Rescue me - Ganz nah am Abgrund
angemischte Farbe, damit würden sie jetzt dieses Zimmer streichen. Nicht eine Stunde länger würde er Tyler in diesem schwarzen Loch hausen lassen. Kein Wunder, dass der immer so mies drauf war.
Vor der Zimmertür blieb er kurz stehen. Holte tief Luft und platzte hinein.
„Überraschung!“, rief er dabei fröhlich. „Du hast die Komplettrenovierung deines Zimmers gewonnen!“
Es war nicht ganz wie vorgestern. Tyler lag im Bett, unter der Decke war er fast gar nicht auszumachen. Schlief er wirklich noch oder tat er nur so? Das konnte Ryan im Halbdunkel nicht erkennen. Genau wie vorgestern lief er zum Fenster und riss es auf. Als frische Luft und Licht hereinströmten, begann es unter der Decke zu zucken.
„Du schon wieder“, kam es dumpf darunter hervor.
„Ja, ich schon wieder.“ Ryan schob einen Stapel Autozeitschriften zur Seite und ließ sich auf der Kante des Schreibtisches nieder. Dabei stieß er gegen die Computermaus, der Bildschirm sprang an. Eine Seite war noch geladen. Doch bevor er erkennen konnte, welche es war, setzte Tyler sich auf.
Natürlich griff er als Erstes nach den Zigaretten, die auf dem kleinen Schränkchen neben ihm lagen. Die aufleuchtende Flamme ließ die Piercings aufblitzen, erhellte sein weiß verschmiertes Gesicht, den nackten Oberkörper. Die langen Haare standen wild zerzaust um seinen Kopf.
„Was zur Hölle willst du?“ Seine Stimme klang rau, völlig verschlafen. Nach einem Blick auf die Uhr sank er mit einem Aufstöhnen in die Kissen zurück. „Halb neun? Du spinnst wohl. Komm um eins. Oder geh am besten gleich wieder!“
Ryan schüttelte bloß den Kopf. „Nein. Wir werden jetzt dein Zimmer streichen.“
Gespannt beobachtete er Tylers Gesicht. In dessen Augen glomm kurz so etwas wie Überraschung auf, doch dann war es auch schon wieder verschwunden.
„Was willst du? Streichen? Bist du bescheuert?“, motzte er. „Mir gefällt es, so wie es ist.“
„Dein Zimmer ist traumatisch! Hier krieg’ ich Beklemmungen!“
„Hab’ dich nicht eingeladen.“ Tyler zog in aller Ruhe an seiner Zigarette. „Mein Zimmer hat genau die Farbe, die ich will.“
„So was kannst du jemandem erzählen, der sich nachts an Jungfrauen vergreift und deren Blut trinkt“, konterte Ryan.
„Woher willst du wissen, dass ich nicht genau das mache. Schließlich bin ich hier Satans Anhänger. Vergessen?“
„Satans Anhänger?“ Ryan schnaubte nur. „Norman sagt, du bist so wenig ein Satanist, wie er Mr. Beachboy sei.“
„Sagt er?“, fragte Tyler lauernd.
„Ja. Und ich denke, er hat recht.“ Ryan hob die Hand, als Tyler etwas einwenden wollte. „Warte. Ich glaube auch nicht, dass du ein Satanist bist.“
Und dann sagte er einfach, was ihm in den Sinn kam. „Ich weiß, was du tust. Du versteckst dich. Hinter dieser dicken weißen Maske. Hinter dem ganzen Leder und den Nieten. Du vergraulst alle, allein durch dein Aussehen. Aber bei mir wird es nicht länger funktionieren. Also kannst du es auch gleich lassen.“ Ryan sah ihm fest in die Augen. Braun und abwartend funkelten sie ihn an.
„Ich werde jetzt anfangen, dein Zimmer zu streichen. Hilf mir oder lass es. Deine Wahl.“ Damit sprang er vom Schreibtisch und begann, ihn ächzend von der Wand weg zu ziehen. Dasselbe tat er mit dem Regal und dem Schreibtischstuhl. Es dauerte eine Weile, aber alles wurde in die Mitte verfrachtet.
Tyler kauerte immer noch auf seinem Bett und sah ungerührt zu. Erst, als Ryan anfing, die Möbel mit Folie zu bedecken, erhob er sich. Er reckte sich langsam und kratzte über seine Brust, seinen Bauch.
Ryans Blick blieb zuerst an dem kleinen Metallring mit den Totenköpfen in der Brustwarze kleben, dann folgte er der Hand bis hinunter zum Bund der Boxershorts.
Ach du lieber Gott! War das etwa … Ja, er hatte richtig gesehen. Tyler hatte eine Latte. Die Ausbuchtung in den engen tiefsitzenden Shorts war überdeutlich. Ryan spürte, wie er knallrot anlief.
„Du bist so lästig wie ein Eiterpickel“, nörgelte Tyler, während seine Fingernägel leise über die straffe Bauchdecke schabten.
„Na und? Die Dinger übersieht man wenigstens nicht“, rief Ryan aufgewühlt. Genauso wenig wie diese festen Bauchmuskeln. Wie dieses spezielle Piercing. Oder eine Morgenlatte, dachte er. Ihm brannten die Wangen vor Röte und insgeheim verfluchte er seinen hellen Teint. Wahrscheinlich konnte sein Gesicht locker auch als Leuchtsignal herhalten!
Ihm war unerträglich heiß, doch das kam nur von der
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