Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
riskieren – und angesichts der jüngsten Entwicklungen war es für jemanden wie Vickers wohl das Klügste gewesen, all dem den Rücken zu kehren. Sie hätten die zusätzliche Hilfe zwar gut gebrauchen können, aber dem Wenigen zufolge, was David von Barry erfahren hatte, war der Alpha-Pilot ohnehin niemand, mit dem er zusammenarbeiten wollte. Er hatte das Vertrauen seiner Teamkollegen verloren, und nichts konnte in Krisensituationen fatalere Auswirkungen haben.
David saß in dem dunklen, engen Wohnzimmer auf einer ziemlich scheußlichen grünen Couch und sammelte seine müden Gedanken, während Jill die Küche durchforstete. Er hatte einen leeren Schreibblock und einen Stift gefunden und bereits die Namen und Rufnummern seines Teams sowie seiner Kontaktleute notiert, dazu noch die von Brad Vickers Haustelefon. Den Zettel würde er mitnehmen.
Mit ausdruckslosem Blick sah er sich in dem schattenerfüllten Zimmer um und kämpfte gegen die Auswirkungen des absinkenden Adrenalinspiegels an, der Stresssituationen häufig folgte. Er wollte nichts Wichtiges vergessen, kein Detail, das besprochen werden musste, bevor Rebecca und er gingen. Wenn sie ihren Flug erreichen wollten, würden Barry, Jill und Chris sich ganz allein mit den Folgen des Überfalls auseinandersetzen müssen.
S.T.A.R.S., Trents ‚Gedicht‘, Ziele und Kontaktleute …
Es war schwer, sich nach dem auslaugenden Zwischenfall zu konzentrieren, und dass er schon zuvor müde gewesen war, machte die Sache alles andere als einfach. Er hatte seit Tagen nicht mehr gut geschlafen, und an all das zu denken, was noch vor ihnen lag, erschwerte das Fassen eines klaren Gedankens.
Rebeccas Informationen über Dr. Griffith waren irritierend, milde ausgedrückt. Und wenn es ihn auch keinesfalls davon abhalten würde, den Caliban-Cove-Einsatz durchzuziehen, war dies doch ein Punkt, der sich in die ohnehin schon endlose Liste von Besorgnis erregenden Umständen einreihte …
Chris kam ins Zimmer. Er trug ein verwaschenes blaues Sweatshirt mit abgeschnittenen Ärmeln und ließ sich gegenüber von David in einen Sessel fallen. Sein Gesicht blieb in den Schatten verborgen. Einen Augenblick später lehnte er sich jedoch vor, und durch die geschlossenen Jalousien drang gerade soviel Licht, dass David die Miene des jüngeren Mannes erkennen konnte. Chris’ Blick war müde, nachdenklich – und schien um Entschuldigung zu bitten.
„Hör zu, David … die letzten paar Wochen waren für uns alle ziemlich krass, weißt du? Darauf zu warten, was Umbrella unternehmen würde, die Suspendierung, das Gefühl, unsere Freunde seien umsonst gestorben …“ Chris unterbrach sich selbst, begann dann noch einmal von neuem: „Ich wollte nur sagen, es tut mir leid, dass wir einen etwas holprigen Start hatten, und ich bin froh, dass du auf unserer Seite stehst. Ich hätte mich nicht wie ein Arschloch benehmen dürfen …“
Die Aufrichtigkeit hinter den Worten überraschte und beeindruckte David. Als er so alt gewesen war, hätte er sich lieber die Fingernägel herausreißen lassen, als irgendwelche Gefühle zu zeigen – Wut natürlich ausgenommen. Es hatte ihm nie Schwierigkeiten bereitet, seinem Zorn Ausdruck zu verleihen.
Ein weiteres Vermächtnis meines guten, alten Dads …
„Ich glaube nicht, dass dir irgendetwas leidtun muss“, sagte David leise. „Deine Beunruhigung ist mehr als nur gerechtfertigt. Ich – stand selbst ein bisschen unter Druck, und ich wollte nicht so anmaßend rüberkommen. S.T.A.R.S. ist … also, die Organisation bedeutet mir viel, und ich will, dass wir … dass S.T.A.R.S. wieder rund läuft …“
Jill kam aus der Küche herein und bewahrte David davor, seine unbeholfene Rede fortsetzen zu müssen. Sehr zu seiner Erleichterung schien Chris zu verstehen – er erwiderte Davids Blick und nickte, wie um zu sagen, dass wieder alles zwischen ihnen klar sei. David seufzte innerlich, als er sich fragte, ob es ihm jemals gelingen würde, sein Unvermögen, Gefühle auszudrücken, zu überwinden.
Seit Barrys erstem Anruf hatte er viel nachgedacht, über sich selbst und auch über seine beinahe an Besessenheit grenzende Wut auf den Verrat von S.T.A.R.S. – und er war zu der erschütternden Erkenntnis gelangt, dass er über die Richtung, die sein Leben nahm, alles andere als glücklich war. Er hatte sich in seinen Beruf gestürzt, um zu vermeiden, sich mit seiner schwierigen Kindheit auseinandersetzen zu müssen. Das hatte er immer gewusst – doch jetzt, da
Weitere Kostenlose Bücher