Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
seine warme Hand auf die Schulter und geleitete sie zurück ins Haus. Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, hob er die Hand lächelnd zu einem lässigen Salut.
„Viel Glück“, sagte er, und ehe Jill etwas erwidern konnte, drehte er sich um und eilte, die Waffe in der Hand, davon. Er schlüpfte durch die Doppeltür am Ende des Korridors und war verschwunden.
Jill schaute ihm nach, einmal mehr allein in der Stille des düsteren Flures. Sie bildete es sich nicht nur ein – Barry verheimlichte ihr tatsächlich etwas. Aber war es etwas, weswegen sie sich Sorgen machen musste, oder versuchte er nur, sie zu beschützen?
Vielleicht hat er Chris oder Wesker tot aufgefunden und wollte es mir nicht sagen …
Das war kein schöner Gedanke, aber er hätte Barrys seltsames Verhalten erklärt. Er wollte offensichtlich, dass sie so schnell wie möglich aus dem Haus herauskamen und sie, Jill, auf der Westseite blieb. Dazu kam die Art und Weise, wie er auf den Rätselmechanismus fixiert war – er schien sich mehr um einen Ausweg zu sorgen als um den Verbleib von Chris und Wesker …
Jill sah auf die beiden zusammengesunkenen Gestalten, die im Flur lagen, umgeben von langsam trocknenden roten Lachen mit klebriger Flüssigkeit. Vielleicht versuchte sie zu sehr, ein Motiv zu finden, das es gar nicht gab. Vielleicht hatte Barry, genau wie sie, einfach nur Angst und die Nase voll von dem Wissen, dass der Tod jederzeit zuschlagen konnte.
Vielleicht sollte ich endlich aufhören, darüber nachzudenken, und meinen Job tun. Ob wir die anderen nun finden oder nicht, er hat recht, wenn er sagt, wir müssen hier raus. Die Leute in der Stadt müssen erfahren, was hier draußen los ist …
Jill straffte die Schultern, ging zu der hinter der Treppe liegenden Tür, und zog ihre Waffe. Sie hatte es so weit gebracht, da konnte sie es wohl auch noch ein bisschen weiter schaffen und versuchen, das Geheimnis zu lüften, das so viele das Leben gekostet hatte.
Oder bei dem Versuch sterben, wisperte es verhalten in ihrem Kopf.
Forest Speyer war tot. Den gut gelaunten, feinen alten Knaben aus dem Süden, der stets verschlissene Klamotten und ein lockeres Grinsen zur Schau getragen hatte, gab es nicht mehr. Dieser Forest war fort, und zurückgelassen hatte er einen blutüberströmten Doppelgänger, der zusammengesunken an der Wand lag.
Auf dieses „Double“ starrte Chris hinab. Die fernen Geräusche der Nacht gingen unter in einem plötzlichen Windstoß, der ums Gesims peitschte und heulend durch das Geländer der Dachterrasse fuhr. Es waren gespenstische Laute, doch Forest konnte sie nicht hören; Forest würde nie wieder etwas hören.
Chris ging neben dem reglosen Körper in die Hocke. Behutsam wand er die Beretta aus den kalten Fingern. Er nahm sich vor, nicht hinzuschauen, doch als er nach Forests Gürteltasche langte, begegnete sein Blick doch der furchtbaren Leere, dort, wo einmal die Augen des Bravos gewesen waren.
Herrgott, was ist geschehen? Was ist mit dir passiert, Mann?
Forests Leiche war mit Wunden übersät, die meisten drei bis fünf Zentimeter durchmessend und gesäumt von rohem, blutigem Gewebe – als sei Hunderte Male mit einem stumpfen Messer auf ihn eingestochen worden und als habe jeder dieser brutalen Hiebe Fetzen aus seiner Haut und seinem Fleisch gerissen. Ein Teil des Brustkorbs war grausam entblößt. Knochenhelle Streifen stachen von der aufgebrochenen Röte ab. Forests augenloses Starren setzte dem Entsetzen die Krone auf. Als habe sich der Mörder nicht damit begnügen können, ihm das Leben zu nehmen, sondern seine Seele noch dazu gewollt …
In Forests Tasche fanden sich drei Magazine für die Beretta. Chris steckte sie ein und stand rasch auf. Er riss den Blick gewaltsam von dem verheerten Leichnam los. Schweratmend sah er hinaus über den dunklen Wald. Seine Gedanken waren ein heilloses Durcheinander. Sie suchten nach Halt, nach einer Erklärung, und waren doch außerstande, sich an die klar ersichtlichen Fakten zu klammern.
Zurück in der Haupthalle hatte Chris beschlossen, sämtliche Türen zu überprüfen, um herauszufinden, welche davon abgesperrt waren – und als er den blutigen Handabdruck in der kleinen Diele im Obergeschoss bemerkt und die klagenden Vogelschreie gehört hatte, war er losgestürmt, bereit, der Gerechtigkeit zu einem ersten Teilsieg zu verhelfen …
Krähen. Es klang wie Krähen, wie eine ganze Schar … Oder ein Schwarm, um es genau zu sagen. Ja, ein Rudel Hunde, eine
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