Reseph
Tor steht offen.«
»Reseph!«, schrie sie.
Reseph warf sich gegen die Wand des Tornados, immer wieder, hielt sich mit beiden Händen den Kopf, als der Lärm lauter wurde.
»Bitte! Du kannst das.« Jillians Stimme glich einem Schluchzen, als die Verzweiflung sie zu erdrücken drohte.
Reseph warf den Kopf zurück und stieß ein Brüllen aus. Der Strudel geriet ein klein wenig ins Schwanken. Nach einem weiteren Schrei bewegte das Schwanken das ganze Ding einige Meter weit. Teile des Wirbels begannen sich aufzulösen, und das Schwanken wurde heftiger.
Jillian erhob sich mühsam. »Reseph?«
Er stürzte sich aus dem Wirbel hinaus und landete direkt vor ihr. Sein Körper war mit Blut und blauen Flecken übersät. Stöhnend warf er sich herum und sah sie an.
Mit Pestilence’ Augen.
Jillian schluckte ihre Furcht hinunter und nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände. »Ich liebe dich. Komm zu mir zurück.« Ohne nachzudenken, küsste sie ihn.
Verwirrt zog er sich zurück, aber sie ließ ihn nicht los. Sie drückte ihren Mund weiterhin fest auf den seinen, küsste ihn verzweifelt, küsste ihn in dem fieberhaften allerletzten Versuch, den Reiter zurückzuholen, den sie liebte.
Einen wunderschönen Moment lang erwiderte er ihren Kuss; seine Lippen waren zärtlich, seine Zunge streifte die ihre flüchtig. Ein Gefühl der Euphorie wärmte sie, nährte ihre Hoffnung, dass es geschafft wäre. Dass Reseph dem Sieg nah war –
Brennender Schmerz versengte ihren Mund. Er hatte sie in die Lippe gebissen. Sie schmeckte Blut, fühlte, wie ihre Welt um sie herum einstürzte.
»
Jillian
.« In Resephs Stimme lag unermessliches Leid. Er bäumte sich auf, ein Knurren drang aus seiner Kehle. »
Du. Wirst. Nicht. Siegen!
«
Er hob die Hand, packte die beiden Ketten um seinen Hals und riss fest genug an ihnen, um die Glieder zu zerreißen.
Alles war mit einem Schlag ruhig und eine unheimliche Stille setzte ein, als ob die Luft aus einem riesigen Ballon herausgelassen worden wäre. Der Tornado verschwand, als ob er niemals existiert hätte, das Tor schloss sich, und Reseph brach auf dem Eis zusammen.
»Reseph?« Sie strich ihm das Haar aus dem Gesicht, flehte ihn stumm an, die Augen zu öffnen. »Geht es dir gut? Rede mit mir.«
Als er sich nicht rührte, legte sie ihm das Ohr auf die Brust. Was, wenn Wormwood funktioniert hatte?
Bitte sei nicht tot … bitte sei nicht tot …
Sie fühlte seinen Herzschlag. Gott sei Dank war er am Leben, aber warum bewegte er sich nicht? »Reseph?« Sie schüttelte ihn bei den Schultern, und plötzlich schlug er die Augen auf.
Ein erschöpftes Lächeln erschien auf seinen Lippen. »Hey, Liebling.«
Sie warf sich auf ihn, bedeckte seinen Körper mit ihrem und klammerte sich einfach an ihn. »Bitte sag mir, dass es vorbei ist. Bitte.«
Er legte die Arme um sie. »Es ist vorbei«, sagte er heiser. »Ich habe den Mistkerl besiegt. Es hat sich wie geistiges Armdrücken angefühlt, aber ich hab’s geschafft.«
»Bist du sicher?« Thanatos hockte ein, zwei Meter von ihnen entfernt. An seiner Hand baumelte die zerrissene Kette, die zu dem bösen Stein gehörte. »Pestilence ist sicher unter Verschluss?«
»Oh ja. Ich habe das Behältnis repariert.«
Jillian atmete zitternd aus. »Behältnis?«
»Das ist eine lange Geschichte.« Reseph blickte zu Jillian auf. In seinem Blick stand so viel Zärtlichkeit, dass ihr Tränen in die Augen traten. »Das ist dein Verdienst, Jillian. Ich weiß ehrlich nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, ihn zu besiegen, aber ich konnte nicht zulassen, dass er dir wehtut. Und ich konnte nicht zulassen, dass seine Taten mich bis in alle Ewigkeit verfolgen und das Behältnis weiter schwächen.«
Sie vergrub das Gesicht an seinem Hals; dieses seltsame Gefäß war ihr doch völlig gleichgültig. Was zählte, war, dass er gesiegt hatte. »Ich wusste, dass du es kannst. Ich habe nie an dir gezweifelt.«
»Arik, du hast deine Seele zurück.« Reseph strich mit der Hand ihren Rücken auf und ab. »Ich weiß, das macht nicht alles wieder gut –«
»Hey.« Arik unterbrach Reseph einfach. »Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir alle noch einmal von vorne anfangen.«
»Dem stimme ich zu«, murmelte Jillian. »Ich jedenfalls bin zu einem Neuanfang mehr als bereit.« Sie setzte sich auf und blickte auf ihre blutverschmierte Haut und das zerrissene Hemd hinunter. »Und ich brauche eine Dusche.«
Reseph grinste. »Ich bin dabei.«
»Gott«, murmelte Arik. »Es ist gerade mal
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