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Reseph

Reseph

Titel: Reseph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Ione
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war vermutlich ziemlich dämlich von ihr, doch sie zog ihren Mantel aus und legte ihn über den Kerl, vergaß auch nicht, die Ärmel sorgfältig unter ihn zu schieben. Die Schichten aus diversen T-Shirts und Hemden sollten sie für eine Weile schützen können, solange sie sich nur beeilten.
    »Los, Sammy.« Sie drängte den Wallach, sich rascher vorwärtszubewegen, als ihr normalerweise lieb gewesen wäre, doch an dieser Situation war nichts normal.
    Als sie endlich den Rauch ihres Holzofens roch, war ihr eiskalt, und sie war völlig erschöpft. Ihre Lider waren mit Eis überzogen, als sie Sam zu der wackligen Veranda führte. Bei jedem Atemzug verbrannte die eisige Luft ihre Lungen, als sie den bewegungslosen Mann vom Schlitten herunterzerrte und dann Sam ausspannte. Das Geschirr würde sie ihm später abnehmen. Jetzt musste sie erst einmal den Mann ins Haus und das Pferd in die Scheune bringen.
    Sie rannte die dreißig Meter bis zur Scheune und öffnete die Tür, wobei sie sich ein Duell mit dem Sturm lieferte. Sam trottete hinein; sie machte sich gar nicht erst die Mühe, ihn zu seiner Box zu bringen, die würde er auch allein finden.
    Nur schade, dass es nicht annähernd so einfach war, den Mann in ihr Schlafzimmer zu bugsieren, wie das Pferd unterzubringen. Als Fitnessfreak, der außerdem noch eine kleine Farm bewirtschaftete, war Jillian alles andere als ein Schwächling, aber sie hatte den Verdacht, sich etwas ausgerenkt zu haben, als sie das Fischstäbchen über den Boden schleifte. Weitere zehn Minuten verbrachte sie damit, an ihm herumzuziehen und zu zerren, um ihn auf ihr Bett zu hieven.
    Als er endlich auf dem Rücken und alle viere von sich gestreckt dort lag, wobei seine breiten Schultern verdammt viel Platz auf der Matratze einnahmen, schaltete sie die elektrische Heizdecke auf die höchste Stufe und überprüfte seinen Puls. Immer noch stark. Müsste er nicht eher schleppend und schwach sein? Sie hatte eine Grundausbildung in Erster Hilfe und eine Ausbildung bei der Bergwacht für den Such- und Rettungsdienst gemacht, und soweit sie sich erinnerte, verursachte Hypothermie einen langsamen, schwachen Puls. Der vom Fischstäbchen war genau das Gegenteil. Regelmäßig, ansteigend, und sie hätte schwören können, dass seine Haut sich sogar schon ein wenig rosa färbte.
    Sie beschloss, dieses Geheimnis vorerst einmal ruhen zu lassen, und überprüfte das Telefon. Na klar, es war tot. Als Nächstes schürte sie das Feuer und stellte die Elektroheizung auf fünfundzwanzig Grad. Sie hatte Glück, dass der Strom noch funktionierte. Das Licht flackerte immer wieder, und es war vermutlich nur eine Frage der Zeit, ehe es ihr mit dem Strom genauso ginge wie mit dem Telefon.
    Oh, und dann war sie ganz allein in der Dunkelheit, ohne Telefon, mitten im Nirgendwo … mit einem Fremden.
    Das war wie der Anfang eines Horrorfilms. Sie besaß sogar das typische kleine Tier, um zu beweisen, dass die Lage ernst war, und sich sämtliche Frauen im Publikum Sorgen machten.
    Ihr bengalischer Kater Doodle beobachtete die Aktivitäten von seinem Lager vor dem Holzofen aus; ihn ließ die Anwesenheit eines Fremden im Haus völlig kalt. Aber ihn brachte ohnehin so schnell nichts aus der Ruhe. Solange er nur zu fressen und jemanden hatte, der ihn streichelte, machte er sich gar nicht erst die Mühe, sich über irgendetwas aufzuregen.
    »Du bist wirklich eine große Hilfe, Kumpel.« Sie warf Doodle einen finsteren Blick zu und zog sich eine trockene Jogginghose und Hausschuhe an. »Ich werd mal nach diesem Fremden in meinem Bett sehen, aber mach dir meinetwegen bloß keine Sorgen, okay?«
    Doodle blinzelte sie mit seinen grünen Augen an.
    Sie wünschte, sie hätte einen großen Hund …
    Jillian schlüpfte ins Schlafzimmer. Als sie eintrat, seufzte Fischstäbchen und bewegte sich; es war nur eine winzige Bewegung, aber genug, um sie Hoffnung schöpfen zu lassen.
    Dann schlug er plötzlich die Augen auf.
    Erschrocken wich sie zurück und schlug sich die Hand vor den Mund. Seine Augen … Gott, die waren unglaublich. Sie strahlten im hellsten Blau, das man sich vorstellen konnte und waren kristallklar, so wie der Rand eines flachen Gletschers. Er starrte sie an, aber es war nichts Kaltes in seinem Blick. Die pure Hitze, die sie ausstrahlten, drang durch sie hindurch bis tief in ihr Innerstes.
    Sie kam sich albern vor, weil sie überreagiert hatte – auch wenn ihre Beine immer noch zitterten –, und kehrte an das Bett

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