Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
duckte sich und hielt ihre Beretta bereit. Der kleine Raum war tatsächlich quadratisch – und völlig leer.
Sich aufrichtend, betrat Jill die Kammer, taxierte kurz deren schlichte Eleganz und wandte sich der Tür zu ihrer Rechten zu. Der Raum hatte eine hohe, lichte Decke, die Wände waren aus cremefarbenem, goldgesprenkeltem Marmor – wunderschön. Und teuer, um es milde auszudrücken. Mit vagem Wehmut dachte Jill an die alten Zeiten mit Dick, an all ihre großen Pläne und Hoffnungen, die sie an jeden Einbruch geknüpft hatten. Hier sah sie, was sich mit richtigem Geld kaufen ließ …
Sie machte sich bereit, umfasste das kalte, schimmernde Metall des Riegels und drückte die Tür auf. Ein schneller Halbkreis mit der Beretta, und Jill spürte, wie sie sich entspannte. Sie war allein.
Es gab einen aufwändig gearbeiteten Kamin, direkt unter einem reich verzierten, rotgoldenen Gobelin, und auf einem dunkelorangefarbenen Teppich in orientalischem Design standen eine niedrige moderne Couch mit einem dazu passenden ovalen Tisch. An der Rückwand hing … eine Pumpgun, mit zwei Haken befestigt. Sie glänzte im Licht der antiken Lampen darüber. Jill grinste und durchquerte rasch das Zimmer. Sie konnte ihr Glück kaum fassen.
Bitte, sei geladen, bitte, sei geladen …
Als sie vor der Waffe stehen blieb, erkannte sie das Modell. Gewehre waren zwar nicht ihre Stärke, aber das hier entsprach genau dem Modell, das auch die S.T.A.R.S.-Mitglieder benutzten: eine Remington M870, fünf Schuss.
Sie schob die Beretta ins Holster und nahm, immer noch lächelnd, das Gewehr mit beiden Händen von der Wand ab. Doch ihr Lächeln schwand, als die beiden Halterungshaken, des Gewichts der Waffe entledigt, klickend nach oben schnappten. Gleichzeitig ertönte jenseits der Wand ein schwereres Geräusch, ein Laut wie von ausgewogenem Metall, das nun seine Lage veränderte.
Jill wusste nicht, was es bedeutete, aber es gefiel ihr nicht. Schnell drehte sie sich um und sondierte das Zimmer auf Bewegung. Doch alles war so still, wie sie es vorgefunden hatte, keine kreischenden Vögel, keine plötzlichen Sirenen oder blinkenden Lichter, keines der Bilder fiel von der Wand. Hier existierte keine Falle …
Erleichtert überprüfte sie die Waffe und fand sie geladen, das Magazin voll. Jemand hatte sie gepflegt, der Lauf war sauber und roch schwach nach einem Reinigungsmittel und Öl; im Augenblick war dies der beste Geruch, den Jill sich vorstellen konnte. Das schwere Gewicht in ihren Händen verlieh ihr Sicherheit, das Gefühl von Macht.
Sie durchsuchte den übrigen Raum und war enttäuscht, dass sie keine weiteren Patronen fand. Dennoch, der Fund der Remington war ein Glücksfall. Die S.T.A.R.S.-Westen waren mit einem Rückenholster für eine Flinte oder ein Gewehr ausgestattet, und wenn sie auch nicht allzu gut darin war, eine Waffe über die Schulter zu ziehen, konnte Jill sie auf diese Weise doch wenigstens tragen, ohne sich quasi selbst die Hände zu binden.
Ansonsten gab es nichts Interessantes in dem Zimmer. Jill ging zur Tür und konnte es kaum noch erwarten, in die Haupthalle zurückzukehren, um Barry über ihre Entdeckungen zu unterrichten. Auf dieser Seite des Erdgeschosses hatte sie jeden Raum, den sie öffnen konnte, überprüft. Wenn er im anderen Flügel dasselbe geschafft hatte, konnten sie sich nach oben wenden, um ihre Suche nach den Bravos und ihren verschollenen Teamkameraden abzuschließen. Und um dann, hoffentlich gemeinsam mit ihnen aus diesem elenden Leichenschauhaus zu verschwinden.
Sie schloss die Tür hinter sich, schritt über den schieferfarbenen Marmor, fasste nach dem Knauf und hoffte, dass Barry inzwischen Chris und Wesker gefunden hatte. Hier sind sie bestimmt nicht gewesen.
Die Tür war abgeschlossen. Stirnrunzelnd versuchte Jill, den kleinen goldenen Knauf zu drehen. Er ließ sich eine Idee bewegen, gab aber nicht genügend nach. Schlagartig beunruhigt, äugte Jill durch den winzigen Spalt, wo die Tür auf den Rahmen traf.
Da war er, neben dem Griff, der dicke Stahlbolzen, der auf einen Innenriegel hinwies, einen äußerst massiven noch dazu; der ganze Bereich drum herum war verstärkt. Aber nur ein Schlüsselloch, und das ist für das reguläre Schloss …
Klick! Klick! Klick!
Von oben regnete Staub herab, als das Geräusch sich drehender Zahnräder den Raum zu erfüllen begann, das tiefe, rhythmische Rattern von Metall, irgendwo hinter den Wänden aus Stein.
Was …?
Erschrocken blickte Jill
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