nachmittag so gegen 14.30 Uhr aufgehalten hast?«
    »Äh, das ist der Grund, Ekki, weshalb ich mit dir sprechen wollte. Ich habe gestern einen kleinen Ausflug ins wunderschöne Hersbruck gemacht – da solltest du auch mal wieder hinfahren, also, ich hab dort in einer Wirtschaft eine Metzelsuppe gegessen …«
    »Herrgott, Frank!«, donnerte Ertl. »Du warst in Gessners Haus! Bist du denn total bescheuert?« Jetzt schäumte er auf dem Siedepunkt.
    »Also, gestern hielt ich es für eine prima Idee«, sagte Beaufort kleinlaut. »Wie hast du es erfahren?«
    »Glaubst du denn, du kannst dich einfach so über die Gesetze hinwegsetzen? Meinst du ernsthaft, wir sind lauter Deppen? Der Verfassungsschutz hat das Haus natürlich observiert. Die haben wunderschöne Fotos von dir gemacht. Möchtest du einen Abzug haben als Erinnerung an deine Einbrecherkarriere?«
    »Ich bin nicht eingebrochen. Die Tür war offen.« Jetzt begann Ekki ungerecht zu werden, und das wollte Beaufort nicht auf sich sitzen lassen.
    »Dann war es eben Hausfriedensbruch. Das macht die Sache auch nicht besser«, sagte Ertl wütend. »Frank, du hast polizeiliche Ermittlungen nicht nur gestört, sondern vereitelt. Der Verfassungsschutz ist davon ausgegangen, dass Gessner aus Angst vor einer drohenden Verurteilung untergetaucht ist. Sie hatten die Hoffnung, dass er selbst zurückkommen oder seine Jungs schicken würde, um noch einige Sachen zu holen. Und gerade als das geschieht, musst du sie ablenken. Nachdem du ihnen entwischt bist, haben sie sich auch aus dem Staub gemacht. So konnten wir nicht erfahren, was die eigentlich gesucht haben.«
    »Da war der Verfassungsschutz aber auf dem Holzweg«, entgegnete Beaufort trotzig. »Gessner war nicht untergetaucht, sondern er wurde aus seinem Haus gekidnappt.« Er erzählte von dem Abendbrotgeschirr auf dem Tisch und dem Ledermantel an der Garderobe.
    Der Justizsprecher war bleich geworden. »Warum um Himmels Willen hast du mir denn nichts davon gesagt?«
    »Das wollte ich doch. Ich hab dich gestern Nachmittag angerufen, aber du warst mal wieder nicht zu erreichen«, versuchte Beaufort sich zu rechtfertigen. »Außerdem ist mir das alles erst heute Morgen so richtig klargeworden, als ich Gessners Leiche gesehen habe.«
    »Und warum hast du es mir nicht wenigstens da mitgeteilt?«
    »Weil du mit den Journalisten zu beschäftigt warst und mich abgewimmelt hast.«
    »Na, komm schon. Du bist doch sonst so durchsetzungsfähig.«
    »Aber nicht, wenn ich einen Kater habe.«
    Der Justizsprecher schaute Beaufort kopfschüttelnd an. »Ist dir eigentlich klar, dass Gessner vielleicht noch am Leben sein könnte, wenn die Polizei das rechtzeitig von dir erfahren hätte?«, sagte er erschöpft.
    »Meinst du wirklich?«, flüsterte Beaufort betroffen. Er hatte einen Kloß im Hals. »Habt Ihr denn eine heiße Spur?«
    »Nichts haben wir. Ich kann dir noch nicht mal mit Gewissheit sagen, ob es überhaupt derselbe Täter war, solange die Rechtsmedizin sich nicht geäußert hat.«
    »Das tut mir leid, Ekki, ehrlich. Aber ich glaube nicht, dass meine Entdeckung Gessners Tod noch verhindert hätte. Wo hättet

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