Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
jetzt war kaum die geeignete Zeit, um sich zu betrinken. Seufzend drehte sie sich um und inspizierte den Rest des Raumes.
Außer dem Klavier gab es nicht viel zu sehen. Links von ihr hing das kleine Gemälde einer Frau an der Wand – ein farbloses Porträt in dunklem Rahmen. Auf dem Boden neben dem Flügel stand eine welkende Laubpflanze, wie Rebecca sie häufig in hübschen Restaurants gesehen hatte. Darüber hinaus gab es noch einen an der Wand befestigten Tisch mit einem umgedrehten Martini-Glas darauf. In Anbetracht all dessen wirkte das Klavier dann fast schon wieder interessant.
Rebecca ging an dem Stutzflügel vorbei und lugte in die Öffnung zu ihrer Rechten. An einer Seite standen zwei leere Bücherregale.
Mit gerunzelter Stirn trat sie näher an die Regale heran. Das kleinere, außen stehende war leer, das dahinter jedoch …
Sie legte ihre Hände gegen das vordere Regal und schob es nach vorne. Es war nicht schwer und ließ sich leicht bewegen. Auf dem Holzboden blieben Spuren im Staub zurück.
Rebeccas Blick schweifte über die Fächer des zweiten Regals. Enttäuschung stieg in ihr auf. Ein zerbeultes altes Jagdhorn, ein verstaubtes Bonbonglas, einige Nippesvasen und ein paar Notenblätter mit Klaviermusik, die in einem kleinen Ständer steckten … Sie besah sich den Titel und verspürte einen plötzlichen Hauch nostalgischer Wärme, weil sie an die Zeit zurückdenken musste, als sie selbst noch gespielt hatte – es war die Mondschein-Sonate , eines ihrer Lieblingsstücke.
Rebecca nahm die vergilbten Blätter und erinnerte sich der Stunden, die sie darauf verwandt hatte, es zu lernen. Damals war sie zehn oder elf Jahre alt gewesen, und es war genau dieses Stück gewesen, das ihr zu der Einsicht verholfen hatte, nicht zur Pianistin geschaffen zu sein. Es war eine wunderschöne, zarte Melodie, und sie hatte sie jedes Mal, wenn sie auf der Bank Platz genommen hatte, ziemlich verdorben.
Mit der Komposition in der Hand ging sie zurück und betrachtete den Flügel nachdenklich. Es war ja nicht so, dass sie gerade etwas Besseres zu tun gehabt hätte …
Und außerdem hört es vielleicht jemand vom Team und kommt dann, um dem Ursprung des schrecklichen Lärms auf den Grund zu gehen.
Grinsend staubte sie die Bank ab, setzte sich und stellte die Blätter aufgeschlagen auf den Notenständer. Ihre Finger fanden die richtige Haltung fast automatisch, während sie die einleitenden Noten las – gerade so, als hätte sie das Klavierspielen nie aufgegeben. Es war ein gutes Gefühl, eine willkommene Ablenkung von den Schrecknissen, die in der Villa lauerten.
Langsam, zögerlich begann sie zu spielen. Als die ersten melancholischen Töne in die Stille drangen, spürte Rebecca, wie sie sich entspannte, wie Druck und Furcht verflogen. Sie war noch immer nicht allzu gut, ihr Tempo so daneben wie eh und je – aber sie traf die richtigen Noten, und die Kraft der Melodie machte ihre mangelnde Finesse mehr als wett.
Wenn nur die Tasten nicht so schwergängig wären …
Hinter ihr bewegte sich etwas.
Rebecca sprang auf, stieß in der Drehung die Bank um und suchte hastig nach dem vermeintlichen Angreifer. Was sie sah, traf sie so unerwartet, dass sie für ein paar Sekunden erstarrte, unfähig zu begreifen, was sie sah.
Die Wand bewegt sich!
Noch während die letzten Noten in der kühlen Luft schwangen, glitt ein quadratmetergroßes Paneel der kahlen Wand zu ihrer Rechten nach oben in die Decke und kam mit einem Rumpeln sanft zum Halten.
Rebecca rührte sich einen Moment lang nicht, wartete darauf, dass etwas Schreckliches geschah – doch nichts bewegte sich, und die Sekunden verstrichen. Der Raum war so still und bar aller Bedrohung wie zuvor.
Versteckte Notenblätter. Seltsam steife Klaviertasten …
… als wären sie womöglich mit einer Art Mechanismus verbunden?
Hinter der schmalen Öffnung lag eine bis dahin verborgene Kammer, etwa von der Größe eines begehbaren Schrankes, genauso sanft erhellt wie der Rest des größeren Vorraumes. Bis auf eine Büste und einen Sockel war sie leer.
Rebecca trat auf die Öffnung zu und verharrte. Gedanken an Todesfallen und Giftpfeile wirbelten ihr durch den Sinn. Was war, wenn sie hineinging und dabei irgendeine Katastrophe auslöste? Was, wenn sich die Tür schloss und sie da drinnen festsaß – und Chris nicht zurückkam?
Was, wenn du das einzige Mitglied von S.T.A.R.S. wärst, das bei dieser Mission einen feuchten Schmutz gebacken kriegt? Zeig mal ein
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