Requiem
ich es erkannt. Es geht um einen italienischen Schriftsteller: Gabriele D’Annunzio, der eine späte Mesalliance mit dem Faschismus einging. Eine vielschichtige Figur: dekadenter Dichter, Frauenheld – er hatte auch eine Affäre mit der berühmten Schauspielerin Eleonora Duse –, größenwahnsinniger Baumeister, Soldat – er war Flieger im Ersten Weltkrieg und U-Boot-Kapitän –, luxuriöser Verschwender und mehrfach pleite.«
»Und der hat etwas mit diesem geheimnisvollen Deal zu tun?«
»Vielleicht. D’Annunzio hatte am Gardasee ein riesiges Anwesen, das heute ein Museum ist. Vor ein paar Jahren habe ich mir das mal angeschaut. Außer einer großen Villa gibt es dort ein Freilichttheater, ein halbes Kriegsschiff, das in den Hang gegraben ist, und ein eigenes Mausoleum. D’Annunzio war eine Art Nationalheld und Duzfreund Mussolinis.
»Das würde auch dieses merkwürdige Wort Dutsche erklären. Das heißt bestimmt Duce.«
»Genau. Jedenfalls war D’Annunzio unglaublich raffiniert. Als er mal wieder in seinen Schulden zu ersticken drohte, hat er einfach kurzerhand sein ganzes Anwesen dem faschistischen Staat vermacht und sich dafür ein Wohnrecht auf Lebenszeit ausbedungen. So konnte er weiter standesgemäß leben. Es muss Dinge in diesem Museum geben, für die sich unsere beiden Trachtenfreunde interessieren.«
»Aber welche?« Anne war immer noch nicht sicher, ob sie auf der richtigen Spur waren.
»Dann lass uns doch mal googeln. Kann man mit diesem Rechner auch ins Netz?«
Anne schüttelte den Kopf und rief die Internetsuchmaschine auf dem Computer daneben auf. In mehreren italienischen Zeitungen von heute wurden sie fündig. Mit ihren sprachlichen Grundkenntnissen und der kuriosen Übersetzungshilfe von Google bekamen sie heraus, dass in der D’Annunzio-Gedenkstätte Vittoriale am Gardasee am besucherfreien Montag eingebrochen worden war. Außer dem Gästebuch des Dichters und einem wertvollen Manuskript sei aber nichts gestohlen worden. Das deute darauf hin, dass kriminelle Sammler diesen Einbruch in Auftrag gegeben hätten. In den vergangenen Monaten seien mehrere Museen, Kultureinrichtungen und Archive in Norditalien gezielt bestohlen worden. In der Regel handle es sich um Kunstwerke und Dokumente, die mit dem italienischen Faschismus zu tun hätten.
»Und du meinst, die beiden Alten haben bei Markgraf den Diebstahl von D’Annunzios Gästebuch in Auftrag gegeben?« Annes dekolletierter Busen wogte erregt auf und ab.
»Natürlich. Die beiden sammeln so einen Mist. Und sicher finden sich in dem Gästebuch nicht nur die Unterschriften führender italienischer Faschisten, sondern auch persönliche Widmungen prominenter Nationalsozialisten. Es würde mich nicht wundern, wenn unser Pärchen seine Bestellung am Sonntag auf dem Volksfest aufgegeben hätte. Denn schließlich habe ich Markgraf da auch herumlaufen sehen.«
»Jetzt wird mir auch klar, warum der Typ bei den rechten Schmierereien an der Messe so ausgerastet ist. Wenn der mit Nazi-Devotionalien handelt, will der natürlich mit so etwas nicht in Verbindung gebracht werden.«
»Deshalb hat er sich auch ein aufrechtes Demokratenimage zugelegt, um nur ja nicht in Verdacht zu geraten, er hätte mit der rechten Szene zu tun.« Beaufort sprach vor Eifer ziemlich laut. »Ich vermute ja, dass Markgraf eine ganze Hehlerbande befehligt. Genügend internationale Kontakte hat er ja. Er war sogar erst kürzlich am Gardasee, hab’ ich im Internet gelesen. Anne, deine Idee mit dem Aufnahmegerät war einfach super.«
»Nur mit den Morden hat das wohl eher nichts zu tun«, schränkte sie ein.
»Wahrscheinlich nicht. Aber das ist doch ein schöner Nebenbefund unserer Recherchen. Ich rufe gleich morgen früh Ekki an, dann kann er mal eine Razzia in der Villa Nagelschmidt & Hinz organisieren. Vielleicht finden sich ja auch Beweisstücke dafür, dass die beiden rechtsextreme Kameradschaften unterstützen. Ich würde wirklich zu gern bei dem Besuch dabei sein und mir ihre dummen Gesichter anschauen.«
»Ich auch«, sagte sie bedauernd, »aber um 14 Uhr ist gerade die Club-PK. Da muss ich hin.«
Annes Träger war von ihrer Schulter gerutscht, und Beaufort beugte sich vor, um ihre nackte Schulter zu küssen. Als er in die Nähe ihres Halses kam, gurrte sie leise. Ihre Brustwarzen richteten sich auf und zeichneten sich deutlich unter dem Stoff des Abendkleides ab.
»Sag mal, macht dich die Oper auch immer so spitz?«, hauchte sie.
»Jede Musik, die dir
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