Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
so viel Regeneration wie möglich zu ziehen.
David Trapp machte auf sie den Eindruck eines extrem kompetenten und intelligenten Mannes, wenngleich er etwas eigenbrötlerisch wirkte. So cool er auch unter Druck reagierte, Smalltalk schien ihn regelrecht zu lähmen. Diese Feststellung brachte Rebecca zu der Frage, was für ein Leben er wohl führen mochte. Sie war beeindruckt, wie schnell er einen Plan parat gehabt hatte, der sie aus Barrys Haus brachte, und froh darüber, dass er den Einsatz in Caliban Cove leitete – auch wenn es schwer fiel, ihn als Captain zu betrachten. Er strahlte keine wirkliche Autorität aus und schien das auch nicht zu wollen. Dazu passte, dass er darauf bestanden hatte, schlicht David genannt zu werden. Selbst als er während des Überfalls die Führung übernommen hatte, war es ihr nicht vorgekommen, als gäbe er ihnen Befehle, sondern eher, als biete er ihnen Vorschläge an.
Vielleicht liegt es nur an seinem britischen Akzent. Alles, was er sagt, klingt irgendwie … höflich.
Im Schlaf furchte David jetzt die Stirn, und seine Lider flatterten unter der Last unangenehmer Träume. Nach ein paar Sekunden stieß er ein leises, kindlich kummervolles Stöhnen aus. Rebecca zog kurz in Betracht, ihn aufzuwecken, doch da schien er bereits überwunden zu haben, was ihn geplagt hatte, und seine Stirn glättete sich wieder. Rebecca kam sich plötzlich vor, als dringe sie in seine Privatsphäre ein, und sah weg.
Vielleicht träumt er von dem Überfall. Davon, dass er jemanden töten musste, den er kannte …
Sie fragte sich, ob das Bild jenes Mannes, den sie erschossen hatte, auch sie verfolgen würde – jene schemenhafte Gestalt, die neben Barrys Haus zu Boden gesunken war. Sie wartete immer noch darauf, dass Schuldgefühle erwachten – und während sie noch darüber nachdachte, stellte sie überrascht fest, dass ihr Verstand keine Anstrengungen übernahm, um die Angelegenheit mit Argumenten der Vernunft zu rechtfertigen. Sie hatte jemanden niedergestreckt, und es war gut möglich, dass er tot war – aber alles, was sie im Zusammenhang damit empfand, war Erleichterung, dass sie ihn daran gehindert hatte, sie oder einen anderen des Teams zu töten.
Rebecca schloss die Augen und atmete die kühle Luft, die durch den Passagierraum strömte, tief ein. Sie konnte den Moschusgeruch getrockneten Schweißes auf ihrer Haut riechen und beschloss, dass eine Dusche ihre erste Priorität sein würde, sobald sie im Hotel ankamen. David wollte es nicht riskieren, in sein Haus zurückzukehren, für den Fall, dass ihn jemand von dem Überfallkommando erkannt hatte. Also würden sie Hotelzimmer nehmen, irgendwo in der Nähe des Flughafens, nachdem sie mit der Anschlussmaschine gelandet waren. Das Einsatz-Briefing war für die Mittagszeit im Haus eines der anderen drei Teammitglieder angesetzt, der Alpha-Forensik-Expertin Karen Driver. David hatte erwähnt, dass Karen ihr wahrscheinlich saubere Kleidung borgen könnte, und war dabei tatsächlich errötet. O ja, er war schon ein komischer Kauz …
Und nach dem Briefing schnappen wir uns die Ausrüstung und gehen rein in die Höhle des Löwen – einfach so.
Der Gedanke ließ ihren Magen verkrampfen und brachte sie zum Schaudern, weil er ihr den wahren Grund verriet, der sie am Einschlafen hinderte. Nur zwei Wochen nach dem überstanden geglaubten Umbrella-Albtraum wurde sie mit demselben Albtraum abermals konfrontiert. Doch diesmal hatte sie wenigstens eine Vorstellung davon, worauf sie sich einließ, und der Plan sah vor, die Einrichtung zu verlassen, ohne die T-Virus-Geschöpfe überhaupt zu Gesicht zu bekommen – dennoch, die Erinnerung an den Tyranten aus Umbrellas Hexenküche lauerte noch frisch in ihrer Erinnerung: der monströse, zusammengeflickte Körper und die mörderische Klaue der Kreatur, die ihnen auf dem Anwesen begegnet war. Besonders quälend war in diesem Zusammenhang die Vorstellung, was erst jemand wie Nicolas Griffith unter Verwendung des T-Virus erschaffen haben könnte …
Rebecca entschied, dass sie jetzt genug gegrübelt hatte und endlich etwas schlafen musste. Sie machte ihren Kopf so gut es ging frei und konzentrierte sich auf ihre Atemzüge, verlangsamte sie und zählte in Gedanken von hundert rückwärts. Ihre Meditationstechnik hatte sie zwar noch nie im Stich gelassen, dennoch bezweifelte Rebecca, dass sie auch dieses Mal das erwünschte Resultat bringen würde.
… neunundneunzig … achtundneunzig … Dr. Griffith …
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