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Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
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aber wurde ihm das gedankt? Nein! Stattdessen war Madame schon wieder auf dem Sprung. Na gut, die Probeaufnahmen fürs Fernsehen hatte er wirklich nicht mehr auf der Rechnung gehabt. Aber wie sollte man sich in diesem Terminkalender auch zurechtfinden? Warum konnte Anne nicht wie andere Menschen auch eine geregelte Arbeitszeit haben? Er folgte ihr ins Schlafzimmer, wo sie im Slip und Spaghettiträgerhemdchen vor dem geöffneten Kleiderschrank stand und überlegte, was sie anziehen sollte.
    »Musst du denn zu diesem blöden Casting? Wir haben sowieso schon kaum Zeit füreinander. Und wenn sie dich nehmen, wird es bestimmt noch weniger.«
    »Das haben wir doch alles schon durchgekaut. Dieser Fernsehjob ist mir nun mal wichtig. Das ist eine echte Chance. Ich will was erreichen in meinem Beruf.« Sie schlüpfte in einen kurzen bunten Rock.
    »Warum muss ausgerechnet ich an die ehrgeizigste aller Journalistinnen geraten? Wenn es nach mir ginge, bräuchtest du überhaupt nicht mehr zu arbeiten. Ich habe mehr als genug Geld für uns beide, wie du weißt.«
    Anne ersetzte den bunten Rock durch einen roten aus Cord und drehte sich zu ihm. Sie sah ihn ernst mit ihren braunen Punktstrahlern an.
    »Und wenn du mir hier auf der Stelle die Hälfte deiner Millionen überschreiben würdest, Frank, ich würde nichts an meinem Leben ändern. Ich liebe meinen Beruf nun mal. Und ich liebe auch meine Unabhängigkeit.«
    »Und liebst du mich vielleicht auch ein bisschen?« Er lehnte seinen Kopf an den Türrahmen.
    Anne ging zu ihm und legte ihm die Arme um den Hals. »Natürlich, du Dummkopf«, sagte sie zärtlich. »Und ich liebe dich nicht wegen deines Geldes. Du bist charmant und klug und großzügig und witzig, aber du bist auch ein ziemlicher Egozentriker, der meint, alles müsste sich um ihn drehen. Ich habe dir niemals zu verstehen gegeben, dass ich dein Satellit sein will. Ich bin auch ein Planet, mit eigener Umlaufbahn.«
    Beaufort senkte seinen Kopf, bis sich beide Stirnen berührten, und legte die Arme um ihre Hüften.
    »Mars an Venus, Mars an Venus. Können wir unsere Umlaufbahnen nicht wenigstens ein bisschen synchronisieren?«
    Anne lachte. »Daraus wird heute Abend aber nichts werden.« Sie schaute auf ihren Radiowecker am Nachttisch. »In einer Viertelstunde muss ich los.«
    Er streifte den Träger beiseite und küsste ihre nackte Schulter. Als er sich Annes Hals näherte, kreischte sie auf. »Du hast bei deiner Aufzählung ganz die Qualitäten des Liebhabers vergessen.«
    Sie entwand sich ihm und fischte eine schlichte taillierte Bluse aus dem Schrank. Er ließ sich auf ihr Bett fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
    »Herr Dr. Beaufort hat sich im Großen und Ganzen bemüht, den an ihn gestellten Anforderungen gerecht zu werden, würde ich dir in dein Zeugnis schreiben.«
    Im Spiegel sah sie ihr Kopfkissen anfliegen und duckte sich geschickt. Es landete im Schrank, wo die Bügel klirrten.
    »Feuer einstellen!«, rief Anne. »Na gut, ich würde schreiben: Herr Dr. Beaufort hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit …«
    »… Befriedigung«, röhrte Beaufort.
    »… Befriedigung ausgeführt.« Anne fuhr sich mit einer Bürste durchs Haar, zog den Lippenstift nach und sah prüfend in den Spiegel.
    »Du siehst toll aus. Die wären ganz schöne Deppen, wenn sie dich beim Fernsehen nicht nehmen würden«, kam es vom Bett.
    »Danke«, sagte sie gerührt. »Ich weiß das zu schätzen.« Anne lächelte Beaufort geschmeichelt an und ging in die Küche. Sie füllte sich eine halbe Kelle Suppe in eine Tasse und löffelte eilig im Stehen. »Sehr lecker. Fehlt nur noch eine Prise Muskat«, sagte sie, als Beaufort in die Küche kam. Sie hielt ihm einen Löffel voll Minestrone zum Probieren hin.
    »Stimmt«, sagte er, nachdem er gekostet hatte, und suchte in Annes Gewürzschublade nach der Muskatreibe. »Wann kommst du denn zurück? Lohnt es sich, auf dich zu warten? Ich würde so gern noch mit dir über den neuen Mord reden.«
    »Ich habe keine Ahnung, wie lange das dauert. Aber danach gehe ich bestimmt bald ins Bett. Und morgen fahre ich zum Club-Spiel auf Schalke. Wie du dich ja bestimmt erinnern wirst, mache ich eine Reportage aus einem Fan-Bus und komme erst in der Nacht wieder zurück. Sonntagmittag ist dann Schnitt im Studio, aber am Abend können wir uns treffen. Vielleicht hast du bis dahin ja schon was Neues herausgefunden.«
    »Ach, Anne, du weißt ja noch nicht mal das Alte.

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