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Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Titel: Rescue me - Ganz nah am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Koch
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besser aus.
    Leise knurrend meldete sich sein Magen. Hunger grummelte er. Den ganzen Tag über hatte er noch nicht wirklich viel gegessen, nur hin und wieder einen Müsliriegel. Auch Tyler hatte nichts zu sich genommen, außer Wasser. Aus seiner Hosentasche zog er die paar Dollarscheine. „Bestellst du Pizza? Ich lad’ dich ein.“
    Schweigend starrte Tyler ihn an. Diesmal war es eindeutig Ärger, der in seinem Blick flammte. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn ich es mache, lässt du mich dann endlich in Ruhe?“ Die Worte klangen schroff und abweisend.
    „Du nervst. Total!“, schleuderte er ihm entgegen. „Raus hier. Lass dich nie wieder hier oben blicken, sonst haue ich dir was auf die Fresse, klar?“

 
Zehn
    Am nächsten Morgen beschloss ich, heute auf keinen Fall nach unten zu gehen. Wollte niemanden sehen. Wollte Ryan nicht sehen. Ich verriegelte die Tür. „Niemand wird ohne meine Erlaubnis über diese Schwelle treten.“
    „Sind wir heute etwas trotzig? Warum willst du ihn nicht sehen, er meint es doch nur gut.“ Dad gab ungefragt seinen Senf dazu.
    „Ryan nervt. Ich will nicht gestört werden. Das gilt übrigens auch für dich, Dad. Verstanden?“ Den Teil mit dem ‚Gutmeinen‘ ignorierte ich. Unruhig lief ich in meinem Zimmer hin und her. Überhaupt. Seit wann fungierte Dad als Psychoonkel?
    In den ungezählten Nächten, in denen ich mit meinem Vater gesprochen hatte, ging es um die Rennen. Um Autos, an denen wir gebastelt hatten. Die Viper. Eigentlich belangloses Zeug. Nicht um Seelenkram. Und um Ryan schon gar nicht.
    Mit der Fernbedienung aktivierte ich den CD-Spieler. Dröhnender Death Metal erfüllte den Raum. I am the black thoughts of the night, deep in the darkness of your mind! , grölte es mir entgegen.
    Cannibal Corps, diese Band hörte ich am liebsten. Düstere, brutal ehrliche Texte, die genau beschrieben, wie es in meinem Innersten manchmal aussah. Ich lauschte noch einen Moment, dann warf ich mich aufs Bett. Mein sauberes, frisch bezogenes Bett. Verdammt! Ryan war schlimmer als meine Mutter früher. Mach dies, tu das. Aufräumen, Zimmer streichen. Scheiße, was interessierte es Ryan, wie ich hauste. Was würde er als Nächstes tun? Mir Schlips und Kragen verpassen?
    „Jetzt wird er dich bestimmt nicht mehr stören. Du hast ihm ja ziemlich deutlich gesagt, was du davon hältst, oder?“ Dad klang etwas vorwurfsvoll. „Du hast deinem besten Freund Schläge angedroht.“
    „Na und? Muss er halt mit leben. Muss ich auch“, verteidigte ich mich.
    Damit leben, was andere von mir dachten. „Außerdem ist er nicht mehr mein bester Freund.“
    Ich rollte zur Bettkante. Vielleicht fand sich unter dem Bett noch eine gefüllte Wodkaflasche, die Ryans sinnloser Aufräumwut entgangen war – doch Fehlanzeige. Unter dem Bett war es makellos sauber.
    Fluchend zündete ich mir stattdessen eine Zigarette an. Tief sog ich den Rauch ein und rümpfte die Nase. Überall stank es nach frischer Farbe. „Das ist ekelhaft.“ Der ganze Zustand meines Zimmers war unerträglich! Ich war ein Mann. Da sah es nun mal unordentlich aus. „Was ist an etwas Müll und ein paar dreckigen Tellern auf dem Fußboden so schlimm?“
    Dad lachte. So richtig herzhaft. „Ja genau! Das bisschen Müll. Keine Bazillen mehr und nicht mehr knöcheltief im Dreck waten. Es fehlt dir, richtig? Gib bloß nicht zu, dass es dir jetzt gefällt!“
    Statt eines Kommentares fuhr ich die Lautstärke höher, bis die Bässe mein Innerstes vibrieren ließen. I am the blood you seek to spill, I am you inner drive to kill , tönte es.
    Gar nichts würde ich zugeben. Nicht, dass mir die Ordnung in meinem Zimmer gefiel, nicht, dass ich die Farben gut fand, die Ryan ausgesucht hatte. Und vor allem nicht, dass ich erregt gewesen war, als Ryan mich so plötzlich aus meinem Traum gerissen hatte. Ich warf die Kippe in den Aschenbecher. Dann verschränkte ich die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen.
    Der Traum. Ryan und ich. Unter der Dusche, wo ich ihn von Kopf bis Fuß einseifte. Ihm mit beiden Händen zärtlich über die helle Haut fuhr, langsam den schmalen Rücken hinab, die Brust wieder hinauf strich. Ich sah Ryan vor mir, wie er an den Fliesen lehnte, den Kopf in den Nacken gelegt, die großen himmelblauen Augen geschlossen. Ich hatte meine Hand tiefer geschoben, bis ich bei Ryans Schwanz angelangt war. Vorsichtig hatte ich ihn in meine Hand genommen, ihn ganz sanft nur berührt, ihn gestreichelt. Wollte Ryan mit

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